Abnabelung statt Staatstropf

Die Stadt Zürich will zusammen mit Stiftungen an der Rosengartenstrasse Studentenwohnungen bauen. Darin sind viel versteckte Subventionen enthalten. Die SVP wollte das Grundstück verkaufen, damit der Erlös der Allgemeinheit zukommt und nicht einer kleinen Interessengruppe.

Durch den Bau geschützt vom Lärm der Rosengartenstrasse: Hier entsteht eine Studenten-Wohnsiedlung mit Pärklein

Der Stadtrat präsentierte dem Gemeinderat einen Baurechtsvertrag mit der Stiftung für Studentisches Wohnen in Zürich (SSWZ). Die Stiftung SSWZ kann auf dem Grundstück, wo das ehemalige Wasserreservoir steht, ein Wohnüberbauungsprojekt speziell für Studenten errichten. Die SSWZ ist eine von der ETH Zürich, der Universität Zürich, der Stadt Zürich und der «Woko Studentische Wohngenossenschaft Zürich» gegründete privatrechtliche, gemeinnützige Stiftung. In der Überbauung entsteht Wohnraum mit 130 Zimmern für Studierende. Hinter dem Gebäude ist ein kleiner Quartierpark vorgesehen. Das Grundstück ist 4’959 m2 gross. Der Baurechtszins beträgt 78’606 pro Jahr. Dies ist sehr günstig. Ein Privater Investor kann keine Überbauung zu solch tiefen Kosten kalkulieren. Weil das Land im Baurecht abgegeben wird, entfallen Kaufpreis und abdiskontierte Zinsen. Auch dies ist ein versteckter Vorteil der Überbauung für die Interessengruppe. Auf dem Grundstück stehen das ehemalige Wärterhaus, zwei Garagenboxen, ein Pumpengebäude und das unterirdische Wasserreservoir. Die Wasserversorgung Zürich (WVZ) braucht das Pumpwerk seit 1984 nicht mehr. Die Stadt Zürich muss nun auch das Reservoir abbrechen und die Altlasten sanieren. Auch diese Kosten muss die Allgemeinheit tragen und nicht jene Studenten, die dereinst in den vergünstigten Wohnungen leben. Die Gesamtkosten werden wie immer sorgfältig verschleiert und auf viele Einzelposten verteilt, so dass niemand weiss, wie hoch die Subvention insgesamt ist. Für die Übertragung des baurechtsbelasteten Teilgrundstücks ins Verwaltungsvermögen ist vom Gemeinderat ein Objektkredit von 3’144’220 Franken inklusive einem Betrag von 1’800’000 Franken für den Rückbau und die Schadstoffbeseitigung sowie im Budget 2016 der Liegenschaftenverwaltung ein Zusatzkredit in gleicher Höhe erforderlich. Es ist bewusst so kompliziert gemacht, die Verschleierung der Vollkosten ist gewollt.

Gediegenes Wohnen für unsere Studenten

Es besteht kein Notstand: Die ETH lässt bereits 900 Zimmer auf dem Campus Hönggerberg erstellen. Der Bezug ist im Sommer 2016 geplant. Weiter gibt es viele Stiftungen, die günstige Wohnungen und Zimmer anbieten, und im freien Markt sind viele Einzelzimmer in WGs ausgeschrieben und erhältlich. Die Begünstigten dürfen sich freuen, die Wohnungen werden toll: Es gibt eine zweigeschossige Raumschicht: Wohnen, Essen und Treppenhäuser sind gegen die Bucheggstrasse ausgerichtet, die zweite Schicht mit den Zimmern blickt gegen den lärmabgewandten Park. Es hat Wasch- und Kellerräume und natürlich eine Kinderbetreuungs-Einrichtung zum Park hin. Der Wohnraum umfasst in vier Geschossen 18 Maisonnette-Wohnungen mit mehrheitlich 7 bis 8 Zimmern. «Die Zimmer gruppieren sich um den Wohnraum mit Küche, der das erlebbare Zentrum der Wohngemeinschaft bildet», schreibt der Stadtrat wörtlich. Dazu ist im Erdgeschoss ein Gastronomiebetrieb mit Terrasse zum Park hin geplant.

Den Sozialisten gefällts im Sozialismus

Das Raumprogramm macht Freude: Nebst den Wohnungen gibt es zwei Musikzimmer, den Multifunktionsraum, drei Gewerberäume und eine Einstellhalle für Velos. Allzu teuer darf es aber nicht sein: Für die Vermietung ist ein durchschnittlicher Mietzins von 580 Franken pro Monat und Zimmer einschliesslich Nebenkosten vorgesehen. Auch die Rundum-Betreuung auf Kosten der Allgemeinheit kommt nicht zu kurz: So will die Stadt einen Kindergarten für 18 bis 25 Kinder einrichten. Die Ganztagesbetreuung ist auf rund 30 Kinder aus dem Kindergarten und der Primarschule ausgelegt. Diese Kosten sind noch nicht ausgewiesen, sie werden dann später beantragt. Zusätzlich wird die Stiftung kihz (Kinderbetreuung im Hochschulraum Zürich) eine Kindertagesstätte für 22 Kinder im Alter zwischen vier Monaten und vier Jahren einrichten. «Beide Einrichtungen sind im Gartengeschoss untergebracht und sowohl von der Bucheggstrasse als auch direkt vom öffentlichen Freiraum her zugänglich», heisst es. Damit wird klar, dass der Park – weitere zwei Millionen Kosten, die im Kredit noch nicht enthalten sind – nicht in erster Linie dem Quartier zugute kommt, sondern den Bewohnerinnen und Bewohnern der Studentensiedlung mit ihren Kindern.

Vier Millionen vom Lotteriefonds

Die bisher ausgewiesenen Kosten der Siedlung betragen 26’461’000 Franken. Die Stiftung plant die Finanzierung mit nur 1,5 Millionen Franken Eigenmitteln. Auch dies wird keinem privaten Bauherrn gewährt. Dazu kommt ein Geschenk des Kantonalen Lotteriefonds von vier Millionen, ein Beitrag der ETH von vier Millionen, ein unverzinsliches Darlehen der Stadt aus dem Jugendwohnkredit von weiteren vier Millionen, die später in ein Geschenk umgewandelt werden, sowie Hypotheken von 12,9 Millionen. Der Schritt aus dem Elternhaus ist zentral beim Erwachsen werden. Dies ist keine Frage des Geldes, sondern des Willens. Es ist kein Problem, in einer bestehenden WG ein Zimmer zu finden. Es braucht Geduld, Zeit und etwas Aufwand. Mit den staatlichen Studentenwohnungen nimmt man den jungen Leuten diese Aufgabe vorweg und ebnet ihnen ein weiteres Hindernis. Lehrlinge haben es nicht leichter, und sie müssen sich auch eine eigene Wohnung oder ein Zimmer suchen, wenn sie sich von Zuhause abnabeln.

Verkauf für die Allgemeinheit

Mit dem Projekt wird erneut eine Interessengruppe auf Kosten der Allgemeinheit begünstigt. Warum sollen nur die Studenten mit tollen Wohnungen an sonniger Lage mit eigenem Park vor der Haustüre gesegnet sein? Die SVP hingegen wollte den Stadtrat verpflichten, die Parzelle an den Meistbietenden zu verkaufen. Der Erlös des Grundstückverkaufs wäre der Allgemeinheit zugute gekommen. Mit dem Geld hätten die Schulden der Stadt Zürich gesenkt werden können. Am Mittwoch, 14. September, fand die Abstimmung im Gemeinderat statt: Die Weisung des Stadtrates, «Bau von Studentenwohnungen», wurde behandelt und mit 98 Stimmen (SP, Grüne, AL, GLP, CVP, FDP) gegen die 22 der SVP angenommen. Baubeginn soll im Frühjahr 2017 sein; der Bezug ist voraussichtlich im Frühling 2019.

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