Genossenschaften als Pioniere der Nachhaltigkeit

Es tut sich etwas in Wipkingen. Mehrere ältere Genossenschafts-siedlungen wurden saniert, andere werden nächstens durch Neubauten ersetzt. Die städtische Siedlung Kronenwiese ist fast fertig und die Imfeldstrasse wird zur Begegnungszone. Wird diese positive Dynamik auch andere Genossenschaften inspirieren?

Innovative Wohnkonzepte wie auf dem Zwicky-Areal sind auch in Wipkingen möglich.
Roland Hurschler, Vorstand Grüne Kreis 6/10
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Eine Stärke Wipkingens ist die gute soziale Durchmischung, zu welcher die zahlreichen Baugenossenschaften mit ihren grossen Siedlungen wesentlich beitragen. Im Gegensatz zu vielen privaten Vermietern bieten diese auch Personen mit kleineren Einkommen oder ausländischer Herkunft bezahlbare Wohnungen an.

Mehr als günstiger Wohnraum

Genossenschaften können aber mehr sein als Produzenten von günstigem Wohnraum – auch wenn dies bereits eine wichtige Leistung ist. Das zeigen in Zürich die Siedlungen von «Kraftwerk», die «Kalkbreite» oder «Mehr als Wohnen» eindrücklich. Diese Baugenossenschaften nehmen eine Vorreiterrolle in sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit ein.
Soziale Nachhaltigkeit bedeutet, dass durch spezifische Wohn- und Gemeinschaftsangebote für die gesamte Bewohnerschaft ein Mehrwert entsteht. Zum Beispiel durch Mittagstische für Kinder oder gemeinschaftliche Flächen und Räume, wie Gärten oder Cafés, die das Leben in der Siedlung beleben. Grundrisse mit modularen Wohneinheiten gehen auf moderne Lebensbiografien ein. Somit werden variable Gross-WGs möglich, oder Menschen können in der Siedlung bleiben, wenn sich ihre Lebensumstände im Alter oder durch Trennung ändern. Ökologische Nachhaltigkeit reicht von der Auswahl der Baumaterialien über den Flächen- und Energieverbrauch bis zu naturnahem Gartenbau und innovativen Mobilitätskonzepten.

Wie bestehende Genossenschaften verändern?

Die erwähnten Beispiele sind alles Neubauprojekte, und da die Landreserven in der Stadt schwinden, fragt man sich, wie ökologische und soziale Prinzipien bei bestehenden Genossenschaften besser verankert werden können. Weshalb entwickeln sich einzelne Genossenschaften in die skizzierte Richtung und andere nicht?
In Wipkingen zeigt sich, dass Genossenschaften, die stark basisdemokratisch organisiert sind, in den vergangenen Jahren vermehrt soziale und ökologische Tendenzen aufgegriffen haben.
So entstanden bei der Baugenossenschaft des Eidgenössischen Personals (BEP) mit dem BEP-Atelier ein wertvoller sozialer Treffpunkt und mit dem Lettengarten ein beliebtes Urban-Gardening-Projekt. Zudem wurde die Bioabfuhr siedlungsübergreifend eingeführt und die Sanierungen an der Rousseau- und Imfeldstrasse erfüllen hohe Standards.
Auch Bund und Kanton fördern über das Gebäudeprogramm energetische Sanierungen mit finanziellen Beiträgen. Solche Massnahmen sollten bei Renovationsprojekten für Liegenschaften auf öffentlichem Land bindend werden, wie sie es bei Darlehensempfängern bereits sind.

Ein Gewinn für alle

Durch die Aufwertung der Siedlung als sozialen Mikrokosmos gewinnt das Quartier als Ganzes an Lebensqualität und die Stadt wird in den Bereichen Sozialarbeit und Integration entlastet. Es lohnt sich also, darüber nachzudenken, wie man solche Entwicklungen auch bei traditionelleren Genossenschaften anstossen kann – zum Beispiel mit folgenden Massnahmen:
Bei Baurechtsverlängerungen oder Neuvergabe von Bauland werden Genossenschaften berücksichtigt, die sich für soziale und ökologische Nachhaltigkeit engagieren.
Die städtischen Delegierten in den Genossenschaftsvorständen setzen sich gemäss klaren Richtlinien dafür ein, dass Genossenschaften mit Siedlungen auf städtischem Land sich im oben skizzierten Sinn bewegen und basisdemokratische Elemente stärken.
Aus Sicht der Genossenschaften bietet sich der Vorteil, dass die Bindung zur jüngeren Bewohnerschaft – oft locker bis inexistent – durch neue Formen der Mitgestaltung und Mitwirkung gestärkt wird. Die Genossenschaft gewinnt an Identität und die Bewohnerschaft nimmt sich wieder als Teil eines Ganzen wahr.

 

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