Loblied auf das Milizsystem

Arbeiten im Ehrenamt in der Politik, im Verein oder in Organisationen ist eine Bedingung für das Funktionieren unserer Gesellschaft. In der Schweiz wird das Milizsystem hochgehalten, es ist eine heilige Kuh, die man nicht angreifen darf. Aber funktioniert das System und ist es noch zeitgemäss?

Marcel Bührig, Gemeinderat Grüne Kreis 10

Zeitgemäss ist es sicherlich, funktionieren tut es mässig, denn es wird immer schwieriger, Milizämter zu besetzen. Ein Gemeinderatsamt ist zwar verlockend, denn es rückt einen ins Zentrum der städtischen Politik und man erlangt eine gewisse persönliche Bekanntheit. Für Parlamentssitze ist es einfach, Kandidierende zu finden. Doch auch hier fällt auf, dass die durchschnittliche Amtsdauer immer kürzer wird. Milizpolitiker unterschätzen die Arbeitsbelastung. Sie denken, es sei etwas, das man schnell an einem Abend erledigt. Nur ist die Realität eine andere: Sitzungen wollen vor- und nachbereitet sein, unzählige andere Termine füllen den Kalender. Und nebenbei muss man zwischen Erwerbsarbeit, Familie und Sozialleben jonglieren. Bei der Schulpflege zeigt sich das Dilemma noch deutlicher. Es gab hier immer eine gewisse Fluktuation. Inzwischen ist es nochmals schwieriger geworden, Leute zu finden, die 20 Prozent ihrer Zeit dafür investieren wollen. Unser System ist aber auf dieses freiwillige Engagement angewiesen. Parteien, Quartier- und gemeinnützige Vereine funktionieren sonst nicht mehr – ebenso wenig wie das politische System, wie wir es kennen. Die Alternative wäre eine Professionalisierung mit weniger Bürgernähe. Das möchte zwar niemand, aber wir könnten aus Alternativlosigkeit irgendwann dazu gezwungen sein. Also engagieren Sie sich bitte – und wenn Sie dies bereits tun, herzlichen Dank!

Marcel Bührig, Gemeinderat Grüne Kreis 10

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