Der Stammtisch hat gewonnen

Die Leugner des Klimawandels haben mit dem Abschuss des CO2-Gesetzes einen kurzfristigen Sieg errungen. Billiges Fliegen und günstiges Benzin sind einer knappen Bevölkerungsmehrheit wichtiger. Die Rechtfertigungen sind fadenscheinig.

Morgenstau auf der Limmattalstrasse

An einer Geburtstagsparty war der Spruch zu hören, dass es Kli­mawandel schon immer gegeben habe. Das stimmt schon. Aber den jetzigen haben wir Menschen selbst zu verantworten. Wer sol­che Argumente verwendet, will auf keinen Fall seinen Lebensstil ändern, und dieser Person ist es wahrscheinlich ziemlich egal, wie die Zukunft der jüngeren Genera­tionen aussehen wird. Im Laufe des Abends wurde gegen die Po­litik der rot-grünen Stadt Zürich gewettert, und der Schreibende hatte die Gelegenheit, die ökologi­schen Positionen und Standpunk­te zu erklären und zu verteidigen. Sehr wahrscheinlich haben sie es erraten: Diese Feier fand auf dem Land statt. Und ja, es war ein lus­tiger Abend, trotz gegenteiliger Po­sitionen.

«Die Schweiz ist vom Klimawandel nicht betroffen»

Offensichtlich hören wir einander nicht mehr zu und nehmen die Sorgen, Ängste und Nöte von An­dersdenkenden nicht ernst. Und da auch die Umstände immer kom­plexer werden, brauchen wir unbe­dingt eine auf Fakten basierende Lösungsstrategie. Es ist ja nicht nur der Klimawandel, der weltweit durch den Verbrauch fossiler Ener­gieträger unsere Umwelt in einen dystopischen Albtraum verwan­delt. Es sind auch der Verlust der Biodiversität durch die Vergiftung unserer Böden und des Grund­wassers, die schleichend voran­schreitet und in Kauf genommen wird. Dies für die kurzfristige Ge­winnmaximierung der auf stetem Wachstum basierenden Wirtschaft. Mit der Lenkungsabgabe für CO2 – die eigentlich zu wenig weit ging – hätten wir Gegensteuer geben kön­nen. Leider verfingen die irrefüh­renden Argumente von SVP und Bauernverband, dass es für alle teurer wird. Irgendwann werden wir für die Folgen des Klimawan­dels zahlen. Je länger wir warten, desto teurer wird das für uns.

«Den Verkehrskollaps verdanken wir Rot-Grün»

Auch diese unsinnige Erklärung des Verkehrskollapses in der Stadt Zürich ist Blödsinn. Die Autos ste­hen nicht im Stau, weil es weniger Parkplätze gibt, es sind schlicht zu viele Autos, die in oder durch die Stadt wollen. Nicht nur die Anzahl Fahrzeuge hat stetig zu­genommen, die Autos sind auch viel grösser geworden. Allein der Zuwachs an SUVs ist bedenklich, und wenn man die Fahrzeuge, die im Stau stehen, beobachtet, sitzt meist nur eine Person drin. So ist es nur logisch, dass die Stras­sen den Zuwachs nicht mehr ver­kraften. Genauso, wie man nicht zwei Liter Wasser in eine Einliter­flasche pressen kann. Was durch diese Staus immer mehr leidet, ist der öffentliche Verkehr. Dies soll­ten wir nicht mehr hinnehmen. Es ist Zeit, neue Prioritäten festzule­gen, den ÖV!

«Beschränkter Autoverkehr diskriminiert die Agglomeration und das Land»

Ohne Einschränkung des mo­torisierten Individualverkehrs (MIV) in der Stadt geht es nicht. Dies kann nur durch ein effekti­ves Roadpricing erreicht werden. Der Zugang in die Stadt muss dennoch gewährleistet sein. Mit dem Ausbau von Parkplätzen bei den äusseren Zubringern wie S-Bahn-Stationen oder Endstatio­nen der Trams könnten alle, die auf dem Land keine guten ÖV-An­bindungen haben mit ihren Fahr­zeugen bis vor die Stadt gelangen, um dort auf den ÖV umzustei­gen. Mittels Roadpricing können diese Parkplätze und der ÖV in der Stadt Zürich quersubventio­niert werden. Ausserdem braucht es einen privilegierten Zugang für Gewerbetreibende in die Stadt, da diese auf ihr Fahrzeug angewie­sen sind. Es geht nicht nur darum, die Treib­hausgase so schnell wie möglich auf Nettonull zu bringen, sondern um die Verbesserung unserer Le­bensqualität. Politisch ist dies nur dann umsetzbar, wenn die Leute für den Umstieg auf den ÖV nicht mehr bezahlen, als wenn sie ihr Auto benutzen.

Markus Huber, Vorstand Grüne Zürich 6/10

 

 

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