Quartierleben
Frischer Wind für die Oase in der Stadt
Das Leitungsteam des Kinderbau¬ernhofs des GZ Wipkingen hat sich neuformiert: Terri Obrist, die lang¬jährige Leiterin des Bauernhofs, hat Unterstützung erhalten. Gemeinsam mit Manuela Zehender entwickelt sie nun neue Projekte und Ideen für den Bauernhof. Ein kleines Portrait.
30. Juni 2021 — Eingesandter Artikel
Der Kinderbauernhof beim GZ Wipkingen ist seit 2006 ein wichtiger Bestandteil des Gemeinschaftszentrums und seines soziokulturellen Angebots. Nicht nur die nun in Rente gehenden Wollscheine, auch die Minipigs, Meerschweinchen, Zwergziegen und Hühner sind wahre Publikumsmagneten. Pro Jahr besuchen etwa 3500 Stadtbewohner*innen das Angebot. Einige von ihnen arbeiten tatkräftig im Unterhalt mit.
Tiefe Verbundenheit zu den Tieren
Terri Obrist ist seit fünf Jahren für die Leitung des Kinderbauernhofs verantwortlich. Ursprünglich hat sie eine pädagogische Grundausbildung genossen, war als Werklehrerin tätig und hat zusätzlich Psychologie studiert. Die Liebe zu den Tieren wurde ihr gewissermassen bereits in die Wiege gelegt: Ihre Eltern führten einen kleinen Selbstversorger-Bauernhof im Kanton Aargau, wo sie schon sehr früh in Kontakt mit den verschiedenen Bauernhoftieren kam. «Tiere haben mich schon immer fasziniert», schwärmt sie. «Schon als Kind habe ich begonnen, mit ihnen Kunststücke einzuüben. Ausserdem habe ich ständig Tiere aufgesammelt, die verlorengegangen oder entlaufen waren. Irgendwie habe ich oft gespürt, wo sie sich versteckt hielten. Das ist übrigens bis heute so geblieben: Wenn auf dem Bauernhof etwa die Hühner plötzlich vermisst werden, muss ich meist nicht lange suchen, bis ich ihr Versteck ausfindig gemacht habe», schmunzelt Obrist. Zur Intuition gesellt sich umfangreiches Fachwissen: In zahlreichen Weiterbildungen hat Obrist Sachkundenachweise über die Pflege all der Tiere erworben, die hier in Wipkingen leben.
Doch die Arbeit mit den Tieren ist nicht ihr einziges Steckenpferd: Neben ihrer 50-Prozent-Anstellung im GZ geht Obrist selbstständig ihrer zweiten Leidenschaft nach – dem Zirkus. Als Zirkuspädagogin organisiert sie Projektwochen, Workshops und Weiterbildungen für Kinder ebenso wie für Erwachsene – ohne Tiere zwar, aber dafür mit Akrobatik und Zauberei.
Von der Tierarztpraxis bis zum Bühnentanz
Seit Juni dieses Jahres wird sie nun in der Leitung des Hofs von Manuela Zehender unterstützt. Auch Zehender kann auf fundiertes Fachwissen zurückgreifen. Begonnen hat sie ihre Ausbildung als tiermedizinische Praxisassistentin in einer Pferdeklinik und hat anschliessend ins Tierspital zu den Nutztieren gewechselt. Doch nicht nur die Tiere, auch die Menschen hatten es Zehender angetan, so dass sie nach einigen Jahren im Tierspital wechselte und nochmals eine neue Ausbildung zur Arbeitsagogin begann. Im sozialen Bereich fand sie daraufhin die Möglichkeit, mit Menschen und Tieren gleichermassen zu arbeiten. Damit hatte sie jedoch noch lange nicht genug von Aus- und Weiterbildungen und begann, ihre Leidenschaft, den Tanz, zum Beruf zu machen. So unterrichtete sie in der Folge Jazztanz, Hip Hop und House und verfolgte eigene Tanzprojekte – «das war eine lange und sehr intensive Zeit», erklärt Zehender mit einem Augenzwinkern. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie allerdings nach einigen Jahren tänzerisch etwas kürzertreten und beschloss, in die soziale Arbeit zurückzukehren. Das führte sie zum GZ Wipkingen, wo zur Unterstützung von Obrist eine zweite Person für die Leitung des Kinderbauernhofs gesucht wurde. Und damit auch ja keine Langeweile aufkommt, wird sie im Herbst praxisbegleitend ein Studium in Sozialer Arbeit aufnehmen.
Freiwillige vor!
Gemeinsam werden die beiden nun die Leitung des Bauernhofs neu strukturieren. «Schön ist, dass wir beide uns sehr gut werden ergänzen können. Unsere beruflichen Werdegänge weisen einige Parallelen auf, beide haben wir eine Kombination aus Tierpflege und Pädagogik und mit Tanz und Zirkus auch noch ausserhalb des GZs ähnliche Leidenschaften. Und dennoch kommen wir von ganz unterschiedlichen Backgrounds», erklärt Obrist.
Vorerst werden die Aufgaben so aufgeteilt werden, dass Obrist die Hauptverantwortung für die Tiere behält, während Zehender die Koordination der Freiwilligen übernehmen wird. Das ist nämlich neben der Tierpflege einer der weiteren zentralen Punkte des Kinderbauernhofs: All die alltäglichen Arbeiten im Stall, das Füttern und die Pflege der Tiere wird von einem Team von rund 25 bis 30 Freiwilligen getragen. «Die Freiwilligengruppe ist für uns ein wichtiger Teil unseres soziokulturellen Angebots», so Zehender und Obrist, «hier haben Quartierbewohner*innen, seien es Familien, Pensionierte oder auch Berufstätige die Möglichkeit, an einem Vormittag oder Nachmittag pro Woche für ein paar Stunden Stallluft zu schnuppern und Verantwortung für die Tiere zu übernehmen». Weil im Team momentan noch einige Plätze frei sind, hat sich Zehender bereits auf die Suche nach neuen Mitgliedern gemacht, Interessenten sind hier jederzeit willkommen.
Bald wieder offener Stall
Natürlich wird auch das sonstige Angebot des Bauernhofs nun wieder auf- und auch ausgebaut. Bis zu den Sommerferien wird weiterhin am Freitagnachmittag «Kiba-Teens» angeboten werden, ein Kurs für Kinder und Jugendliche ab neun Jahren, in dem sie die Tiere genauer kennenlernen, Krallen schneiden, Futter zubereiten und vielleicht sogar ein paar Kunststücke einstudieren. Nach den Sommerferien wird zudem der beliebte «offene Stall» wieder stattfinden. Bei diesem niederschwelligen Angebot öffnet der Bauernhof am Freitagnachmittag seine Türen für die Quartierbevölkerung. Wer Lust und Zeit hat, kann gegen ein geringes Entgelt ohne Anmeldung vorbeikommen, die Hühner mit Körnern füttern, den Schweinen einen Zvieri verabreichen, beim Ausmisten helfen und am Lagerfeuer ein Schlangenbrot braten.
Neue Projekte in Vorbereitung
Darüber hinaus haben die beiden Leiterinnen bereits eine Fülle an Ideen für neue Angebote. «Ich könnte mir ganz viele spannende Projekte vorstellen, in denen ich beispielsweise auch aus meinem tänzerischen Background etwas einbringen kann. Doch zunächst mal muss ich mich ein wenig einarbeiten und dafür sorgen, dass das Freiwilligenteam noch etwas wächst», erklärt Zehender und lacht. «Der Kreativität sind jedenfalls bei uns kaum Grenzen gesetzt.» Eine dieser vielen Ideen können Obrist und Zehender bereits in den Sommerferien verwirklichen: Im Ferienangebot «Spielzeit» für Primarschüler*innen werden sie die Pflege der Tiere mit ihrem Know-How aus Zirkus und Tanz verknüpfen. Kinder können hier eine Woche lang selber neue und spannende Spiele ausprobieren, Tiere beim Spielen beobachten sowie viel über das Leben der Tiere und ihre Bedürfnisse lernen.
Fachbereich Bildung/Tier
Das GZ Wipkingen ist eines von vier Gemeinschaftszentren in Zürich, welches Soziokultur mit Tieren anbietet. Dabei lernen Interessierte aller Altersstufen den rücksichtsvollen Umgang mit Tieren. Sie werden in Tierpflege, Fütterung und Versorgung angeleitet, übernehmen Verantwortung und erweitern ihre Kompetenzen. Der Besuch und die Mitarbeit im Tierbereich sind freiwillig und kostengünstig. Im GZ-Kinderbauernhof nehmen pro Jahr über 2500 Personen an Veranstaltungen teil und es werden rund 1500 Stunden Freiwilligenarbeit geleistet. Weitere Informationen auf der GZ-Webseite unter «Unsere Tiere». ”
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