100 Jahre Evangelische Volkspartei EVP

Hundert Jahre – ein Grund zum Feiern! Sechs christlich gesinnte Männer aus dem Bezirk Uster gründeten vor 100 Jahren eine neue Partei zwischen Kapitalismus und Sozialismus. In dieser Zeit wechselte die Schweiz vom Majorz- zum Proporzwahlsystem. Das sorgte für eine gerechtere Vertretung des Volkes in den Parlamenten und bot kleineren Parteien eine faire Chance.

Claudia Rabelbauer, EVP

Am 4. März 1917 erfolgte in der Kirche in Uster die Gründungsversammlung mit 75 Mitgliedern. Im gleichen Zeitraum entschied sich die Zürcher Bevölkerung für das Proporzsytem bei den Wahlen. Im Majorzsystem, dem Mehrheitswahlrecht, wurde pro Wahlkreis nur eine Person gewählt. Wer auch nur eine knappe Mehrheit hatte, gewann den Sitz. Zudem war die Grenzziehung der Wahlkreise anfällig für Manipulationen. Das neue Proporzwahlsystem mit grösseren Wahlkreisen und mehreren Sitzen hatte zur Folge, dass nicht Persönlichkeiten, sondern Programme gewählt wurden. Die Proporzinitiative auf eidgenössischer Ebene setzte sich 1919 im dritten Anlauf durch. Die EVP des Kantons Zürich entschied sich für ein neues Programm ausserhalb der Blockparteien Freisinn und Sozialdemokraten. Die EVP suchte für jedes politische Problem die richtige Lösung, frei von festgefahrenen Ideologien. Bei der EVP kam noch hinzu, dass sie von ihren Mandatsträgern eine betont ethische Grundhaltung verlangte. Die Politik solle Freiheit mit Verantwortung gegenüber Gott, den Mitmenschen und der Umwelt verbinden. Die biblischen Werte gehören zu den Grundlagen der EVP-Politik, sie setzt auf nüchterne Rechtschaffenheit und Bescheidenheit. Auf Bundesebene vertritt zurzeit die Winterthurerin Maya Ingold die Zürcher Partei in Bern. Aktuell politisieren acht Kantonsräte für die EVP, deren Fraktion zeichnet sich als vermittelnde und ausgleichende Kraft zwischen dem Bürgerblock und den Linken aus. In der Stadt Zürich kämpft die EVP in den nächsten Wahlen 2018 vehement darum, die hohe 5%-Hürde zu überwinden, um wieder Einzug in den Gemeinderat zu nehmen. Rund 60% der Mitglieder gehören zur Evangelisch-reformierten Landeskirche. Rund 36% kommen aus verschiedenen Freikirchen, und es hat auch einige Prozente Katholiken. Die EVP stellte 2016 drei Oberrichter, 25 Mitglieder von Gemeinde- und Stadträten und hielt 27 Mandate in Gemeindeparlamenten. Pionierhaft zeigte sich die EVP im Umweltschutz. Der Zürcher EVP-Nationalrat Paul Zigerli, der von 1943 bis 1956 im Amt war, forderte als erster Parlamentarier einen Gewässerschutz: «Haltet unsere Gewässer sauber». Zu dieser Zeit war die Glatt an einem Tag rot, am anderen blau und am dritten braun, je nachdem welche Stoffe gerade durch die Fabriken eingeleitet worden waren. Man darf Paul Zigerli als Vater des Gewässerschutzgesetzes bezeichnen, obwohl es auch nach der Einführung noch Jahrzehnte dauerte, bis die Schweiz auf einen befriedigenden Stand punkto Gewässerschutz kam.
Seit 100 Jahren arbeiten viele EVP-Mitglieder sachlich, konstruktiv und mit grossem ehrenamtlichen Engagement für das Gemeinwohl. Sie sind bereit, ihre christliche Grundhaltung selbstlos in den politischen Alltag einzubringen und das hoffentlich noch weitere 100 Jahre!

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