Politik
«Ich ging im Walde so für mich hin …“
(J.W. Goethe)
24. Juni 2020 — Eingesandter Artikel
Nach einem Platzregen steigt Dampf zwischen den Bäumen auf und Holz und Erde duften wohltuend frisch. An diesem Juni-Abend sind die Forstwege auf dem Hönggerberg leergefegt. So leer, wie sie es vor drei Monaten auch gewesen sind. Zwischenzeitlich kam es zu einer bundesrätlich verordneten «ausserordentlichen Lage» und dies veränderte unseren Alltag, sowie die Lebenswelt in unserer Naherholungszone radikal.
Die Schrebergartenbesitzerinnen am Waldrand sind sich die ausserordentlich bevorzugte Lage gewohnt. Ungewohnt ist die anhaltende Ruhe. Fluglärmberuhigt, unter Vogelgezwitscher, bestaunen wir die Auswirkungen der Corona-Krise: gepflegte Blumen- und Gemüsebeete. Was mittel- und langfristig aus dem Lockdown erwachsen wird, sind heute erst Prophezeiungen. Was gewachsen ist, ist unsere Beziehung zum Lokalen. Der Laden um die Ecke, die Nachbarin, die unzähligen Treppen hinauf zur Waid. Gewachsen ist zudem das Loch im Portemonnaie, die Minusstunden bei der Arbeit, die Anzahl Gemüseabos und die Haare.
Der Begriff «systemrelevant» wurde zur roten Rose. Auf dem Forstweg, im Zwei-Meter-Abstand zu den Kinderwagen und Joggern, verwandelte sich das Wort «systemrelevant» in «persönlich relevant». Was ist mir wichtig? Mehr Zeit mit den Kindern? In der Natur sein? Selber kochen? Dieses Virus hat nichts mit Politik zu tun, unsere Antworten auf die Folgen umso mehr: Corona-bedingte Absenz von Kondensstreifen am Himmel machen die Welt nicht grüner. Dafür einstehen, was wir relevant finden – als umweltbewusste Menschen – jedoch sehr.
Jeannette Büsser, Kantonsrätin GRÜNE 6/10
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