Die Tagesschule für alle?

Die Tagesschule soll in allen Schulen eingeführt werden. Die SVP unterstützt nur ein kostengünstiges und freiwilliges Angebot für die Mittagsbetreuung und für die Aufgabenhilfe.

Glückliches Kind beim freiwilligen Mittagessen. (Foto: zvg)

Mittagsbetreuung und Hausaufga­benstunden gab es schon lange bevor das Projekt «Tagesschule 2025» ins Leben gerufen wurde. Solche Angebote sind für viele Fa­milien wichtig und sollen auf frei­williger Basis genutzt werden kön­nen. Die Familien, die das Angebot nutzen möchten, sollen sich durchaus verpflichtend dafür an­melden können. Inzwischen sind aber finanzielle und zeitliche Lenkungsmassnah­men beschlossen, die Familien be­strafen, die dieses Angebot nicht oder nur teilweise nutzen wollen. Wer sein Kind beispielsweise an einem Mittag pro Woche zu Hause verpflegen möchte, wird dafür mit unverhältnismässig hohen Tarifen abgestraft. Zudem führt die ge­plante Verkürzung der Mittagszeit bei gewissen Familien, die ihre Kinder zu Hause verpflegen, zu Stress.

Teure, falsche Versprechen

Die Stadtverwaltung verspricht seit Jahren, dass mit der flächen­deckenden Einführung der Tages­schule die Bildungschancen der Stadtzürcher Schulkinder gestei­gert werden. Beweise dafür konn­te sie bislang jedoch keine liefern. Das leere Versprechen wurde vor einigen Jahren sogar von einer Studie des Nationalfonds wider­legt. Tagesschulen tragen nichts zur Verbesserung der Bildungs­chancen bei. Statt solche Resultate der Forsche­rinnen und Forscher ernst zu neh­men, wird das Projekt «ver­schlimmbessert». Mit unzähligen zusätzlichen Angeboten und mas­siv mehr Personal will die linke Ratsmehrheit den geschürten Er­wartungen gerecht werden. Die Grenze zwischen Betreuung und Unterricht wird unklar. Zusammen mit weiteren Massnahmen soll aus dem ehemaligen Lernort Schule ein «Lebensraum Schule» werden. Ob das gemeinsame Mittagessen mit dem Mathelehrer die Kinder im Einmaleins sattelfester machen wird, ist zu bezweifeln. Ganz abge­sehen davon würde es der Mathe­lehrer begrüssen, wenn er die Mit­tagspause zur persönlichen Ruhephase nutzen könnte, um am Nachmittag wieder voll einsatzfä­hig zu sein.

Kleiner Nutzen der unfreiwilligen Tagesschule

Der Nutzen der flächendeckenden Tagesschule wird somit sehr klein sein und viele Familien diskrimi­nieren. Familien, die ihre Kinder gerne einmal oder mehrere Male pro Woche zu Hause am Familien­tisch verpflegen wollen und die Beziehung zu ihren Kindern wich­tig finden, werden zur Kasse gebe­ten. Familien, die ihre Kinder nicht einer staatlichen Rundumbetreu­ung aussetzen wollen, sondern ih­re familiären Beziehungen gerne selbst wahrnehmen wollen, wer­den durch ideologische Tages­schulmodelle bezwungen. Fest steht jetzt schon, dass der so genannte «Lebensraum Schule» immense Kosten verursacht. Zu den vom Stadtrat vorgesehenen rund 174 Millionen Franken einma­ligen Investitionen und den zirka 150 Millionen Franken jährlich wiederkehrenden Kosten sollen gemäss der linken Ratsmehrheit jährlich weitere 42 Millionen ge­sprochen werden. Damit wird nun auch das zweite Versprechen des ursprünglichen Projekts «Tages­schule 2025», nämlich das der Wirtschaftlichkeit, begraben.

Die Gratismentalität der Linken

Der vom Stadtrat vorgeschlagene hochsubventionierte und einmalig tiefe Einheitstarif von neun Fran­ken pro Mittagessen war den Lin­ken noch nicht tief genug. Die rot-grünen Parteien unterbieten sich gegenseitig darin, den Tarif mög­lichst nah gegen Null hinunterzu­drücken. Die Stadtzürcher Kinder und Jugendlichen, die ab nächs­tem Jahr ein Mittagessen zum Spotpreis geniessen, werden die­ses eines Tages mit höheren Steu­ern zurückzahlen müssen.

Die Kinder gehen in der Diskussion unter

Während stets von den Karriere­wünschen der Eltern und den An­sprüchen des Betreuungsperso­nals gesprochen wird, scheint das Wohlergehen der Kinder zweitran­gig zu sein. Möglichst früh am Morgen sollen diese in den «Le­bensraum Schule» eingecheckt und so spät wie möglich von dort wieder abgeholt werden. Vor Ort sollen sie von vielen Leu­ten pädagogisch umworben, geför­dert und integriert werden. Ist die­ses Ziel tatsächlich im Sinne der Kinder und Jugendlichen? 2018 or­ganisierte die «Offene Jugendar­beit Zürich» im Kreis 9 mehrere Debatten zum Thema Tagesschule mit anschliessender Abstimmung. Das Verdikt der Jugendlichen war deutlich: 68 Prozent der total 182, die abgestimmt hatten, lehnten die Tagesschule ab. «Am Mittag möchte ich einfach heimgehen und schlafen», meinte ein Jugend­licher in der Schlussdebatte. Ein anderer fragte: «Warum soll ich noch mehr Zeit mit meinem Leh­rer verbringen?»

Johann Widmer, Präsident SVP Kreis 10, Gemeinderat

 

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