Die Freude an der Musik ist das Wichtigste

Mitten in Wipkingen gibt Tatiana Polo musikbegeisterten Kindern und Erwachsenen Klavierunterricht. Die Musikerin lehrt und begleitet engagiert ihre Schützlinge. Einige präsentierten der «Wipkinger Zeitung» eine Kostprobe.

Mit erst sieben Jahren ist Jan schon ein «kleiner Mozart»: Für den «Wipkinger» spielt er ohne Noten ein anspruchsvolles Werk. (Foto: dad)
Victor kann nicht nur spielen, er hat auch einen Sinn für Melodien. (Foto: dad)
Als Cynthia an der Reihe war, wollte auch Jan mithören. (Foto: dad)
Die Klavierlehrerin mit drei von ihren Schützlingen. (Foto: dad)
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Es ist ein sonniger Samstag in Wipkingen, ein Tag, den viele Kinder wohl draussen verbringen. Aber nicht an der Lehenstrasse: Dort steht das Klavier von Tatiana Polo und es will bespielt werden. Jan (7), Cynthia (9) und Victor (11) werden gleich eine Kostprobe ihre Könnens der «Wipkinger Zeitung» präsentieren. Die drei werden von Tatiana Polo unterrichtet und finden sich in einem hellen Raum ein, der früher als Lager genutzt wurde. Heute ist er ein geräumiges Musikzimmer.

Jan setzt sich ans Klavier, die anderen Anwesenden versammeln sich im Raum. «Mein Sohn ist sehr musikalisch, er spielt schon Klavier, seit er vier Jahre alt ist», verrät die Mutter. Die ersten Klänge von Johann Sebastian Bachs Präludium in C-Dur erklingen. Jan spielt ohne Noten und mit grosser Hingabe.

«Es ist erstaunlich, welch grosses Können Jan an den Tag legt», sagt Tatiana Polo. Es würde sie nicht überraschen, wenn aus diesem kleinen Knaben ein grosser Meister werde. Sie hege grosse Erwartungen in sein Talent. Als zweites Stück folgt «Auf zu neuen Abenteuern» von Aniko Drabon – auch diese Darbietung erhält Applaus.

Einmal fing auch Tatiana Polo so an: Ursprünglich in Russland geboren, zog es die studierte Musikerin früh nach Italien. «Dort fand ich ein Zuhause, gründete eine Familie und widmete mich beruflich der Musik.» Das tat sie als Konzertpianistin und als Klavierlehrerin. Ihr Repertoire umfasst Klassik, Chansons, Evergreens, Pop und Jazz. Heute lebt und arbeitet Tatiana Polo in Wipkingen.

Hauptsache spielen

Nun tritt Cynthia ans Piano. Sie sei sehr diszipliniert und konzentriert, sagt Tatiana Polo. Mit «Yesterday» lässt sie ihre jungen Jahre vergessen und verleiht dem Beatles-Song jene Melancholie, die er benötigt. Beim zweiten Stück, dem Volkstanz «Tarantella Napoletana», überrascht sie mit flinken Fingerbewegungen, die Tastatur scheint ihr zu gehorchen. Das ist grosses Kino für die Ohren: An der Lehenstrasse ertönt erneut Applaus. Cynthia hat kein Lieblingsstück, wie sie verrät, Hauptsache spielen, und das seit ihrem sechsten Lebensjahr.

Tatiana Polo unterrichtet nicht nur junge Talente, sondern auch Erwachsene. Ihr Vorgehen bei Kindern ist aber anders. «Manchmal sind die Kinder erst drei Jahre alt, daher benehmen sie sich auch so. Ich benutze verschiedene Dinge wie Stofftiere, damit sie spielerisch die Noten kennenlernen.» Zusätzlich arbeitet sie mit Computer und entsprechenden Musikprogrammen, um die Musik visuell darzustellen.

Die Herausforderung schätzen

Victor benötigt solche Bilder nicht mehr: Nun ist er an der Reihe mit Stücken, die er länger nicht mehr gespielt hat. Er scheint die Herausforderung zu schätzen und spielt den «Grusel Blues» von Aniko Drabon. Sein Alter lässt er dabei vergessen: Hier könnte auch ein gestandener Mann sein Ding durchziehen.

Es folgt «Schiff im Gewitter», das er virtuos präsentiert und zum Abschluss lässt er eine Improvisation folgen. Keine Frage, Victor kann nicht nur spielen, er hat auch einen Sinn für Melodien. Vielleicht wird er eines Tages die Musik zum Beruf machen? «Vielleicht, eines Tages», sagt er. Noch steht ihm die ganze Welt offen. «Victor könnte mich mittlerweile ersetzen», meint seine Lehrerin stolz.

«Das Ziel ist, Musik auf eine Art und Weise zu unterrichten, dass die Kinder ihre Freude daran nicht verlieren», sagt Tatiana Polo. Sie habe selbst erlebt, wie Lehrpersonen durch ihren Ehrgeiz das Gegenteil erreichen. Sie unterscheidet auch zwischen zwei Arten von Schüler*innen. «Jene, die einfach aus purem Interesse und Spass das Klavierspielen lernen, und jene, die wirklich ambitioniert sind und etwas erreichen wollen.»

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