Quartierleben
Alles Corona?
Wie geht die Wipkinger Bevölkerung mit der Pandemie um? Welche Läden sind noch geöffnet und wie ist die Stimmung im Quartier? Der «Wipkinger» war im Quartier unterwegs.
25. März 2020 — Béla Brenn
Am Montag, 16. März, hat der Bundesrat in einer ausserordentlichen Sitzung gesetzlich festgelegt, dass alle Läden, Märkte, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe wie Museen, Bibliotheken, Kinos, Konzert- und Theaterhäuser, Sportzentren, Schwimmbäder und Skigebiete geschlossen bleiben müssen. Ebenso Betriebe, in denen das Abstand halten nicht umgesetzt werden kann, wie Coiffeursalons oder Kosmetikstudios. Zusätzlich gab der Bundesrat auch bereits die dringliche Empfehlung ab, zu Hause zu bleiben, und das Haus nur zu verlassen, wenn dies auch wirklich sein muss.
Doch bereits in den ersten Tagen nach diesem Beschluss ist die Versuchung gross, draussen zu sein. Strahlend blauer Himmel, Sonne und frühlingshafte Temperaturen lassen manch einen die Gefahren und die Dringlichkeit der Kooperation in den Wind schlagen. Wenig lässt vermuten, dass die Welt vor einer der grössten Krisen seit dem zweiten Weltkrieg steht.
Beim Wipkingerpark an der Limmat gönnen sich zahlreiche Gruppen ein ausgedehntes Sonnenbad – Krisenstimmung sieht definitiv anders aus. Auch der Landenbergpark ist rege besucht und auf dem Röschibachplatz wird Prosecco getrunken und jede Bank ist besetzt. Bei vielen Menschen ist also die Notlage noch nicht wirklich angekommen, was bei den rapide steigenden Fallzahlen in den letzten zwei Wochen sehr beunruhigend ist. Wie sieht es beim Wipkinger Gewerbe aus?
Gastrogewerbe und Geschäfte kooperieren
Zwar herrscht am Röschibachplatz immer noch viel Betrieb, die Restaurants und Bars jedoch halten sich an die Vorschriften. Sowohl das Bel Mondo, als auch das Nordbrüggli sind geschlossen. Auch die Kinderkleiderbörse Kiwi, der Matratzenladen, der Madal Bal und das Fitnesstudio oberhalb der Coop Filiale sind bis auf Weiteres geschlossen. Am Röschibachplatz bleiben einzig der Kiosk Röschibach und die Kleiner Bäckerei geöffnet. Beide haben ihre Tische weggestellt und bieten nur noch einen Take-Away-Service an. Beim Kiosk Röschibach ist der Zutritt jeweils nur einer Person gestattet. Auf der anderen Gleisseite bleiben das Tre Fratelli und die Osteria Centrale bis auf Weiteres geschlossen. Eine Kompromisslösung wurde beim Restaurant Troja und beim Flying Pizza oben an der Nordstrasse angestrebt. Beide Restaurants sind von den Vorschriften des Bundesrates gesetzlich betroffen und dürfen in ihrem Lokal keine Gäste mehr bewirten. Als Take-Away-Stand ist es jedoch beiden gestattet, das Lokal zu öffnen. Man kann also Essen liefern lassen oder vorbeigehen und etwas holen. Das Sushi-Restaurant Ototos verzichtet auf einen Take-Away-Service. Auf Anfrage hiess es bei Ototos, dass man lieber kein Risiko eingehen möchte bis die Situation ein bisschen stabiler ist. Vor allem auch, da sich die Situation täglich ändern könne.
Lebensmittelläden, Apotheken und Velotech geöffnet
Veränderungen gibt es auch für die Grossverteiler Coop, Migros und Denner. Die Hygiene- und Sicherheitsmassnahmen wurden verschärft und im Coop werden am Eingang Tickets verteilt, damit nicht zu viele Leute gleichzeitig im Laden sind. Ausserdem wurden Sicherheitslinien am Boden angebracht, damit die Kund*innen an der Kasse Abstand halten und das Verkaufspersonal so weit wie möglich geschützt wird. Auch das Biolädeli L`Ultimo Bacio ist nach wie vor geöffnet. Die Hysterie, welche anfänglich zu Hamsterkäufen führte, hat sich mittlerweile ein bisschen gelegt und die Situation in den Lebensmittelläden ist gut geregelt. Auch der Bundesrat hat versichert, dass die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit Lebensmitteln, Medikamenten und Waren des täglichen Gebrauchs sichergestellt ist. Es sind genügend Vorräte vorhanden.
Selbstverständlich sind auch die Apotheken weiterhin geöffnet. Bei der Röschibach Apotheke reicht die Schlange bis auf die Strasse hinaus. Allerdings nicht wegen des enormen Ansturms, sondern vor allem weil dort die Sicherheitsabstände noch strenger eingehalten werden müssen.
Ein weiteres Geschäft, das den Betrieb mit Sonderauflagen aufrecht erhalten kann, ist der Velotech. Werkstätten für Transportmittel dürfen geöffnet sein, da beispielsweise eine Gesundheitsfachperson, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, darauf angewiesen ist, das Fahrzeug reparieren lassen zu können. Auch hier gilt die Regel, dass sich maximal eine Person im Geschäft aufhalten kann. Ausserdem ist nur die Werkstatt geöffnet, wie auch bei allen anderen Fahrradgeschäften. Es können also nur Fahrräder repariert, aber nicht gekauft werden.
Der Frischmarkt kommt nach Hause
Jeden Dienstag und Samstag wurde bisher auf dem Röschibachplatz frisches Bio-Gemüse, Wurst und Käsespezialitäten, Früchte und vieles mehr auf dem sehr beliebten Frischmarkt der Familie Derrer verkauft. Wie geht es damit weiter? Der Markt selbst wurde bis auf Weiteres abgesagt. Aber aufgrund der grossen Beliebtheit und Nachfrage, wird nun eine Heimliefer-Lösung angeboten.
Jeweils bis zum Vortag des nächsten Marktes (Freitag bis 9 Uhr morgens, Montag bis 18 Uhr abends) kann man eine Bestellliste ausfüllen und via Mail versenden. Die Lieferung mit den bestellten Produkten wird dann am nächsten Tag nach Hause geliefert. Bis am letzten Freitag waren bereits 170 Bestellungen für den ersten «Samstagsmarkt» mit diesem Prinzip eingegangen. Geliefert wird grundsätzlich nur nach Wipkingen, 8037. Lieferungen in angrenzende Quartiere hängen vom Bestellvolumen ab. Generell ist die Solidarität beim Gewerbe gross. Die Geschäfte halten sich alle an die Vorschriften des Bundes. Viele haben auch solidarische Botschaften an den verschlossenen Türen angebracht. Einzig beim Verhalten der Quartierbevölkerung gibt es noch viel Raum nach oben. Es wird Zeit, sich der Solidaritätswelle anzuschliessen und zumindest für die nächste Zeit auf das Sonnenbad am Röschibachplatz oder die Grillade beim Wipkingerpark zu verzichten.
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