Was Nachbarschaftshilfe alles bedeutet

Es ist die klassische Form der Nachbarschaftshilfe: Eine Person unterstützt eine andere. Bei Zeitgut wird das «Tandem» genannt. Timea Jámbor erledigt mit anderen Freiwilligen die Einkäufe für Samir Oualif.

Timea Jámbor hilft Salif Oualif bei den Einkäufen. Die Verbindung entstand dank Zeitgut Zürich Höngg-Wipkingen.

Als Geschäftsleiterin der Genossenschaft Zeitgut Zürich Höngg-Wipkingen wird Nataša Karnath mit vielen Schicksalen konfrontiert, aber auch mit schönen Erlebnissen und Freundschaften. Eine davon ist die Verbindung zwischen Timea Jámbor und Samir Oualif. Karnath traf beide zum Interview.

Timea Jámbor, warum hast du entschieden, dich lokal zu engagieren und dich bei Zeitgut gemeldet?

Timea Jámbor: Es gibt viele Gründe, die Frage ist für mich eher, warum nicht (schmunzelt). Wir sind vor zehn Jahren von Ungarn nach Zürich gekommen. Mein Sohn geht jetzt zur Schule und ich habe mehr Zeit. Für mich die perfekte Gelegenheit, im Quartier behilflich zu sein und mich noch besser in Wipkingen zu integrieren. Für mich ist es auch wichtig, meinem Sohn ein gutes Beispiel zu geben. Wir lieben es sehr, dass hier die Nachbarschaft sehr lebendig ist und tragen gerne etwas dazu bei.

Du kaufst für Samir ein, im Wechsel mit einer weiteren Engagierten. Wie geht das genau?

Claudia, die Haupt-Engagierte für Samir, ist momentan im Urlaub, deshalb kaufe ich für ihn wöchentlich ein. Wenn ich vom Einkauf zu Samir komme, reden wir immer ein wenig und trinken manchmal einen leckeren marokkanischen Minzetee.

Nun zu dir, Samir, Letzten März bist du zu Zeitgut in Höngg-Wipkingen gestossen, wie hast du von uns erfahren?

Samir Qualif: Ich werde regelmässig von der Spitex unterstützt. Die Pflegerin zeigte mir einen Flyer und ich entschloss mich, Kontakt aufzunehmen. Ich leide seit meiner Kindheit unter Hämophilie, einer Blutkrankheit. Daher trage ich Prothesen an beiden Knien, an einem Ellbogen und an einem Fuss. Das Laufen gestaltet sich somit als schwierig, vor allem tragen darf ich dabei nicht viel. Deshalb war ich froh, von einem nachbarschaftlichen Unterstützungsangebot zu erfahren. Ehrlicherweise zögerte ich ein bisschen mit der Kontaktaufnahme, es ist nicht leicht für mich, um Hilfe zu bitten.

Wie wirst du von Zeitgut unterstützt?

Es werden wöchentlich für mich die etwas schwereren Sachen eingekauft. Zwei Frauen aus der Nachbarschaft wechseln sich ab. Ich bin dankbar, möchte aber auch gerne meine Fähigkeiten mit in die Gemeinschaft einbringen.

Was ist dein Angebot an die anderen Zeitgütler?

Ich bin gelernter Elektroniker und kann beispielsweise Handys reparieren. Ich repariere immer wieder die Handys von Bekannten, vor allem, wenn das Display kaputtgeht, was das häufigste Problem ist. Ich wechsle auch schwache Akkus aus oder helfe bei Ton- oder Netzwerkproblemen. Ich freue mich auf neue Anfragen.

Du beziehst Sozialhilfe, dein Wunsch ist es jedoch, einer Tätigkeit nachzugehen. Was könntest du dir denn vorstellen?

Ich bin offen für alles. Ich müsste einfach dabei sitzen können. Ob etwas verpacken, zusammenschrauben – manuell bin ich geschickt. Es wäre mein grosser Wunsch, etwas zu machen und gebraucht zu werden.

Wie muss man sich deinen Alltag vorstellen?

Ich habe durch meine Krankheit immer wieder Arztbesuche, die zwangsläufig eine gewisse Struktur bieten. Ansonsten lese ich viel, vor allem Bücher über Informatik. Auch nehme ich regelmässig mit meiner Familie in Marokko Kontakt auf, dort habe ich noch drei Schwestern. Ich selbst lebe alleine und manchmal fühle ich mich auch allein. Nach Marokko zurückzugehen ist aber keine Option, meine Krankheit könnte dort nicht ausreichend behandelt werden. Fast täglich gehe ich in Wipkingen Kleinigkeiten einkaufen und mache eine Pause am Röschibachplatz. Falls jemand aus der Nachbarschaft mit mir einen Schwatz halten möchte, würde ich mich freuen.

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