«Palliative Care ist Teamwork!»

Das Stadtspital Zürich hat seit Januar 2022 einen neuen Abteilungsleiter Palliative Care. Prof. Dr. med. David Blum tritt in die grossen Fussstapfen seines Vorgängers Dr. med. Roland Kunz, der 2018 das Zentrum für Palliative Care am Standort Waid aufgebaut hat und nun in Pension geht. Welche Ziele hat Prof. Blum?

Im Interview: Prof. Dr. med. David Blum, Leitender Arzt, Abteilung Palliative Care, Stadtspital Zürich (Foto: zvg)

Markus Meier: Wie wird man Spezialist für Palliative Care? In welchen Fächern haben Sie Ihr Wissen erworben?

Prof. Dr. med. David Blum: Als ich studierte, bekam ich nichts mit von Palliative Care. Das gab es damals akademisch noch nicht. Zuerst machte ich Innere Medizin – auch als Assistenzarzt am Stadtspital Zürich Waid – und dann Onkologie in St. Gallen. Dabei merkte ich, dass mich Patientinnen und Patienten in palliativen Situationen vermehrt interessierten. In diesen Fällen müssen wir individuellere Lösungen finden als in der Medizinischen Onkologie. Dort wird eher eine Standardtherapie für eine bestimmte chKrebserkrankung angeboten. Später sammelte ich Erfahrungen in der Forschung. Dies führte mich nach Norwegen, London und schliesslich nach Hamburg.

Laien denken bei Palliative Care immer an Krebs. Ihr Fachgebiet umfasst aber viel mehr.

Ja, das ist so. Palliative Care ist ein sehr breites Gebiet. Es geht nicht nur um Krebsbehandlungen. Eigentlich könnten alle Patientinnen und Patienten mit chronischen, unheilbaren Krankheiten von unserer Arbeit profitieren. Damit will ich aber nicht sagen, dass wir sie alle betreuen sollten. Das könnten wir gar nicht bewältigen. Zum Glück gibt es auch eine grosse Expertise von anderen Fachspezialistinnen und -spezialisten, wie zum Beispiel von Pneumologen bei chronisch obstruktiver Bronchitis COPD oder Neurologen bei Amyotropher Lateralsklerose ALS. Wir behandeln Patienten und ihre Angehörigen mit einem palliativen Ansatz: Konkret legen wir den Fokus auf die Lebensqualität und die Symptomkontrolle. Wir schauen, was der Patient will, treffen Entscheidungen gemeinsam und planen vorausschauend. Ebenso berücksichtigen wir die psycho-sozialen Belastungen der Betroffenen und ihre spirituellen Bedürfnisse.

Was fasziniert Sie als Internist an Ihrem Spezialgebiet? Wie sieht Ihr Alltag aus?

In der Palliative Care ist jeder Patient und jede Situation immer wieder anders. Wir müssen gemeinsam schauen, wie sich die Situation verbessern lässt. Oft begegnen wir grossem Leid, wenn wir gerufen werden. Palliative Care macht man nicht allein, sondern als Team. Mit einem gemeinsamen Herangehen gelingt es häufig mit relativ überschaubarem Aufwand, beispielsweise mit guter Schmerztherapie und entlastenden Gesprächen, Linderung zu verschaffen. Es beeindruckt mich immer wieder, wie die Patienten und ihre Angehörigen diesen schwierigen Situationen begegnen. Konkret setzt sich mein Tag aus Klinikleitung, Forschung und Lehre zusammen. Es ist nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bringen. Zur Entspannung lese ich abends gerne ein Buch, aktuell eines über Pilze, die mich ebenfalls faszinieren.

Sie leiten die Standorte Waid und Triemli. Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Zürich USZ?

Das ist eine tolle neue Herausforderung für mich. Ich bin froh, dass ein ähnliches Zusammenarbeitsmodell bereits in der Altersmedi angelaufen ist. Ich hoffe, dass wir nun die Patienten dort behandeln können, wo das beste Angebot für ihre spezifische Situation geboten wird. Es ergeben sich auch neue Möglichkeiten in der Aus- und Weiterbildung sowie in der Forschung. In diesem Bereich gibt es vieles, das wir noch nicht wissen.

Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten zwei Jahre gesetzt?

Der wichtigste erste Schritt ist, dass wir zusammenwachsen. Das ist ja mit Waid und Triemli schon auf gutem Weg und soll in meinem Bereich auch mit dem USZ geschehen. Mein Ziel ist, dass wir ein Team werden und auch als solches wahrgenommen werden.

Welche Veränderungen erwarten Sie in Zukunft?

Wegen der Alterung der Gesellschaft, der immer besseren medizinischen Versorgung und neu auch wegen der Pandemie kommt mehr Palliative-Care-Arbeit auf uns zu, als wir Spezialisten leisten können. Daher ist es wichtig, dass die allgemeine Palliative Care in anderen Disziplinen wie Medizin, Onkologie sowie Geriatrie und das Palliative-Care-Verständnis in der Gesellschaft gestärkt werden. Dies beinhaltet zum Beispiel, sich Gedanken über eine Patientenverfügung zu machen oder den Tag so zu geniessen, wie er kommt. Nicht zu viel auf später verschieben.

Weitere Informationen
www.waidspital.ch/palliativecare

 

 

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