Einfach mal etwas ausprobieren

Bald ein Jahr ist die Nordstrasse beim Bahnhof Wipkingen nun schon mit farbigen Streifen verziert. Sie schieden die Geister schon vom ersten Tag an. Und das ist gut so.

Stefanie Pfändler, Vorstand Grüne Zürich 6/10

Unter den Wipkinger*innen sorgen die farbigen Markierungen beim Bahnhof bis heute wahlweise für Kopfschütteln oder Loblieder, auf jeden Fall aber für Diskussionen. Die «Neue Zürcher Zeitung» lästerte schon in den ersten Wochen über sie und bemerkte zu Recht, dass die neue Markierung für Verwirrung sorgte. Dabei übersah sie allerdings, dass die Verwirrung in diesem Fall durchaus erwünscht war. Sie bewirkt nämlich, dass Autofahrer*innen intuitiv abbremsen, dass Fussgänger*innen den Blick vom Handy heben und Velofahrer*innen konzentriert in alle Richtungen schauen, bevor sie abbiegen.
Die Stadt Zürich wird die Erfahrungen mit dem Mehrzweckstreifen sorgfältig evaluieren, bevor entschieden wird, wie die definitive Strassenraumgestaltung beim Bahnhof Wipkingen ab 2025 aussehen wird. Ein Pilotprojekt wie der aktuelle Mehrzweckstreifen ist ein kluger Schachzug, um mit etwas Neuem zu experimentieren und damit Erfahrungen zu sammeln. Weswegen man nicht über ihn lästern sollte, sondern vielmehr herausfinden, was gut daran ist – und was vielleicht weniger.

Irrungen und Wirrungen

Dass schwache Verkehrsteilnehmer*innen beispielsweis berichten, die Strasse schlechter überqueren zu können, sollte die Stadt bei ihrer künftigen Planung unbedingt berücksichtigen. Deswegen ist aber nicht das ganze Experiment schlecht. Vielleicht liesse sich diese Schwäche ja beheben. Eine Möglichkeit wäre es, die Markierung punktuell flächig quer über die Strasse zu erweitern. Das würde die Querbeziehungen stärker betonen und die Autofahrer*innen eher zum Abbremsen und Querenlassen animieren. Auch Kindern könnten solche Querstreifen als geeignete Stelle vermittelt werden, um über die Strasse zu gehen.
Zugegeben: Würden die Markierungen zusätzlich auch quer zur Fahrbahn angebracht, könnte dies für noch mehr Verwirrung sorgen. Denn offiziell Vortritt hätten die Fussgänger*innen auch hier noch immer nicht. Über solche Irrungen und Wirrungen wird die Stadt nun in Ruhe kontemplieren können. Die Grundlagen sind da, weil dank dem Pilotprojekt Praxiserfahrung gesammelt wird. Darum mag man vom Mehrzweckstreifen halten was man will – inerster Linie ist es löblich, dass im überreglementierten Zürich auch einfach mal etwas ausprobiert wird.

Stefanie Pfändler, Vorstand Grüne Zürich 6/10

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