Soziale Auftragsvermittlungen erleichtern den Alltag

Neu vermitteln zwei soziale Angebote im Quartier Arbeitskräfte an Privatpersonen und Firmen: Etcetera Zürich und Job-Vermittlung Wipkingen. Mit ihren Einsätzen können sich Stellensuchende und armutsbetroffene Personen ein Einkommen erwirtschaften und wieder Anschluss an die Arbeitswelt finden.

Neu vermitteln zwei soziale Angebote im Quartier Arbeitskräfte an Privatpersonen und Firmen: Etcetera Zürich und Job-Vermittlung Wipkingen.

Seit sechs Jahren ist Elisabeth Luchetta Kundin von Etcetera Zürich. Sie suchte eine Putzhilfe, und die Hausverwaltung empfahl ihr den Personalverleih. Alle drei Wochen kommt Vahide Abderhalden für zwei Stunden zu ihr. Sie staubsaugt, reinigt Bad und Küche und ab und zu hilft sie etwas Schweres zu verräumen oder putzt die Fenster. «Sie kommt immer pünktlich und sie kennt den Kehr», schwärmt Elisabeth Luchetta. Jeweils nach einer Stunde machen die beiden eine kleine Pause, trinken etwas und plaudern miteinander. Frau Abderhalden schätzt das Interesse und die Vielseitigkeit ihrer Auftraggeberin. «Sie fragt immer nach meinen Kindern und meinem Enkel. Weil sie früher viel gereist ist und viele Sprachen spricht, lerne ich viel Neues von ihr». Vahide Abderhalden arbeitet seit vier Jahren bei der Pensionärin. Daneben hat sie noch weitere Kundinnen und Kunden. Davon zeugt der riesige Schlüsselbund mit den Hausschlüsseln ihrer Auftraggebenden. In ihrem Leben gab und gibt es viele Stolpersteine. Die Flucht aus ihrer Heimat Kosovo, familiäre und gesundheitliche Probleme setzen ihr zu. Die Reinigungsaufträge bewahren sie vor der Sozialhilfe und geben ihr eine Tagesstruktur.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Die Gründe, warum Personen für Etcetera oder die Job-Vermittlung Wipkingen arbeiten, sind vielfältig. «Wir haben zum Beispiel viele ältere Teilnehmer über 50 Jahre, die keine Anstellung mehr finden», sagt Kurt Huber, Co-Stellenleiter von Etcetera Zürich. Auch IV-Rentner, Sozialhilfebeziehende, Alleinerziehende oder sogenannte Working Poor, die mit Einsätzen einen Zuverdienst zum niedrigen Haupteinkommen verdienen können, gehören dazu. Tanja Forster, Geschäftsführerin der Job-Vermittlung Wipkingen, erzählt von einer jungen, sehr gut ausgebildeten und hochmotivierten Algerierin, die nicht von der Sozialhilfe leben möchte und jetzt in Privathaushalten reinigt. Aus gesundheitlichen Gründen kann ihr Mann nur 60 Prozent arbeiten, und das Einkommen ist zu niedrig, um die fünfköpfige Familie zu ernähren. Die Einsätze reichen von einfachen Hilfsarbeiten und Dienstleistungen wie Reinigung, Räumungen, Gartenarbeiten, Transporte und Versandwesen bis zur Unterstützung älterer Personen in ihrem Alltag. So hat ein Herr bei der Job-Vermittlung Wipkingen eine Gesellschafterin gebucht, die ihm wöchentlich beim Einkaufen hilft und ihn bei seinen Spaziergängen begleitet. Teilnehmende des Etcetera Zürich bauen regelmässig die Bühne des GZ Wipkingen auf- und wieder ab und unterstützen die Tennisanlage Lengg beim Errichten der Winteranlage mit einer Ballonkonstruktion. Ende November kam der Auftrag einer Firma für den Kauf und das Schmücken eines Weihnachtsbaums. Das sei eher ungewöhnlich, schmunzelt Kurt Huber. Die Aufträge können sehr kurzfristig erteilt werden. In den Grundzügen funktionieren die Angebote wie ein Personalverleih, wobei nicht Umsatz oder Gewinn, sondern die Beschäftigung und die Förderung der Arbeitnehmenden im Vordergrund stehen. Gemäss den Verantwortlichen konkurrenzieren die beiden Angebote das lokale Gewerbe nicht. Die Personen können gebucht werden zum Tragen der Kisten, aber nicht um den Umzug selber zu leiten. Wohnungen werden geputzt, aber es werden keine Endreinigungen mit Abnahmegarantien angeboten. Und bei Gartenarbeiten wird geholfen, aber der Gärtner wird nicht ersetzt. Immer wieder werden die beiden Institutionen auch für die Legalisierung von Schwarzarbeit genutzt. Wenn jemand bereits eine Putzhilfe beschäftigt, aber bisher nicht versicherte und keine ordentliche Lohnbuchhaltung führte, kann er oder sie dies über die Job-Vermittlung Wipkingen oder Etcetera abwickeln. Beide Angebote werden von der Stadt Zürich mitfinanziert. Mit dem Geld wird ein Teil der Kosten für die Vermittlung und Administration gedeckt. «Am Einsatz der Arbeitnehmenden verdienen wir nichts», sagen Tanja Forster und Kurt Huber. Die fairen und marktüblichen Stundenlöhne beinhalten alle Sozialversicherungen. Mit jedem Einsatz werden zudem die Unterstützungsleistungen der Sozialhilfe und der IV gemindert. Die geleisteten Stunden übersteigen die Finanzierung der öffentlichen Hand. 2016 haben bei der Job-Vermittlung Wipkingen 56 Personen 27‘430 Arbeitsstunden geleistet. Beim Etcetera Zürich waren es 114 Personen mit knapp 34‘000 Arbeitsstunden. Der Bedarf für Arbeitseinsätze ist gross, darum zeigt sich die Existenz zweier Angebote als notwendig. «Wir haben ein gemeinsames Ziel: So vielen Menschen wie möglich Arbeit zu ermöglichen». Im Herbst 2018 entscheidet der Gemeinderat das nächste Mal über die Weiterfinanzierung der beiden Angebote.

Vom Kreis 5 zog das Etcetera Zürich im Sommer in die neue Überbauung an der Kronenwiese. Es wurde 1985 gegründet und ist ein Angebot des Schweizerischen Arbeiterhilfswerk (SAH) Zürich. Im Kanton gibt es drei weitere Standorte in Dietikon, Glattbrugg und Thalwil. Entstanden ist es zur Zeit der ersten Welle von Jugendarbeitslosigkeit, um jungen Menschen eine Tagesstruktur und Beschäftigung zu geben.

Kornhausstrasse 14
8006 Zürich
044 271 49 00
etcetera.zuerich@sah-zh.ch
www.etcetera-zh.ch

Die Job-Vermittlung Wipkingen gibt es seit 1994. Der ehemalige reformierte Pfarrer Peter Vogelsanger in Wipkingen gründete spontan den Verein, um Arbeitgebenden die Hürde der Bürokratie abzunehmen und Personen stundenweise Arbeit zu geben.

Rosengartenstrasse 1
8037 Zürich
044 272 18 00
info@job-wipkingen.ch
www.job-wipkingen.ch

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