Die «Alte Trotte» ist wieder ein Zuhause

Singles, Pärchen und kleine Familien – das Wohnhaus «Alte Trotte» ist renoviert und seit dem Oktober 2019 wieder voller Leben. Die bunt gemischte Wohngemeinschaft hat dem «Wipkinger» einen Einblick in ihr neues Zuhause gewährt.

Beim Risottoplausch: Die neuen Bewohner*innen der «Alten Trotte».

Im Eingangsbereich stapeln sich Kisten, eine Menge Jacken hängen an provisorischen Kleiderständern. Dazwischen baumelt eine Schaukel von der Decke, auf der eine Zeitung liegt. Von hier aus führt ein Gang in eine grosse, offene Küche, in der die neuen Bewohner*innen der «Alten Trotte» in einem grossen Topf Risotto zubereiten. Es herrscht eine fröhliche Stimmung, der Tisch wird gedeckt und jeder packt mit an.
Das Haus an der Nordstrasse 331 befindet sich im Inventar schützenswerter Bauten der Stadt Zürich, denn gewisse Teile davon stammen noch aus dem 16. Jahrhundert. Im Jahr 2018 wurde es renoviert. Bis zu diesem Zeitpunkt organisierte die Wohngemeinschaft, der die «Alte Trotte» zuvor ein Zuhause bot, mehrmals im Jahr das sogenannte «Kafi Duzis». Dieses war ein Quartiertreff für Wipkingen, ein Ort, an dem man sich zum Brunch, zu einem Konzert oder auf einen Kaffee traf. Für einige Wipkinger*innen mag es ein Verlust gewesen sein als bekannt wurde, dass diese Veranstaltungen in dieser Form nicht mehr stattfinden würden. Die neue Wohngemeinschaft hat in keiner Form die Pflicht, ähnliche Events zu veranstalten. Trotzdem sagen sie, dass sie sich gut vorstellen können, bald auf eine neue Art einen Beitrag zum Quartierleben zu leisten. Auch heute steht das Haus noch, trotz Renovation, in ähnlicher Form. Der Liegenschaft der Stadt Zürich nahm sich das Büro Felder Architektur an und liess alles, was alt gelassen werden konnte, stehen, der Rest wurde neu. Dies erzählt Stefanie während einer kleinen Führung durch die neuen Gemäuer. Sie ist eine der elf Erwachsenen, die mit zwei Kindern seit kurzem die «Alte Trotte» bewohnen. Anfang Oktober zogen sie ein und begannen, sich häuslich einzurichten.

Eine Gemeinschaft auf einer Wellenlänge

Die Zimmer im zweiten Stock sind sehr individuell, der Charakter des alten Gebäudes ist in jedem davon zu spüren. Schräge Holzböden, alte Sichtbalken, Deckenschrägen und Stufen geben den Einrichtungen Persönlichkeit, die unterschiedlichen Stile der Bewohner*innen runden diesen Eindruck ab. Im oberen Stock seien, mehr zufälligerweise als absichtlich, die Leute ohne Kinder eingezogen, die sich so auch mal vor dem Trubel in der unteren Etage zurückziehen können. «Die erste Etage war früher viel verwinkelter, es gab zahlreiche kleine Zimmer. Jetzt mit dem Umbau haben sie das Haus weiter geöffnet», Stefanie zeigt nach unten auf die Küche und den Wohnraum, die nun beide hohe Decken haben. Das Wohnzimmer, in dem momentan zwei Holztische zu einem Langen zusammengeschoben wurden, wird von der einen Seite von einer dicken, alten Hauswand und auf der anderen von einem Anbau eingegrenzt. In diesem wohnt eine der kleinen Familien mit ihrem beinahe einjährigen Sohn Marek. Hier befindet sich auch ein kleines Spielparadies, in dem die beiden Kinder, Juno und Marek, gerne Zeit zusammen verbringen und sich beschäftigen. Die neu entstandene Wohngemeinschaft scheint sich bereits sichtlich wohlzufühlen in ihren neuen, etwas mehr als vier, Wänden. «Es ist toll, dass immer jemand hier ist und wir alle auf der gleichen Wellenlänge sind. Man kann auch sehr viel anreissen, wenn man so zahlreich ist», begeistert sich Nadia. Zusammengefunden haben sie über bereits bestehende Beziehungen untereinander, die schon weiter zurückreichen und auf Aussenstehende wahrlich verschachtelt wirken können. Teilweise bildeten Einzelne von ihnen bereits Wohngemeinschaften, andere waren befreundet oder kannten sich über gemeinsame Kontakte. Einige Bekanntschaften wurden teilweise auch erst während dem Bewerbungsprozess gefestigt. Nadia lacht, als sie vom Bewerbungsgespräch berichtet, in dem sie versucht haben, ihre Beziehungen verständlich zu erläutern und vermutlich ziemlich gescheitert sind. Alle Erwachsenen der Wohngemeinschaft sind inzwischen berufstätig, der Schwerpunkt liegt – zufälligerweise – im pädagogischen Bereich. Geografie, Naturschutz und Musik und Bewegung befinden sich unter den unterrichteten Fächern. Daneben bewohnt eine Kamerafachfrau, ein Elektroingenieur und eine Stadtplanerin das Haus, andere sind in der Kommunikation tätig und einer der frisch Eingezogenen nimmt über die Wintermonate an der «Mosaic-Expedition» teil, der bisher grössten Arktisexpedition aller Zeiten.

«Ganz ohne Organisation geht es mit 13 Personen nicht»

Inzwischen wird der Risotto aufgetischt und die Wohngemeinschaft hat sich im Wohnzimmer um den Tisch versammelt. Ein gemütliches Bild. Ein Kochplan sei bisher nicht nötig gewesen, irgendjemand beginne immer, auch zum Essen sei sicher jemand zu Hause. «Wir haben allerdings eine Einkaufsapp, auf dieser kann man online sehen, was zu Hause noch gebraucht wird. Statt zwei Joghurt kauft man dann halt fünf», sagt Patric, während seine Tochter Juno neben ihm mit einem Lappen ihren Risotto hin- und herwischt. Die Tücher seien ebenfalls nach Farben geordnet, das Rote werde beispielsweise für die Küche verwendet. Oder doch für was anderes? «Ganz ohne Organisation geht es mit 13 Personen nicht», meint auch Marco. An die organisatorischen Dinge gewöhnen die Bewohner*innen sich bestimmt schnell, zweimal im Monat haben sie dafür eine Sitzung mit einem vorhergehenden Abendessen geplant. Und wie klappt das Zusammenleben mit Kindern für alle? Stefanie und Tanja finden es als Mütter sehr praktisch, in einer grossen Gemeinschaft zu wohnen: «Es ist immer jemand hier, der kurz Zeit hat, mit dem Kind zu spielen, das ist sehr entlastend», sagt Stefanie dazu. «Sie machen noch nicht so Terror», lacht Patric, «mal schauen wie es in ein paar Jahren aussieht.» Als mögliche Herausforderung sieht Tanja eher die Jahre, in denen die Erziehung noch wichtiger werden wird: «Dann könnte es wichtig sein, dass die Kinder wissen, welche Regeln bei uns Eltern und welche in der Wohngemeinschaft gelten.» Auch sie ist aber überzeugt davon, dass es für die Kinder bereichernd ist, mit so vielen Bezugspersonen zusammenzuleben. Und schon bald wird auch ein Drittes von dieser Gemeinschaft profitieren können.

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