Kultur
Der fliegende Höngger
Der Höngger Schauspieler Lavdrim Xhemaili spielt die Titelrolle in «Peter Pan Goes Wrong», der Jubiläumsproduktion der Shake Company. Tatsächlich geht manches schief in der wilden Komödie im Theater im Seefeld. Ganz zur Freude des Publikums.
16. Januar 2025 — Daniel Diriwaechter
Wir kennen die zauberhafte Geschichte: Als Wendy und ihre Brüder Michael und John zu Bett gehen, erhalten sie Besuch des fliegenden Jungen Peter Pan. Kurz darauf begeben sich die Geschwister ins geheimnisvolle Nimmerland und treffen auf den bösen Captain Hook, die eifersüchtige Fee Tinkerbell und die verlorenen Jungs. Um nur einige der Charaktere aus J.M. Barries Klassiker zu nennen.
Dumm nur, wenn schon zu Beginn alles schiefläuft: Das Etagenbett kracht zusammen, der eingesperrte Schatten von Peter Pan will tanzen und der ewig junge Held stürzt sich im Sauseschritt von oben in die Szenerie, und mit ihm ein Teil der Kulisse.
Das ist der Beginn von «Peter Pan Goes Wrong», einem «Theater im Theater»-Stück von Henry Lewis, das bereits ein grosser Hit am Broadway sowie am Londoner West End war.
In Zürich ist das Stück die Jubiläumsproduktion der Shake Company, die seit 30 Jahren in der hiesigen Theaterlandschaft für Furore sorgt. In der Titelrolle ist ein Höngger zu erleben: Lavdrim Xhemaili ist Peter Pan – oder auch nicht. Denn wie eingangs erwähnt, erlebt nicht nur er, sondern das ganze Ensemble eine turbulente, wilde und urkomische Zeit auf der Bühne.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Wir treffen Xhemaili zwei Wochen vor der Premiere, die Proben sind im vollen Gange. Die Shake Company lud zum exklusiven Preview ein. «Es ist das erste Mal, dass ich auf einer Bühne fliege, und es fühlt sich auch so an», sagt der 36-Jährige lachend. Aber er sei ein Adrenalin-Junkie und habe diese Herausforderung gerne angenommen.
Neben dem Fliegen an Seilen, hat er sich auch sonst einige blaue Flecken geholt. «Das Stück ist anspruchsvoll, wir probieren vieles aus und sind sehr energisch.» Aber er fühle sich zu jedem Zeitpunkt vollkommen sicher.
Xhemaili, der in Luzern aufgewachsen ist, interessierte sich zunächst nicht für das Theater, schon gar nicht für Musicals, sondern für modernen Tanz. Früh imitierte er angesagte Choreografien aus Musikvideos, bis Breakdance in sein Leben trat. «Dafür habe ich die Schule vernachlässigt, was meiner Mutter gar nicht gefiel», erinnert er sich.
Dennoch hat ihn der Tanz mit entsprechenden Ausbildungen weit gebracht: Xhemaili konnte auf der ganzen Welt Engagements verbuchen. «Es gab damals nicht viele junge Männer in der Tanzszene, das hat mir ein Plus verschafft.»
Den Sprung zum Darsteller schaffte er, als er von einem Choreografen für das Musical «Ost Side Story» der Shake Company empfohlen wurde. Xhemaili sagte zu, bestand jedoch darauf, nicht zu singen. Doch daran kam er nicht vorbei und so übte er auch an seinen Stimmbändern. Die erfolgreiche Produktion, das Ensemble und die ganze Stimmung dort begeisterten ihn.
«Nach dem Ende von ‹Ost Side Story› nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, um Regisseur Dominik Flaschka zu überzeugen, mir auch weitere Rollen zu geben.» Xhemaili versprach, er würde sämtliche Weiterbildungen absolvieren, um für die Shake Company zu arbeiten.
Das hat funktioniert: Er ergatterte die nächste Rolle in «The Show Must Go Wrong», einem Stück nicht unähnlich von «Peter Pan». Nur kurze Zeit später stand er in «The Full Monty» bei den Kammerspielen Seeb auf der Bühne. Kurzfristig sprang er für einen erkrankten Hauptdarsteller ein. «Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort», sagt Xhemaili.
Sein Privatleben verbringt der Schauspieler in Höngg. Hier wohnt Xhemaili seit acht Jahren mit seiner Frau und einer Tochter. «Wir suchten eine Wohnung in der Stadt und in Höngg wurden wir nach langer Zeit fündig», sagt er. Hier sei es ruhig, zentral und einfach schön. «Wir möchten nicht mehr weg, so wohl fühlen wir uns in Höngg.»
Ein Theater für das Jubiläum
Dass «Peter Pan Goes Wrong» in Zürich und in dieser Form zur Jubiläumsaufführung gelangt, ist Dominik Flaschka zu verdanken, dem Regisseur, Produzent und Co-Leiter der Shake Company. Mit dem Theater im Seefeld hat er einen idealen Aufführungsort gefunden, der die Technik des anspruchsvollen Stücks stemmen kann. Die Shake Company hat sich im Seefeld nach eigenen Angaben für ein Jahr «eingenistet».
Das Theater, eigentlich der Saal des Kirchgemeindehauses Neumünster, wurde zu einem schicken Gastronomie-Theater umgestaltet. Bereits eine Stunde vor Vorstellungsbeginn bietet die Bar – die selbst eine Requisite war – Flammkuchen, Suppe und Apéro-Plättchen an. Im Saal selbst stehen 48 Bistrotische bereit, wo die Getränke und Speisen genossen werden können.
Flaschka und sein Team schwören auf Produktionen, die einem breiten Publikum zugänglich sind. «Theater für alle», nennt er das. Aber keine Klamotten, sondern ambitionierte Geschichten mit künstlerischem Anspruch. «Unsere Produktionen sind aufwendig», sagt er. Und teuer: Die Kosten für «Peter Pan Goes Wrong» beziffert er auf rund eine Million Franken.
In der Stadt Zürich werde es laut Flaschka immer schwieriger, geeignete Spielorte für die nicht subventionierte Theaterszene zu finden. Nach der Produktion von «Peter Pan Goes Wrong» wird der Saal bis Ende Jahr genutzt: Angekündigt sind «Die kleine Hexe», das «Shake Extra Quiz», die Satire «Extrawurst» und schliesslich die musikalische Komödie «Forever Young».
Vorerst fliegen aber Xhemaili und Konsorten durch die Kulissen, sprichwörtlich.
Peter Pan Goes Wrong
Ein Stück für Erwachsene und Kinder ab 9 Jahren
Eine Produktion der Shake Company, ColorSplash, Frike Entertainment & Wild@Art
Ab 19. Januar im Theater im Seefeld, Seefeldstrasse 91, 8008 Zürich
Bis 30. März, jeweils von Donnerstag bis Sonntag
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