Politik
Der Stammtisch hat gewonnen
Die Leugner des Klimawandels haben mit dem Abschuss des CO2-Gesetzes einen kurzfristigen Sieg errungen. Billiges Fliegen und günstiges Benzin sind einer knappen Bevölkerungsmehrheit wichtiger. Die Rechtfertigungen sind fadenscheinig.
30. Juni 2021 — Eingesandter Artikel
An einer Geburtstagsparty war der Spruch zu hören, dass es Klimawandel schon immer gegeben habe. Das stimmt schon. Aber den jetzigen haben wir Menschen selbst zu verantworten. Wer solche Argumente verwendet, will auf keinen Fall seinen Lebensstil ändern, und dieser Person ist es wahrscheinlich ziemlich egal, wie die Zukunft der jüngeren Generationen aussehen wird. Im Laufe des Abends wurde gegen die Politik der rot-grünen Stadt Zürich gewettert, und der Schreibende hatte die Gelegenheit, die ökologischen Positionen und Standpunkte zu erklären und zu verteidigen. Sehr wahrscheinlich haben sie es erraten: Diese Feier fand auf dem Land statt. Und ja, es war ein lustiger Abend, trotz gegenteiliger Positionen.
«Die Schweiz ist vom Klimawandel nicht betroffen»
Offensichtlich hören wir einander nicht mehr zu und nehmen die Sorgen, Ängste und Nöte von Andersdenkenden nicht ernst. Und da auch die Umstände immer komplexer werden, brauchen wir unbedingt eine auf Fakten basierende Lösungsstrategie. Es ist ja nicht nur der Klimawandel, der weltweit durch den Verbrauch fossiler Energieträger unsere Umwelt in einen dystopischen Albtraum verwandelt. Es sind auch der Verlust der Biodiversität durch die Vergiftung unserer Böden und des Grundwassers, die schleichend voranschreitet und in Kauf genommen wird. Dies für die kurzfristige Gewinnmaximierung der auf stetem Wachstum basierenden Wirtschaft. Mit der Lenkungsabgabe für CO2 – die eigentlich zu wenig weit ging – hätten wir Gegensteuer geben können. Leider verfingen die irreführenden Argumente von SVP und Bauernverband, dass es für alle teurer wird. Irgendwann werden wir für die Folgen des Klimawandels zahlen. Je länger wir warten, desto teurer wird das für uns.
«Den Verkehrskollaps verdanken wir Rot-Grün»
Auch diese unsinnige Erklärung des Verkehrskollapses in der Stadt Zürich ist Blödsinn. Die Autos stehen nicht im Stau, weil es weniger Parkplätze gibt, es sind schlicht zu viele Autos, die in oder durch die Stadt wollen. Nicht nur die Anzahl Fahrzeuge hat stetig zugenommen, die Autos sind auch viel grösser geworden. Allein der Zuwachs an SUVs ist bedenklich, und wenn man die Fahrzeuge, die im Stau stehen, beobachtet, sitzt meist nur eine Person drin. So ist es nur logisch, dass die Strassen den Zuwachs nicht mehr verkraften. Genauso, wie man nicht zwei Liter Wasser in eine Einliterflasche pressen kann. Was durch diese Staus immer mehr leidet, ist der öffentliche Verkehr. Dies sollten wir nicht mehr hinnehmen. Es ist Zeit, neue Prioritäten festzulegen, den ÖV!
«Beschränkter Autoverkehr diskriminiert die Agglomeration und das Land»
Ohne Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) in der Stadt geht es nicht. Dies kann nur durch ein effektives Roadpricing erreicht werden. Der Zugang in die Stadt muss dennoch gewährleistet sein. Mit dem Ausbau von Parkplätzen bei den äusseren Zubringern wie S-Bahn-Stationen oder Endstationen der Trams könnten alle, die auf dem Land keine guten ÖV-Anbindungen haben mit ihren Fahrzeugen bis vor die Stadt gelangen, um dort auf den ÖV umzusteigen. Mittels Roadpricing können diese Parkplätze und der ÖV in der Stadt Zürich quersubventioniert werden. Ausserdem braucht es einen privilegierten Zugang für Gewerbetreibende in die Stadt, da diese auf ihr Fahrzeug angewiesen sind. Es geht nicht nur darum, die Treibhausgase so schnell wie möglich auf Nettonull zu bringen, sondern um die Verbesserung unserer Lebensqualität. Politisch ist dies nur dann umsetzbar, wenn die Leute für den Umstieg auf den ÖV nicht mehr bezahlen, als wenn sie ihr Auto benutzen.
Markus Huber, Vorstand Grüne Zürich 6/10
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