Quartierleben
Openair aus Leidenschaft
Das Openair Wipkingen hat in ganz Zürich einen sehr guten Ruf. Seit 13 Jahren wird jeweils im Juni mit Herzblut, viel Engagement und Liebe zum Detail, das GZ Wipkingen zu einem Treffpunkt der besonderen Art hergerichtet. Doch damit dieses Openair reibungslos über die Bühne gehen kann, braucht es viel Arbeit hinter den Kulissen. Dave Gubelmann ist Mitorganisator des Openairs und gewährte dem «Wipkinger» Einblick in die Vorbereitungen und die Philosophie dieses beliebten Quartierfestes.
30. März 2017 — Béla Brenn
Begonnen hat es vor 13 Jahren als ganz kleines, überschaubares Quartierfest beim GZ Wipkingen; eine Bühne und eine Bar, nichts weiter. «Das Wipkingen Openair lässt sich nicht einem Genre zuordnen. Es hat für fast jeden Geschmack etwas zu bieten, und wer mit offenen Augen und Ohren darauf zugeht, wird definitiv mehr erleben und davon mitnehmen können», sagt Dave Gubelmann. Er ist nun seit vier Jahren im Organisationsteam dabei und ist vor allem für die Infrastruktur zuständig. Bei seinem ersten Wipkingen Openair, damals war er selbst noch als Besucher dabei, fand es wegen des Umbaus nicht beim GZ, sondern unter der Kornhausbrücke statt. Es wurde die Soziokulturbühne der Stadt aufgestellt und es gab eine kleine Bar. Die Menschenmenge war überschaubar und konnte beinahe abgezählt werden. Doch das Openair wuchs mit der Zeit ebenso wie sein guter Ruf.
Für 1000 oder 5000?
Beim neunten Wipkingen Openair wurde zum ersten Mal eine grosse Bühne beim GZ aufgebaut. Eine grosse, neue Herausforderung: Es brauchte mehr Infrastruktur, mehr professionelle Fachkräfte für die Bühnentechnik und auch eine bessere Sanitätsversorgung. «Es gibt verschiedene Meinungen im OK bezüglich der Grösse des Openairs. Einige wünschen sich ein kleineres und familiäreres Wipkingen Openair wie in ˂alten Zeiten˃ zurück, andere wiederum sind zufrieden mit der Grösse. In einem Punkt sind sich aber alle einig: es soll nicht noch grösser werden.» Um dieses Ziel zu verfolgen, wurde die Werbung teilweise abgeschafft. Die Organisatoren nutzen die Facebook-Seite des Openair Wipkingen nicht mehr aktiv und es kam auch der Gedanke auf, keine Flyer mehr zu verteilen. Doch ganz ohne Werbung geht es auch nicht, da man auf eine gewisse Anzahl Leute angewiesen ist, um die Investitionen wieder rauszuholen. «Es ist für uns eine Wanderung auf einem sehr schmalen Grat: Einerseits nicht zu viel Werbung, aber andererseits auch genug, um das Fest erfolgreich zu gestalten», sagt Dave. Er persönlich würde es schade finden, wenn das Fest kleiner würde. «Wir stellen etwas auf die Beine, und ob wir das nun für 1000 oder 5000 Leute machen, spielt keine Rolle. Wenn aber mehr Leute hier sind, können auch mehr das Fest geniessen, und das ist ja auch das Ziel des Openairs. Man will den Menschen Freude bereiten! Jeder soll kommen, Schlussendlich macht man das Fest ja auch für alle und will niemanden ausschliessen, also sollte auch jeder kommen können der dem Openair auch mit einer gewissen Offenheit und Respekt begegnet.»
Respekt vor Gratisarbeit
Respekt bedeutet für das Organisationsteam vor allem auch, dass man das Openair zu schätzen weiss. Es ist eine Gratisveranstaltung, an bester Lage, mitten in Zürich. Die Finanzierung läuft praktisch ohne Sponsorengelder, fast alles ist selbst finanziert. Man versucht also mit den Essensständen und den Bareinnahmen die Kosten des Openairs zu decken. Alles eingenommene Geld wird wieder in das nächste Openair investiert. Alle Leute vom OK Team, sowie die Helfer an den Essständen und an der Bar arbeiten freiwillig und ohne Profit. Und genau dieser Gedanke sollte den Besuchern bewusst sein. Der Aufbau dauert vom Montag vor dem Openair bis am Dienstag danach, doch auch das ganze Jahr durch werden bereits Vorbereitungen getroffen, wie beispielsweise das Zusammenstellen eines Line-Ups oder das Planen eines Holzpavillons, der dann vor Ort aufgebaut wird. Das Openair Wipkingen arbeitet mit dem Landenbergfest und dem Stolzeopenair in Unterstrass zusammen, man steht in freundschaftlichem Kontakt und unterstützt sich auch gegenseitig.
«Es ist schade, dass mit den grossen Massen, die mittlerweile das Openair besuchen, auch viele darunter sind, die nur für den Konsum dort sind und die Details und die Arbeit, die hinter dem Openair stecken, nicht mehr richtig beachten», findet Dave. Daher herrsche ein starker Konsens im OK, dass man das Publikum und die Gäste noch besser in das Openair miteinbeziehen sollte. Beispielsweise sollte man die Leute noch stärker dazu animieren, selbst für das Openair aktiv zu werden. Und wenn das vielleicht zu viel ist, dann sollte es wenigstens um kleine Gesten gehen: Nämlich, dass man beispielsweise seinen Müll entsorgt, der Umgebung, den Mitmenschen und der Infrastruktur Sorge trägt und wie erwähnt das Fest, die freiwillige Arbeit und das Engagement wirklich schätzt.
Vom Musik- zum Kulturevent und in die Zukunft
Mittlerweile hat sich das Openair Wipkingen einen festen Platz in Zürichs Jahreskalender erobert. Ein Grund dafür ist sicher auch die Vielfältigkeit dieser Veranstaltung. Hier treffen ganz verschiedene Musikrichtungen an einem Ort zusammen, und es lässt sich für fast jeden etwas finden. In den letzten Jahren hat das OK begonnen, das Angebot noch mehr von einem «normalen» Openair abzugrenzen. Auch kulturell hat es nun einiges zu bieten, wie beispielsweise Theateraufführungen oder ein Kinderprogramm. Man will dem Publikum Unterhaltung auf verschiedenen Ebenen bieten, und das macht das Openair Wipkingen auch aus. Diese bunte Mischung ist ebenfalls dem OK zu verdanken. Das Team besteht aus einem inneren Kreis, der die Fäden zieht und einem äusseren Kreis, der auch aktiv mitwirkt. Insgesamt engagieren sich rund 25 Personen. Das Team harmoniert gut und neue Mitglieder kommen oft über den Kollegenkreis dazu, denn es ist wichtig, dass man sich gut versteht und miteinander arbeiten kann. Natürlich ist es aber nicht eine Voraussetzung, dass man Leute vom OK kennt, um selbst dem OK beitreten zu können, betont Dave: «Jeder kann sich einbringen und seine Wünsche und Präferenzen äussern. Einige mögen eher elektronische Musik, andere lieber Hip-Hop oder Reggae. Wieder anderen ist das kulturelle Programm oder das Fest generell wichtiger, und so entsteht diese Mischung und Diversität, die das Openair ausmacht». Ein weiterer, wichtiger Punkt ist, dass jedes Openair ein spezielles Motto hat. «Beim 10-JahreJubiläum beispielsweise, haben wir zehn verschiedene Flyer mit Zahnabbildungen kreiert. Die zehn Zähne stehen für «Zäh», also zehn Jahre Openair Wipkingen.» Für die Zukunft ist die Richtung für Dave klar: «Das Openair hat sich einen Namen geschaffen und die Wipkinger, aber auch andere Zürcher schätzen es sehr». Es soll auch in Zukunft weiterbestehen, das Team arbeitet darauf hin. So ist man immer auf der Suche nach jungen, engagierten Leuten, die sich ins Team integrieren wollen und die Flamme der Leidenschaft für das Openair Wipkingen auch für künftige Generationen weitertragen. Aktuell ist das jüngste OK-Mitglied 19 Jahre, und die Zukunft lässt noch einiges erwarten.
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