«Angefangen hat alles mit einem Abo für Gemüse»

Nachhaltig leben: Die engagierte Sylvia Gonzalez erzählt dem «Wipkinger», warum sie mit dem Zug nach Spanien reist und was sie sonst noch für eine nachhaltigere Welt tut.

Oft auf dem Markt oder auch im Secondhand-Laden anzutreffen: Sylvia Gonzalez. (Foto: Majka Mitzel)

Angefangen hat alles mit einem Abo für gerettetes Gemüse – das war mein erster Schritt zu einem nachhaltigeren Leben. Das Umdenken wurde rückblickend durch die Gymizeit meines Sohnes ausgelöst: Er engagierte sich an seiner Schule sehr für den Klimaschutz, es war gerade die Geburtsstunde von «Fridays for Future». Das Thema war folglich sehr präsent in unserem Haushalt, es gab angeregte Diskussionen am Esstisch. Ich begann, mich damit auseinanderzusetzen und mich zu fragen, wie wir eigentlich als Familie leben wollten. Neben meinem Sohn habe ich noch eine Tochter, welche die Schule Waidhalde besucht. Auch sie ist mittlerweile sehr engagiert in Sachen Klima und Umweltschutz. Wir fingen an, unser Konsumverhalten zu hinterfragen, unsere Essgewohnheiten, aber auch wie wir Ferien machen und uns im Alltag fortbewegen. Ich legte mir beispielsweise ein Elektrovelo zu, seitdem steht unser 20-jähriges Auto meist in der Garage.

Dass wir inzwischen kaum noch fliegen, ist heute selbstverständlich für uns. Das ist auf jeden Fall mit viel Aufwand verbunden, ich habe spanische Wurzeln und meine Mutter, eine ausgewanderte Schweizerin, lebt in Spanien. Zweimal im Jahr besuchen wir sie – mit dem Zug. Die Reise nur bis Madrid dauert mittlerweile fast 16 Stunden; seit die Verbindung in diesem Jahr angepasst wurde, kommt man leider nicht mehr durchgehend in gut einem Tag dorthin, sondern muss einmal übernachten. Das ist alles schon sehr kompliziert, und Fliegen wäre zum Teil sicher auch billiger, aber das ist es uns allen dreien wert.

Ich finde, man muss bei sich selber ansetzen und sein Verhalten in kleinen Schritten ändern, es reicht nicht, nur auf die Politik zu setzen. Seit 2019 gehe auch ich immer an Klima- und Frauenstreiks und nehme an der Velobewegung «Critical Mass» teil. Darüber hinaus engagiere ich mich im Elternrat der Schule meiner Tochter und im Vorstand von «Films for future», einem Zürcher Filmfestival mit Filmen rund um Umwelt- und Klimaschutz. Unser aktuelles Ziel ist es, die Filme auch an die hiesigen Schulen zu bringen und die Kinder für die Thematik zu sensibilisieren.

Alternative Einkaufsformen
Unsere Kleider kaufen und verkaufen wir oft Secondhand, vor allem am Röschibachplatz. Auch von den Grossverteilern habe ich mich fast verabschiedet. Ab und an kaufe ich noch ein Joghurt oder ähnliches dort, unseren Wocheneinkauf dagegen mache ich in der Rampe5, einer alternativen Lebensmittelkooperative im Kreis 4, betrieben von der Genossenschaft grassrooted, bei der ich seit August auch im Vorstand bin. Die Idee dahinter überzeugt mich: Eine Lebensmittelversorgung, die auf Bedürfnisse statt auf Profit ausgelegt ist, mit ökologischen Produkten, die direkt bei den Produzenten, primär aus der Schweiz, gegen faire Bezahlung bezogen werden. Überproduktion und Food Waste werden so gut wie vermieden, die Biodiversität wird unterstützt und damit auch die Fruchtbarkeit von Böden, vieles gibt es zudem unverpackt. Früchte und Gemüse kaufe ich auch gerne auf dem Markt auf dem Röschibachplatz ein.
Als Wipkingerin unterstütze ich diesen gerne. Ich lebe bereits seit mehr als 20 Jahren im Quartier und möchte nie mehr wegziehen. Ich schätze die Lebensqualität hier und das Familiäre – fast mein ganzer Freundes- und Bekanntenkreis ist in Wipkingen zu Hause.

Eine prägende Grossmutter
Aufgewachsen bin ich in Spanien, 1971 dort geboren, mit einer Schweizer Mutter und einem spanischen Vater, der leider im letzten Jahr verstorben ist. Zum Studieren ging ich nach Deutschland, nach Karlsruhe, also nicht ganz weit entfernt von der Schweiz, so dass ich öfter meine Grossmutter in Zürich besuchen konnte. Sie lebte am Züriberg, es war eine schöne Zeit. Von ihr habe ich vielleicht meine Liebe für gutes Essen geerbt, ihr gehörte bis Anfang der Siebzigerjahre das traditionsreiche Restaurant Veltliner Keller in der Altstadt – das gibt es heute immer noch, einfach mit neuer Besitzerfamilie. Nach dem Bauingenieurstudium kam ich dann ganz in die Schweiz, zurück zu den ursprünglichen Wurzeln sozusagen.

Heute arbeite ich als Projektleiterin bei «Entsorgung und Recycling Zürich» in der Kläranlage Werdhölzli, dort wo sich die ehemaligen Klärbecken der Abwasserreinigungsanlage befinden. Sie sind inzwischen als Biotop respektive als Fischteich umgenutzt worden – ein Kreislauf, wie ich ihn mag!

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