Aufbruch dank junger Politikerinnen

Vorschulische Kinderbetreuung muss ein Teil des kantonalen Bildungssystems werden. Dank vieler junger Frauen, die im vergangenen Frühling in den Kantonsrat gewählt wurden, sind wir diesem Ziel ein klein wenig nähergekommen. Es braucht aber noch weitere Anstrengungen.

AL-Kantonsrätin Judith Stofer setzt sich für den Ausbau der ausserschulischen Kinderbetreuung ein.

Ich bin seit fünf Jahren Mitglied der Kommission für Bildung und Kultur (KBIK) im Kantonsrat. Nach den ersten vier Jahren als Mitglied der KBIK ist meine Analyse niederschmetternd: in Sachen vorschulischer Kinderbetreuung ist der Kanton Zürich sehr rückständig. Kinderbetreuung gilt nach wie vor als private Angelegenheit und soll auch vollumfänglich von den Eltern bezahlt werden. Kein Wunder, tut sich der Kanton auch mit Qualitätsvorgaben an Kinderbetreuungseinrichtungen schwer. Erstens hat der Kanton keinen Überblick über die Angebote in den Gemeinden, zweitens will er es auch nicht wissen – schliesslich ist es eine Gemeindeangelegenheit – und drittens soll es der «Markt» richten. Ich musste feststellen, dass für eine Mehrheit des Kantonsrates Kinderbetreuung eher ein Businessmodell als ein Teil des kantonalen Bildungssystems ist.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie umsetzen

Seit Frühling 2019 hat sich einiges verändert. So wurden viele junge, gut ausgebildete Frauen in den Kantonsrat gewählt. Sie wollen sich das mantramässig heruntergebetete Lippenbekenntnis «Vereinbarung von Beruf und Familie» nicht mehr länger anhören. Gefordert wird eine konkrete Umsetzung: bezahlbare vorschulische Kinderbetreuung, die keine Abstriche an Qualität und Löhnen macht. Bezeichnend ist, dass die neue Links-Grün-Mitte-Allianz (AL, Grüne, SP, GLP und EVP) mit einer Mehrheit im Kantonsrat dieses alte Anliegen gleich als erstes aufgegriffen und im Herbst 2019 ein Vorstosspaket eingereicht hat.

Kanton in die Pflicht nehmen

Das Links-Grün-Mitte-Paket umfasst drei Motionen: Mitfinanzierung der externen Kinderbetreuungskosten durch den Kanton (bis anhin bezahlt er nichts), Betreuungsgutscheine und Abzug der tatsächlichen Kinder-Betreuungskosten bei den Steuern. Dieses Paket kostet den Kanton richtig viel Geld. Allein schon die Mitfinanzierung der vorschulischen Kinderbetreuung mit einem Anteil von 20 Prozent kostet den Kanton rund 100 bis 110 Millionen Franken. Wie viel die Betreuungsgutscheine den Kanton kosten werden, ist noch auszuhandeln. Dass auch der Steuerabzug der tatsächlichen Kinderbetreuungskosten – die Kosten für Nannys sind explizit ausgeschlossen – einschenken wird, ist klar. Ziel dieser Vorstösse ist es, einerseits die Eltern zu entlasten, andererseits dem Kanton deutlich zu machen, dass Kinderbetreuung im Vorschulalter nicht weiter eine private Angelegenheit, sondern eine staatliche Aufgabe ist. Es ist dem Kanton unbenommen, auch die Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen, wie das die AL mit ihrer, leider gescheiterten, Kinderbetreuungsinitiative «Bezahlbare Kinderbetreuung für alle» 2016 gefordert hat.

Neben diesen drei Motionen gibt es auch eine Links-Grün-Mitte-Mehrheit zu weiteren Vorstössen, die damit Teil des Pakets «Vereinbarkeit von Beruf und Familie» sind: Pilot-Tagesschulen auch ausserhalb der Stadt Zürich, 100-%-Stellen auch für Kindergartenlehrpersonen sowie Erarbeitung von Grundlagen und einer Strategie für eine Politik der frühen Kindheit.     ”

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