DURCH DIE ROTE BRILLE

Aus dem Wimmelbuch

Andreas Wyss, Vorstandsmitglied SP Zürich 10

Meinem vierjährigen Sohn habe ich vor zwei Jahren das Wimmelbuch «Hier wird gebaut!» geschenkt. Das Buch erzählt, wie aus einer Bruchbude in einem heruntergekommenen Quartier ein neues Haus mit einladendem Café entsteht. Der Parkplatz wird zu einem kleinen Park, in dem die Kinder spielen. Mit dem Bau des neuen Hauses werden ganz selbstverständlich auch die Nachbarhäuser aufgefrischt. Die Bäckerei ist auf einmal einladend, die Bank erstrahlt in neuem Glanz und aus dem Eisenwarengeschäft wurde das «Radieschen» – ein Bioladen mit hochwertigen Produkten. Ohne es zu wollen erzählt das Buch, wie Aufwertung und Verdrängung in einem Quartier funktionieren. Für meinen Sohn spielt dies keine Rolle. Wie der Baggerfahrer Erwin sich um einen Maulwurf kümmert, interessiert ihn mehr.
Auch in Wipkingen wird alles immer schöner. Die meisten machen es wie mein Sohn: Sie interessieren sich mehr für den Maulwurf, als für die verdrängten Menschen. Trotzdem gibt es einen grossen Unterschied: Bei meinem Sohn bekommst du die Wohnung auch nach der Aufwertung für läppische zwei Handschläge.

Andreas Wyss, Vorstandsmitglied SP Zürich 10

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