Quartierleben
«Die jungen Leute wieder in die Kirche bringen»
Um der wachsenden Anzahl Schüler*innen ausreichend Schulraum zur Verfügung zu stellen, ist Einfallsreichtum gefordert. Mit der Umnutzung der ehemaligen Kirche Wipkingen werden dabei unkonventionelle Wege beschritten.
23. März 2023 — Dagmar Schräder
Der «Höngger» berichtete bereits in der vergangenen Ausgabe darüber: Der Schulkreis Waidberg ist in Bewegung. Verfügbarer Schulraum ist knapp und muss im Zusammenhang mit den steigenden Schüler*innenzahlen erweitert werden. In den kommenden Jahren ist daher einiges an Neubauten, Sanierungen und Umstrukturierungen geplant. Auch die drei Schulhäuser Wipkingens, die Schulen Nordstrasse, Letten und Waidhalde, sind davon betroffen.
Die grössten Veränderungen kommen dabei auf das Schulhaus Waidhalde zu. Hier soll zusätzlicher Raum in einem nicht ganz alltäglichen Gebäude entstehen: Gemeinsam mit der Kirchgemeinde hat die Stadt entschieden, der Schule die ehemalige Kirche Wipkingen zur Verfügung zu stellen. In der Kirche, die seit 2019 nicht mehr für Gottesdienste genutzt wird, ist momentan die Klimajugend beheimatet. Nun soll dort ein Mehrzwecksaal und eine Betreuungsinfrastruktur inklusive Verpflegung geschaffen werden. Auch die Bibliothek wird ins Gebäude einziehen. Mit dieser unkonventionellen Idee werden im eigentlichen Schulhaus drei Klassenräume frei.
An einer Medienkonferenz im Kirchgebäude präsentierten Stadt und Kirche am 8. März die Ergebnisse des für den Umbau der Kirche ausgeschriebenen Architekturwettbewerbs. Die Stadträte André Odermatt als Vorsteher des Hochbauamtes und Filippo Leutenegger, Vorsteher des Schul- und Sportdepartementes, sowie die Präsidentin der Kreisschulbehörde, Gabriela Rothenfluh, zeigten sich dabei hocherfreut über die Kooperation mit der Kirchgemeinde. Schon lange habe die Stadt ein Auge auf das Kirchgebäude geworfen, erklärte Odermatt.
Die Idee, das Gebäude als Schulraum zu nutzen, sei aber immer wieder verworfen worden – doch der Platzbedarf sei schliesslich zu gross gewesen. Eine Machbarkeitsstudie habe die Umsetzbarkeit der Idee gezeigt, in der Folge wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben.
Charakter des Kirchenraums
«Ein wichtiges Kriterium für den Wettbewerb war, den Charakter des Kirchenraums zu erhalten», so Odermatt. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, stelle doch die Höhe der Räumlichkeiten für das Energiemanagement und die Beheizung eine enorme Herausforderung dar. Das Siegerprojekt, das an diesem Nachmittag vorgestellt wurde, stammt von Vécsey Schmid Architekt*innen BSA SIA mit Anderegg Partner AG. Es sieht vor, das Erdgeschoss mit einer isolierten Holzdecke zu überspannen. Mehrzweckraum, Bibliothek, Verpflegung und Betreuung werden ebenerdig untergebracht, das obere Stockwerk bleibt unbeheizt und ist flexibel nutzbar. Alle Einbauten werden reversibel erstellt.
Auch Michael Hauser von der Kirchenpflege zeigte seine Begeisterung: «Wir versuchen als Kirchgemeinde schon seit Langem, die jungen Leute wieder in die Kirchen zu bringen», scherzte er, «nun gelingt es uns tatsächlich.» Bis die Schüler*innen die Kirche jedoch tatsächlich nutzen können, wird noch ein wenig Zeit vergehen: Der Objektkredit solle Mitte 2024 beim Gemeinderat beantragt werden, Mietantritt der Stadt werde im Oktober desselben Jahres erfolgen. Der Baubeginn sei für 2025 geplant, der Bezug auf das Schuljahr 2026/27 vorgesehen, gab Odermatt den momentanen Zeitplan bekannt. Die Kosten könnten noch nicht genau beziffert werden, man rechne jedoch mit Erstellungskosten von rund 7,5 Millionen Franken, so Odermatt weiter.
Auch bei den anderen Schulen in Wipkingen sind Veränderungen im Gange, wie Pascal Furrer von der Kreisschulbehörde dem «Wipkinger» in einem Gespräch verrät: So sollen die laufenden Sanierungsarbeiten beim Schulhaus Nordstrasse 2024 abgeschlossen werden. Anschliessend ist der Umzug aus dem Provisorium auf der Lettenwiese geplant. Zudem sind im benachbarten Quartier Ober- und Unterstrass in Bezug auf die Schulhäuser einige Rochaden geplant, welche auch auf die Schulen in Wipkingen Einfluss haben werden. So soll das Riedtlischulhaus ab 2025 nicht mehr als Sekundarschule, sondern vielmehr als Primarschule dienen. Diese neue Nutzung soll den Druck auf die umliegenden Schulhäuser verringern, was auch das Einzugsgebiet der Schule Letten verändern wird.
Noch Zukunftsmusik sind die weiteren Pläne, die über das Jahr 2030 hinausreichen: Mittel- bis langfristig ist der Neubau einer Schulanlage auf der Lettenwiese geplant. Und auch auf dem Areal des Waidspitals wird der Bau eines Schulhauses geprüft. Bis dahin werden jedoch noch einige Jahrgänge an Schüler*innen heranwachsen.
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