Politik
Durch die rote Brille: Denk-mal!
Kunst ist im Zürcher Gemeinderat immer wieder ein Thema. Selbst versucht man sich darin glücklicherweise eher nicht – bis vor Kurzem.
30. März 2016 — Michael Kraft
Im neuen Erweiterungsbau des Kunsthauses soll unter anderem die Kunstsammlung von Emil Georg Bührle ihren Platz finden. Seine Rolle als Besitzer der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon, Bührle & Co. gibt verschiedentlich zu Kritik Anlass – einerseits aufgrund der Waffenexporte während des Zweiten Weltkriegs, andererseits auch weil die Herkunft gewisser Bilder aus jüdischem Besitz ungeklärt ist.
Es wäre also wichtig und richtig, daran zu erinnern und die Geschichte der Sammlung zu thematisieren. Mit einem Postulat betätigten sich die Grünen nun gleich selbst künstlerisch: Sie forderten die Installation einer 20mm-Flugabwehrkanone von Oerlikon-Bührle als Erinnerungsskulptur, die blutrote Farbe verschiessen sollte. Die Debatte im Rat glich teils schlechter Stand-up-Comedy, als beispielsweise die FDP forderte, neben der Flak auch noch einen Leopard-Panzer und ein Militärvelo aufzustellen.
Ein Kunstwerk samt dessen Deutung vorzubestimmen, das ist, wie es der neue SP10-Gemeinderat Mathias Egloff formulierte, schlicht «ein Chabis». So wollte die SP mit einer Textänderung die künstlerische Freiheit bewahren und dem ernsten Thema dennoch den nötigen Platz einräumen. Weshalb die Grünen auf ihrer Version beharrten und das Postulat damit abgelehnt wurde, bleibt ihr Geheimnis. In der Politik schafft man sich sein Denkmal jedenfalls nicht mit Skulpturen, sondern mit weisen Entscheidungen.
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