Junge Filmtalente räumen Preise ab

Mitte März fanden die 49. Schweizer Jugendfilmtage in Zürich statt. Zwei Filmschaffende aus Wipkingen, Sislej Vece und Sedonja Moll, reüssierten mit ihren Debüts. Wir waren vor Ort und haben uns mit beiden über ihre Filme unterhalten.

Sislej Vece und Sedonja Moll. (Foto: Jina Vracko)

Im Kurzfilmwettbewerb an den Schweizer Jugendfilmtagen messen sich nationale Nachwuchstalente. Schon letztes Jahr erhielt eine Wipkingerin, Rubie Sturm, zwei Preise. In diesem Jahr waren gleich zwei Filmschaffende aus Wipkingen auf der Rangliste: Sislej Vece und Sedonja Moll. Beide drehten zum ersten Mal einen Film.

In der Kategorie C (bis 19 Jahre) erreichte Sislej Vece mit seinem Film «On Our Own» den zweiten Platz, der mit 600 Franken Preisgeld dotiert ist. «Mutig experimentiert der Film mit seinen Mitteln und erlaubt sich, seine Form immer wieder zu ändern», schreibt die Jury in der Laudatio.

Der Kurzfilm entstand im Rahmen von Sislejs Maturitätsarbeit. Er zeigt ein Porträt von drei Teenies und wie sie mit Einsamkeit umgehen. «Vor allem nach Covid war das Thema sehr präsent. Es war mir wichtig, es durch Atmosphäre und Stimme greifbar zu machen», erzählt Sislej.

Für den schriftlichen Teil der Arbeit setzte er sich unter anderem mit den «Hikikomori» auseinander. Das sind Menschen in Japan, die sich freiwillig über lange Zeit in ihre Wohnung oder ihr Zimmer zurückziehen und so ihre Einsamkeit als Protest ausleben – sie dienten als Inspiration für einen der Charaktere in «On Our Own».

Weiter schrieb Sislej eine der Erzählungen im Film selbst, und einer im Ensemble ist ein Freund von Sislej, der seine wahre Geschichte erzählt. So ist das Projekt eine Mischung aus Fiktion und Realität. Er freut sich, dass sein Film viele Menschen berührt hat, auch wenn ein Grossteil der Texte seiner Fantasie entsprungen ist.

Sedonja Moll und Sislej Vece. (Foto: Jina Vracko)

Demenz und Genuss

Sedonja Moll gewann bereits vor zwei Jahren den Treatment-Award der Zuger Filmtage und erhielt 2000 Franken für die Produktion ihres Kurzfilms «Wolkenleer». Zusätzlich wurde das Projekt von Kulturdünger, Demenz Forschung Schweiz, der PFD-Stiftung sowie weiteren Stiftungen und einem Crowdfunding gefördert. So konnte sie einige professionelle Filmschaffende mit ins Boot holen und ihnen einen Dankesbeitrag zahlen.

Schliesslich waren 15 Leute am Set. «Der Dreh ging gut, doch ich habe mir selbst grossen Druck gemacht und habe während diesen vier Tagen kaum geschlafen», erinnert sich Sedonja. «Trotzdem habe ich die Arbeit am Film als bereichernd und schön in Erinnerung.»

Nun hat Sedonja mit «Wolkenleer» den ersten Platz in der Kategorie D (bis 25 Jahre) ergattert und dazu noch gleich den ZKB-Publikumspreis. Somit erhält sie insgesamt 2000 Franken Preisgeld. «Wir konnten den Film berühren, seine Düfte riechen und seine Aromen schmecken», lobpreist die Laudatio. Die Auseinandersetzung mit Demenz begleitet Sedonja schon lange – einige ihrer Freundinnen haben Grossmütter, die von dieser Krankheit betroffen sind, wodurch sie schon früh Einblicke in die Herausforderungen erhielt. «Demenzkranke Menschen erreicht man oft besser über Sinneserfahrungen als durch Gespräche», erklärt Sedonja. So kommt ihr Film fast ohne Dialoge aus. «Gerüche, Musik oder Fotos können Erinnerungen wecken, und auch Berührungen schaffen Vertrauen.»

Verschiedene Herangehensweisen

Zum Teil ist Sislejs Faszination für Film seiner Mutter, der Regisseurin und Drehbuch-Autorin Jacqueline Zünd, zu verdanken. Er entdeckte den Schnitt schon früh als Hobby für sich. Bei diesem Projekt arbeitete er zum ersten Mal mit selbstgedrehtem Material: «Es waren nur ich, die Schauspielenden und meine Kamera. Ich hatte nicht so einen klaren Plan, vieles entstand spontan.»

Das ist eine andere Herangehensweise als die von Sedonja. Dennoch bewundert sie es, wenn jemand in der Lage ist, alles selbst zu stemmen: «Ich traue es mir nicht zu, selbst zu schneiden, deswegen bin ich auf andere Personen angewiesen.» Für sie ist die Zusammenarbeit mit anderen ein wesentlicher Teil des Prozesses. Sislej hätte auch gerne Arbeit abgegeben, obwohl ihm dies schwerfällt: «Vielleicht ist es ein Ego-Ding, das Gefühl, ich muss es alleine schaffen. Dabei weiss ich: So werden Filme normalerweise nicht gemacht.» In Zukunft würde er gerne mit mehr Menschen zusammenarbeiten – das erfordert Vertrauen, speziell wenn es eine eigene Vision ist.

Sislej Vece und Sedonja Moll. (Foto: Jina Vracko)

Ein Blick in die Zukunft

Sedonja arbeitete nach ihrer abgeschlossenen KV-Lehre zunächst bei einer Castingagentur und ist heute als Produktionsassistentin in einer Spielfilmproduktionsfirma tätig. Sislej macht derzeit ein Praktikum als Postproduktions-Assistent. Auf die Frage, ob und wie sich die beiden ihre Zukunft in der Filmbranche vorstellen, meint Sislej: «Am liebsten würde ich Kameraführung machen. Die Bildkomposition gefällt mir.»

Sedonja sieht ihre Stärke im organisatorischen Bereich: «Ich habe festgestellt, dass es in der Schweiz nur wenige weibliche Herstellungsleiterinnen gibt. Ob ich später in der Herstellung von Spielfilmen tätig sein werde, wird sich zeigen – es ist ein Bereich, in den man sich nach und nach hocharbeiten muss.»

Beide können sich vorstellen, wieder ein eigenes Filmprojekt umzusetzen, dies bedeutet jedoch sehr viel Planung. Vor allem die Finanzierung von Filmprojekten ist schwierig, wie Sedonja betont: «Es ist schade, dass der Aufwand und die Finanzierung Filmschaffende immer wieder davon abhalten, kreativ zu sein.»

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