Quartierleben
Mehr Fussball – weniger FIFA
27. Juni 2018 — Eingesandter Artikel
Es sind sich fast alle einig, dass die Spiele eine Plattform für Wirtschaft und Politik sind, um sich in gutem Licht zu präsentieren oder Umsätze in astronomischen Höhen zu erzielen. Sobald die Spiele aber beginnen, werden die Diskussionen beiseitegeschoben und alle Blicke richten sich nur noch auf Leinwände und Fernseher. So ist es auch dieses Jahr– in praktisch allen Restaurants, Bars und Plätzen der Stadt, inklusive dem Park Platz. Trotzdem wollen wir uns aktiv gegen Nationalstolz und Patriotismus stellen und finden es wichtig, die WM kritisch zu beleuchten. Das Übertragen der Spiele und die gleichzeitige Kritik an der WM sowie der FIFA und ihren Machenschaften stehen in einem direkten Widerspruch zueinander – einem, den wir nicht auflösen können und der verschiedene Ursprünge hat. Auf der einen Seite ist der Park Platz ein heterogenes Gebilde mit verschiedenen Menschen und Meinungen zu diesem Thema, so dass WM und Gegenveranstaltung in wenigen Metern Entfernung stattfinden. Auf der anderen Seite macht Kritik vor allem da Sinn, wo sie auch Empfänger hat. Wir möchten besonders diejenigen erreichen, die alle Jahre wieder ihren Nationalstolz hervorholen und darüber hinwegsehen, was hinter der Maschinerie des modernen Fussballs steckt. Das subtile Vermitteln von nationaler Einheit wollen wir dekonstruieren und auch jenen Raum bieten, die keinen Bock auf FIFA, Gazprom & Co. haben.
Fifa hat die Fäden in der Hand
Die Spiele der vergangenen Jahre und die mit ihnen einhergehende Einführung rigider Gesetze zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit und die Vertreibung von armen und marginalisierten Bevölkerungsteilen aus ihren Quartieren bieten genauso viele Gründe, dieser Veranstaltung den Rücken zu kehren, wie die Anlässe in Russland in diesem Jahr oder in Katar 2022. Orchestriert wird die WM alle vier Jahre von der FIFA und ihren Funktionär*innen, die den Fussball vollständig der Kommerzialisierung unterworfen haben, um auch aus den letzten Ecken des Fussball-Geschäftes noch einen Rappen auszugraben. In Zusammenarbeit mit internationalen Konzernen und Politiker*innen flackert eine vermeintlich heile Welt über den Bildschirm – während dem in den Favelas von Rio Hunderte Menschen umgesiedelt und dutzende getötet wurden, in Russland Zwangsarbeiter*innen die Stadien bauten oder in Katar unzählige Gastarbeiter*innen während den Arbeiten für die neuen Stadien gestorben sind. Das alles, für ein paar Wochen Spektakel, das als Beruhigungspille wirkt und dabei auch noch die Taschen multinationaler Konzerne, ihren Manager*innen und der in Zürich ansässigen FIFA–Funktionär*innen füllt. Brot und Spiele.
Widersprüche offenlegen
Auf der Aktionsfläche vom Park Platz gibt es während der WM einen kleinen Strassenfussballplatz, um Fussball zu spielen, anstatt zu konsumieren. Es gibt Infotafeln, ein Töggeliturnier und verschiedene Specials zum Thema Fussball, FIFA und Nationalismus. Dabei soll es sich nicht nur, aber auch um die wichtigste Eigenschaft des Fussballs drehen: den Spass. Rund um diesen Platz gibt es verschiedene Möglichkeiten zum kritischen Diskurs – entweder im Gespräch mit anwesenden Besucher*innen oder bei Veranstaltungen zu den Machenschaften der FIFA und ihrer Verbündeten sowie Inputs zu allgemeinen Problematiken rund um Fussball und Diskriminierung. Es geht uns dabei nicht darum, irgendwelche Widersprüche aufzulösen, oder einen Rahmen für verantwortungsvollen Konsum zu schaffen, sondern existierende Widersprüche innerhalb und ausserhalb des Park Platz offenzulegen und sie dadurch zum Thema zu machen – auf spielerische und auf ernsthaftere Art. Der moderne Sport ist eingebettet in Konsumwut und politischem Machtstreben. Dies wollen wir auf unterschiedliche Weise beleuchten, aber gleichzeitig auch die Möglichkeit bieten, gemeinsam zu spielen, zu reden und zu lachen. Das Programm wird laufend aktualisiert und wir freuen uns über weitere Inhalte, zusätzliche Ideen und Anregungen aller Art – per E-Mail oder direkt vor Ort. Kommt vorbei und nehmt teil.
Über die ganze WM verteilt gibt es verschiedene Aktionen und Veranstaltungen. Das genaue Programm mit Daten gibt es auf www.park-platz.org
– Infotafeln mit kritischem Blick auf den modernen Fussball und seine Folgen
– Tschau Sepp – Spielenachmittag gegen die FIFA und ihre Machenschaften
– Töggeliturnier
– Dok-Film und Infoabend: Green Red Amedspor
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