Aus der Höngger Zeitung
Ein Kino für Höngg
Im reformierten Kirchgemeindehaus wird monatlich ein Spielfilm auf der grossen Leinwand gezeigt. Pfarrer Matthias Reuter organisiert die Filmabende, die mittlerweile sehr gut besucht sind.
26. Januar 2024 — Daniel Diriwaechter
Licht aus, Film ab: Die monatlichen Filmabende im reformierten Kirchgemeindehaus ziehen immer mehr Publikum an. In der Januar-Vorstellung – gezeigt wurde die französische Komödie «La vache» – fanden sich über 80 Personen ein. Den Anlass organisiert hat der Höngger Pfarrer Matthias Reuter, und die Filmabende gehören zu den festen Angeboten des Kirchenkreises zehn.
«Wir haben mit den Filmvorführungen bereits im Jahr 2015 im Sonnegg begonnen, das damals frisch renoviert war», sagt Reuter. Es galt, das Familien- und Generationenhaus zu «bespielen» – auch mit einem Angebot für Erwachsene: einem Kino. Ziel bei den Filmabenden war und ist es, auf die soziale Komponente zu setzen.
«Es ging nie darum, nur einen Film zu zeigen und eine Tüte Popcorn zu verkaufen, sondern um das gemeinsame Erlebnis und den Austausch», so Reuter. Die Abende, von Beginn weg am Mittwoch, zogen viele Interessierte am Film und darüber hinaus an. Mit dem Eintritt – heute sind es zehn Franken – können auch die erforderlichen Aufführungsrechte bezahlt werden.
«In der Pandemie kam es dann zur Zäsur», erinnert sich der Pfarrer. Als in den Sälen maximal 50 Personen zugelassen waren, wechselte der Filmabend in das Kirchgemeindehaus; dort konnten die Abstände eingehalten werden, aber auch die Infrastruktur ist vorhanden. «Zunächst waren die Abende wieder gut besucht und die Leute haben sich gefreut.
Doch nach dem Wegfallen der Massnahmen erlebten wir einen Einbruch in den Besucherzahlen.» Dennoch hielt Reuter an den Filmabenden fest, auch wenn manchmal nur 20 Leute erschienen. Bis sich das Blatt wieder wendete.
Nahe am Leben
Reuter gestaltet das Programm selbst, und die Filmsaison dauert jeweils von Herbst bis Ende Frühling. Gezeigt werden unterschiedliche Filme aus verschiedenen Ländern. Es sind Werke, die nicht dem Mainstream zuzuordnen sind, aber dennoch an Festivals und in Studiokinos für Furore sorgten.
«Mir ist wichtig, dass die Geschichten immer nahe am Leben unserer Zeit spielen», so Reuter. Superheldenfilme werde man daher in seinem Programm nicht finden. «Dafür sind es Filme, bei denen wir lachen können, oder die mit ihrer Botschaft bewegen, auch wenn sie traurig enden.»
Reuter wird manchmal von seiner eigenen Wahl überrascht. «Nicht alle Filme habe ich im Vorfeld in voller Länge gesehen», sagt er. So kam es, dass vor Jahren ein Film lief, der etwas mehr nackte Haut zeigte, als man im kirchlichen Umfeld vielleicht erwarten würde. Die Reaktionen überraschten ihn: «Am Ende war ich der Einzige, der die besagten Szenen thematisierte, alle anderen gingen locker damit um.» Man dürfe dem Publikum durchaus etwas zumuten.
Dieses ist nach jeder Aufführung an einen von der Kirche offerierten Apéro eingeladen. Dort unterhalten sich die Gäste nicht nur über den Film, sondern sprichwörtlich über Gott und die Welt. Mittlerweile entstehe eine Community, die sich zum Kinoerlebnis zusammenfinde.
Reuter nimmt seine Rolle als Pfarrer dabei bewusst wahr: «Es handelt sich um keinen Kirchenbesuch und die Filme sind keineswegs speziell christliche Filme, aber oft geht es um Werte wie Freundschaft oder Gerechtigkeit.» So wurde beispielsweise der pakistanische Film «Joyland» gezeigt, in dem eine Transfrau eine Hauptrolle spielt. «Ich will die Leute zum Nachdenken anregen», sagt Reuter.
Das Kino Zentrum
Die Leidenschaft für das Kino erinnert an vergangene Jahre in Höngg: Schon im Jahr 1921 wurde in der damaligen Gemeinde über ein «Lichtspielhaus» debattiert. Ein entsprechendes Gesuch wurde aber abgelehnt, da ein Kino in Höngg «absolut kein Bedürfnis» sei, wie der «Ortsgeschichte Höngg» von Georg Sibler zu entnehmen ist. Erst im Jahr 1962 wurde im neuen Geschäftshaus Rebstock das Kino Zentrum in Betrieb genommen. Die «Höngger Zeitung», damals noch «Der Höngger», berichtete regelmässig über das Programm.
Es formierte sich schliesslich die «Kulturfilmgemeinde Höngg»: Im Jahr 1965 war im «Höngger» nachzulesen, dass sich die Zahl der Mitgliedschaften stark erhöht habe, ohne aber eine Ziffer zu nennen. Der Jahresbeitrag von drei Franken beinhaltete zwei vergünstige Karten bei mindestens neun Vorstellungen. Dennoch: Das Kino Zentrum überlebte laut der Zeitschrift «Hochparterre» mehr schlecht als recht, sodass es schliesslich wieder geschlossen wurde.
Mit den Filmabenden des Kirchenkreises zehn hat Höngg sein Kino – wenn auch ohne Kinosessel – zurück: In dieser Saison stehen bis Mai noch vier Vorführungen auf dem Programm. Am Mittwoch, 7. Februar, wird das Drama «The Happiest Man in the World» gezeigt. Die nordmazedonische Regisseurin Teona Strugar Mitevska greift darin Themen wie Vergebung und Schuld auf, die sie mit einer humorvollen Geschichte über die ewige Suche nach der wahren Liebe einrahmt.
Kino in Höngg: Filmabende
«The Happiest Man in the World», Mittwoch, 7. Februar
«Return to Dust», Mittwoch, 13. März
«Der Rosengarten von Madame Vernet», Mittwoch, 17. April
Titel des Films am 22. Mai noch offen.
Jeweils 19 Uhr, reformiertes Kirchgemeindehaus, Ackersteinstrasse 190.
Anmeldung: Matthias Reuter, film@kk10.ch, 043 311 40 50.
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