Das Ringen um die Post, die längst keine mehr ist

Die Wipkinger Post abzubrechen und an ihrer Stelle einen Park zu errichten, mag auf den ersten Blick verlockend klingen. Aber es löst die Probleme des Wipkingerplatzes nicht, sagen die Grünen Kreis 6/10.

Der Wipkingerplatz. (Foto: jiv)

Ein Beitrag von Jürg Rauser, Gemeinderat Grüne 6/10

Die Post Wipkingen ist ein Sonderfall. Wie ein Ufo aus Beton thront sie über dem Wipkingerplatz und dockt dort ans Kirchgemeindehaus an. Sie liegt ausserhalb der Baulinie und steht dort nur dank einer Sonderbewilligung. Diese schreibt eine postalische Nutzung vor. Doch diese postalische Nutzung gibt es bereits seit 2017 nicht mehr. Seit Juni 2023 ist die Post besetzt. Bis jetzt wird die Besetzung geduldet.

Die Post soll weg

Ein Vorstoss im Zürcher Gemeindeparlament fordert nun, dass die Stadt die Post erwerben und abbrechen soll. An ihrer Stelle soll sie einen Park errichten. Die Absenderin der Motion: die SVP. Dies legt den Verdacht nahe, dass das tatsächliche Anliegen der Motion vor allem das Verschwinden der heutigen Besetzerinnen ist. Trotzdem ist die Idee nicht abwegig.

Der Wipkingerplatz kann zweifellos etwas «Aufenthaltsqualität» vertragen, wie es im Planerjargon heisst. Der Platz ist heute eine Verkehrsmaschine. Zwar gibt es den Coop, das Kirchgemeindehaus, den Polizeiposten und die Schule Viventa. Sie sind aber zu Fuss untereinander nur schlecht erreichbar.

Einen Auftrag gibt es schon

Nun bietet sich der Stadt tatsächlich eine reale Chance, die Post zu kaufen. Mit einem Nachtragskredit von November verlangt sie Mittel, um das Gebäude abzubrechen und das Grundstück für die neue Gestaltung des Wipkingerplatzes zu nutzen. Aber ist ein Abbruch der Post wirklich das richtige Mittel, um den Wipkingerplatz aufzuwerten?

Auch wenn die Post aus architektonischer und städtebaulicher Sicht keinen Glücksfall darstellt, sollte die Vernichtung von Bausubstanz in Zeiten des Klimawandels das letzte Mittel sein, wenn eine Weiternutzung nicht mehr möglich ist. Soll der Wipkingerplatz wieder zum Quartierzentrum werden, muss ausserdem zwingend der Verkehr beruhigt werden. Diese Herausforderung löst einen Abbruch der Post noch nicht.

Und genau diesen Auftrag gibt der kommunale Richtplan dem Stadtrat: Umgestaltung des Strassenraums, Stärkung des Fussverkehrs und quartierbezogene Nutzungen erhalten und fördern. Der Auftrag ist also bereits formuliert.

Eine Vision ist gefragt

Das Vorhaben, die Wipkinger Post abzubrechen, lässt also eher vermuten, dass es der Stadt an einer Vision fehlt für die Post, die längst keine mehr ist. Warum nicht eine Umgestaltung der Post zum Kultur- und Freizeitzentrum prüfen? Dass das funktioniert, beweisen aktuell die Besetzerinnen.

Dabei könnte auch die Postterrasse aufgefrischt und als öffentlicher Platz endlich wieder eine zentrale Rolle spielen: im Quartier verankert statt nur angedockt! Dass der Verkehr am Wipkingerplatz beruhigt werden muss, ist ein Fakt. Die Stadt muss ihren kommunalen Richtplan umsetzen – aber das hat mit der Post erstmal wenig zu tun.

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