Anleitung für mehr Biodiversität in der Stadt

Bei Genossenschaften und privaten Vermieter*innen liegt in den Aussenräumen viel Potenzial für Bewirtschaftung und Biodiversität brach. Wie kann eine Umstellung auf naturnahe Umgebungsgestaltung gelingen? Ein Beitrag der Grünen 6/10.

Siedlung Schubertstrasse, Gemeinnützige Baugenossenschaft Selbsthilfe. (Foto: Roland Hurschler)

In der Schweiz sind über 600 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Was wenige wissen: Städte können bei deren Rettung sogar eine entscheidendere Rolle spielen als die von Landwirtschaft geprägte Landschaft. Doch nicht nur der Natur, auch den Menschen kommt eine naturnahe Umgebung zugute: Quartierbewohnerinnen wünschen sich oft natürliche Aussenräume, Wildgärten, mehr Bäume und einheimische Pflanzen.

Während städtische Liegenschaften bereits hohe Ansprüche hinsichtlich Bewirtschaftung und Biodiversität erfüllen, ruht bei den Genossenschaften und privaten Vermietern viel Potenzial. Auf was ist bei der Umstellung auf naturnahe Umgebungsgestaltung zu achten?

Grundsätze in einem Umgebungskonzept festhalten

Zuerst sollten die Nutzungszonen und der Unterhaltsbedarf definiert werden. Welche Zonen können naturnah gestaltet werden, wo steht die Funktionalität im Zentrum, wo sind Mischformen sinnvoll? Was ist am gewählten Standort möglich? Das Umgebungskonzept der Baugenossenschaft des eidgenössischen Personals (BEP) gibt vor, dass «Umgebungsflächen mit verschiedenartigsten Lebensräumen für Pflanzen und Tieren» gestaltet werden sollen. Mit möglichst vielen «Bäumen, Hecken und extensiv bewirtschafteten Magerwiesen, Nischen und Kleinstrukturen …» («Grundsätze Aussenräume», BEP 2019).

Beratung und Partizipation Bei Umbauten gilt es diese Aspekte früh einzubeziehen und qualifizierte Landschaftsarchitekten und Gartenbaufirmen zu beauftragen, wie dies die Gemeinnützige Baugenossenschaft Selbsthilfe an der Schubertstrasse in Wipkingen vorbildlich getan hat. Bei bestehenden Liegenschaften kann eine Beratungsfirma zuerst eine Be- standesaufnahme machen und die Handlungsoptionen ausloten. Die Stadt bietet solche Beratungen sogar kostenlos an.

Liegen die Handlungsmöglichkeiten auf dem Tisch, kann als Nächstes geprüft werden, welche Massnahmen finanziell möglich sind. Parallel ist ein Austausch mit den Siedlungsbewohnerinnen sinnvoll. Ist eine Organisation darin nicht geübt, können Fachpersonen den Partizipationsprozess von Anfang an mitgestalten, ihn moderieren und auswerten. Die breit abgestützten Anpassungsvorschläge können anschliessend gesamthaft oder etappiert umgesetzt werden – mit Beteiligung der Siedlungsbewohnerinnen.

Neue Fördergelder nutzen

Im Mai 2024 hat der Stadtrat ein neues Reglement für Fördermassnahmen zur Hitzeminderung und Erhöhung der Biodiversität verabschiedet. Dafür stehen 130 Millionen Franken zur Verfügung. Das Programm «Mehr als Grün» übernimmt 50 Prozent der Gesamtkosten für die ökologische Aufwertung von Aussenräumen bestehender Liegenschaften – sowohl für die Planung und die Erstellung, als auch die Pflege während der ersten zwei Jahre. Auch für Entsiegelungen, Vertikalbegrünungen und Baumpflanzungen gibt es Unterstützung.

Vorbildliche Beispiele in Wipkingen und Höngg Wer wissen möchte, wie toll eine naturnahe Umgebung aussieht, kann bei der Siedlung Heizenholz in Höngg vorbeischauen. Dort haben die Bewohnerinnen der Genossenschaft Kraftwerk 1 gleich selbst Hand angelegt. Nebst neuen Gemüsebeeten, Beerenstauden und Fruchtbäumen gibt es eine komplett renaturierte Um-
gebung zu bewundern, mit 500 neuen Wildbüschen sowie vielfältigen Lebensräumen für Insekten und viele Tiere.

Und vor Kurzem ist nun auch die Baugenossenschaft Selbsthilfe nachgezogen: An der Schubertstrasse ist Blütezeit! Bleibt abzuwarten, ob die BEP ihr vorbildliches Konzept auch bald in die Realität umsetzt. Fördergeld und Möglichkeiten gibt es genug.

Ein Artikel von Roland Hurschler, Vorstand Grüne und Grüne 6/10

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