Quartierleben
Sie verwandeln Steine in Kunstwerke
Käthi Meister und Daniel Weber sind nicht nur privat ein Paar, sie teilen auch die gleiche Leidenschaft: die Steinbildhauerei.
30. Juni 2022 — Dagmar Schräder
Durch ein schmiedeeisernes Tor gelangt man auf einen verwunschen wirkenden Hof, bewachsen, grün und schattig, vollgestellt mit einer faszinierenden Mischung aus steinernen Kunstwerken, Skulpturen und Grabsteinen. Nicht minder faszinierend das Innere des kleinen, lichtdurchfluteten Ateliers, das an den Hof angrenzt. Auch drinnen eine Sammlung aus Kunstwerken, Tonbüsten und Modellen, kleinen Figuren, Skizzen. Dazu Bücher und mehrere Klaviere, stapelweise CD’s. Kein Zweifel: Hier ist Kreativität zu Hause.
Dort, an der Spielstrasse, im 1912 erbauten Atelierhaus, befindet sich die Bildhauerwerkstatt von Käthi Meister und Daniel Weber. Seit dem Jahr 2000 teilen sich die beiden diese Arbeitsstätte. Davor war bereits Daniels Vater, Werner Weber, seit den 1950er-Jahren im Atelier tätig gewesen, auch er ein Steinbildhauer. Sein Beruf wurde Weber durch die Tätigkeit des Vaters quasi in die Wiege gelegt: «Seit ich denken kann, bin ich hier im Atelier ein und ausgegangen und habe nach der Schulzeit bei meinem Vater die Ausbildung zum Bildhauer gemacht», erzählt er.
Meister hingegen hatte ursprünglich eine Ausbildung zur Kindergärtnerin gemacht. «Ich habe aber ziemlich schnell gemerkt, dass es überhaupt nicht mein Ding ist», gesteht sie schmunzelnd. Bei einem Spaziergang traf sie auf den Bildhauer Ruedi Rempfler und fragte an, ob sie sich in der Kunst versuchen dürfe. Das war der Beginn ihrer Leidenschaft. Vor mehr als 30 Jahren begegnete sie dann Daniels Vater und wurde zu seiner Mitarbeiterin. Schliesslich übernahm sie mit dessen Sohn das Atelier.30
Menschliche Figuren
Jede*r von ihnen hat einen eigenen Stil und arbeitet an individuellen Ideen, gemeinsam ist den beiden aber, dass sie am liebsten menschliche Figuren sowie harmonische und organische Objekte erschaffen. Weber bevorzugt Marmor für seine Kunst, Meister ist nicht ganz so festgelegt. Doch zum Überleben reicht ihre Kunst nicht – und sollte es auch gar nicht. Deswegen haben sie jahrelang zusammen Grabsteine gestaltet. Oft hat Meister den Stein nach den Wünschen der Kundschaft beschriftet und bemalt, Weber hat die Inschriften in den Stein gehauen. Auch als Lehrer*innen sind sie ein gutes Team: Beide unterrichten in der Kunst des Steinbildhauens. Seit rund einem Jahr beziehen sie eine Rente, «das erste geregelte Einkommen in unserem Leben», schmunzeln sie. Nun haben sie wieder mehr Zeit, sich intensiv der Kunst und ihrer zweiten Leidenschaft, der Musik zu widmen. Und die Freiheit, Auftragsarbeiten nur noch für Leute auszuführen, die ihnen wichtig sind.
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