Aus der Mitte entspringt ein(e) Fluss(bar)

Seit 1997 sieht die Organisatorin Cecilia Massa zu, dass bei der Flussssbar alles an seinem Ort und Platz ist. So lange gibt es die Bar, die einmal wöchentlich dienstags im Unteren Letten aufgebaut wird, nämlich schon. Sowohl aus gesundheitlichen als auch aus feuerpolizeilichen Gründen blieb die Bar im letzten Jahr geschlossen. Dieses Jahr feierte sie am 16. Mai ihre Neueröffnung.

Cecilia Massa, die Chefin der Flussssbar.
Es muss nicht immer die Disco sein: Gute Stimmung bei hohen Temperaturen in der Flussssbar
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Frau Massa, warum gerade der Untere Letten als Lage für die Flussssbar?

Das geht geschichtlich bis weit in die Neunzigerjahre zurück. Damals, also in den Jahren 1992/93 war im Unteren Letten die Drogenszene von Zürich heimisch. Die Badi war zwar offen, aber sie wurde wegen der sehr vielen Junkies, die dort ihr Unwesen trieben, nicht genutzt. Es lagen Spritzen herum, Kondome und anderes. Da haben ich und ein paar andere Leute gedacht, das ist unser Quartier, unsere Badi, wir wollen doch, dass die Leute dort hingehen und dass sie aufgewertet wird. So entstand das Freiluftkino Filmfluss, vor gut 25 Jahren. Es dauerte aber nochmals drei Jahre, bis wir die Junkies draussen hatten und alles so aufgeräumt und gesäubert war – sprich wir mit Handschuhen alle Spritzen aufgelesen hatten – dass es wieder menschenwürdig war, sich dort aufzuhalten.

Warum ist die Flussssbar entstanden?

Als das Kino anlief, brauchten wir etwas, um es zu unterstützen, damit wir es weiter betreiben konnten. Aus diesem Grund eröffneten wir die Flussssbar, die ein grosser Erfolg wurde, vor allem, weil es ein schöner Ort ist, in dem man sich im Sommer einmal pro Woche treffen kann. Der «Schpiissäpalast», wie wir ihn nennen, weil man dort schnell mal einen Holzsplitter im Fuss hat, hat dafür gesorgt, dass die Badi Unterer Letten wieder mehr bevölkert wurde. Es kommen Leute von überall her, also aus den Kreisen 5, 6, aus Höngg und aus Wipkingen, aber auch von ausserhalb, Leute, die einmal in der Woche einen schönen Abend am Fluss geniessen wollen. Die Badi-Gäste haben für uns die grösste Priorität, deshalb bauen wir jede Dienstagnacht alles wieder ab, was wir am Abend zuvor aufgestellt haben.

Im letzten Jahr wurde die Flussssbar vorübergehend geschlossen, was mit Brandschutzbestimmungen und Ihrer eigenen gesundheitlichen Lage zu tun hatte, was ging da vor?

Wenn etwas fällt, dann fällt entweder alles miteinander oder gar nicht. Wir hatten viel zu tun, mit dem Einreichen von Patenten und Bewilligungen bei der Gesundheitsbehörde und der Feuerpolizei, was ich ja per se eigentlich gut finde, denn nur so funktioniert die Stadt so gut, wie sie es tut. Unsere Gäste und ihre Sicherheit sind für uns das Wichtigste, weshalb wir dafür sorgen, dass alles nach schweizerischen, beziehungsweise zürcherischen Standards verläuft. Die Auflage der Feuerpolizei gibt vor, dass es im Falle eines Brandes ausreichend Fluchtwege gibt. Das war bei uns und aufgrund der Mengen an Leuten, die zu uns kommen, laut eines amtlichen Berichtes nicht der Fall. Ich persönlich finde, es gibt zu viele Leute, die hinter ihren Bürotischchen sitzen und Sachen entscheiden, ohne jemals selber vor Ort gewesen zu sein. Der Entscheid der Behörde wurde kein einziges Mal mit mir besprochen. Der Grund für die Schliessung war, dass wir die Gäste aus gesundheitlichen Gründen bei sehr heissen Temperaturen nicht unter das Dach lassen konnten. Wir müssen also für nächstes Jahr eine Lösung finden, wie wir die Bar nicht mehr auf dem Steg unter dem Dach aufbauen, was zurzeit Gegenstand hitziger Diskussionen mit dem Quartierspräsidenten ist. Ich werde dafür sorgen, dass alles einmal gründlich angeschaut und nicht mehr vom Schreibtisch aus geregelt wird.

Was war Ihr schönstes Erlebnis in der Flussssbar?

Das schönste Erlebnis ist heute noch, wenn die Leute kommen, sich wohlfühlen und einfach den Moment geniessen. Auch der Austausch mit den Menschen ist etwas sehr Schönes. Dass sich die Leute bei uns so wohl fühlen, hat meiner Meinung nach mit der Kombination von Wasser, Holz und Eisen zu tun, die der Seele guttut.

Was war Ihr schlimmstes Erlebnis mit der Flussssbar?

Es gibt nichts Schlimmes, nur Schwieriges. Dies sind die Diskussionen mit der Stadt über Bewilligungen, Regelungen und so weiter. Diskussionen, die sich mit der Passion, mit der die Flussssbar gemacht ist, schneiden.

Wie sehr gehört die Flussssbar zum Stadtbild?

Ich finde, die Flussssbar hat sich sehr gut in Wipkingen integriert. Im Gegensatz zu vielen anderen Orten, die auf- und zugegangen sind, besteht die Flussssbar nach 25 Jahren immer noch. Sie macht die Sache von A bis Z gut. Ich persönlich finde, sie ist ein Teil von Wipkingen, sie gehört uns, es ist unsere Badi.

Was ist der Unterschied zwischen der Flussssbar und einer normalen Bar?

Der Unterschied ist: Bei uns ist keiner egal. Wir sehen zu, dass wir mit den Leuten im Gespräch bleiben, um sie gegebenenfalls untereinander zu verkuppeln. Es gibt so viele Sachen, die man im Leben mit auf den Weg bekommt. Wenn man einmal nicht mehr weiter weiss, ist man froh, wenn man mit jemandem darüber reden kann. Solche Gesprächspartner vermitteln wir.

Haben Sie denn Zeit, Leute zu verkuppeln, wenn Sie immer hinter der Bar stehen?

Ich stehe sehr selten selber hinter der Bar. Ich bin mehr dafür zuständig, zuzusehen, dass die Angestellten ihr Zeug machen (lacht). Einen Chef braucht es, und der bin ich.

Steht ein gutes Team hinter Ihnen?

Wir hatten immer unheimliches Glück mit Studierenden, die hinter der Bar arbeiten, das heisst, sie wähnen sich an einem Ort sind, wo sie Fun haben und gleichzeitig ihr Geld verdienen können. Das Team steht so fest hinter mir, wie ich hinter ihm.

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