Blutreinigung mit Aussicht

Am 10. Dezember hat das Stadtspital Waid in Oerlikon ein neues Dialysezentrum eröffnet. Es richtet sich an mobile Nierenpatientinnen und -patienten mit ansonsten gutem Gesundheitszustand. Einer von ihnen ist Wolfgang Bieri. Statt im Waidspital wird er sein Blut künftig im ruhigen Praxisambiente in Oerlikon reinigen lassen.

Wolfgang Bieri freut sich über den Umzug.
Das Dialysezentrum Oerlikon wurde im 14. Stock des neugebauten Andreasturms eröffnet.
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Wenn die Nieren nicht mehr richtig funktionieren, kann das verschiedene Ursachen haben. Bei Wolfgang Bieri begann alles vor zehn Jahren. Damals fühlte er sich immer kränker, ihm war ständig übel und er verlor zusehends an Gewicht. Eine Blutprobe ergab einen stark erhöhten Kreatininwert, der wichtigste Indikator für eine schwere Nierenfunktionsstörung. Als dann auch noch ein Antikörpertest positiv ausfiel, war klar: Wolfgang Bieri litt an einer Vaskulitis. Diese entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankung schädigte die feinen Strukturen seiner Nieren schwer. Zum Glück half ihm eine immunsuppressive Chemotherapie. Nach einem halben Jahr schien die Krankheit verschwunden.

Von der 80-Stunden-Woche zur IV

Doch sechs Jahre später meldete sie sich in einem fulminanten Ausbruch zurück. Mit akutem Nierenversagen fand sich Bieri im Schockraum der Notfallstation wieder. Dort erfuhr er, dass seine Nieren unwiederbringlich ruiniert waren. Ohne externe Blutreinigung würde er sterben. Von einem Tag auf den anderen musste der Oberarzt der Anästhesie und Intensivmedizin sein Leben komplett umstellen. Statt einer 80-Stunden-Arbeitswoche geht er nun jeden zweiten Tag zur Blutwäsche in die Dialyse. «Früher hatte ich viel Geld, aber keine Zeit. Jetzt ist es umgekehrt», erklärt der 53-Jährige, der heute auf eine IV-Rente angewiesen ist. Und gut gelaunt fügt er hinzu: «Ich habe gemerkt, dass mich das viel glücklicher macht».
Die Dialyse ist für den Körper sehr anstrengend. In den viereinhalb Stunden einer Sitzung fliesst das Blut viele Male durch das angeschlossene Dialysegerät, bis es genügend von den Harnstoffen und dem angesammelten Wasser befreit ist. Der Vorgang belastet den Kreislauf. Wer zusätzlich schon von anderen Krankheiten geschwächt ist, kann danach schon einmal kollabieren. Für solche Patientinnen und Patienten ist es wichtig, im Notfall die ganze Spitalinfrastruktur zur Verfügung zu haben. Wolfgang Bieris Kreislauf jedoch ist so stabil, dass er sich sogar extra dicke Nadeln legen lässt, damit das Blut schneller fliesst und so noch gründlicher gereinigt wird. «Ich musste zwar kämpfen für diese unübliche Methode», sagt der ehemalige Oberarzt. Aber das sei eben das Plus in der Waid-Dialyse: «Die Mitarbeitenden sind offen und haben sich schliesslich auf das Wagnis eingelassen».

Lieber in ruhigem Ambiente

Für mobile und komplikationslose Patientinnen und Patienten wie Wolfgang Bieri hat das Stadtspital Waid nun das Dialysezentrum Oerlikon gegründet. Die Aussenstation des Instituts für Nephrologie befindet sich in den Räumen des Medbase Gesundheitszentrums im neu erbauten Andreasturm, direkt neben dem Bahnhof Oerlikon. Erwartet werden an den vorerst acht und später zehn neuen Dialyseplätzen auch viele berufstätige Patientinnen und Patienten, die den Abend nach ihrem Arbeitstag lieber im ruhigen Ambiente einer Arztpraxis verbringen wollen als in der oft hektischen Spitalatmosphäre. Wolfgang Bieri freut sich sehr auf den Umzug in die hellen Räume im 14. Stock des Andreasturms. Auch Wartezeiten, im Spitalalltag oft unvermeidbar, sollten dort keine mehr auftreten. Ein paar Wünsche möchte er allerdings noch anmelden. Zum Beispiel den nach einem guten Kaffee: «Das ist eine der Freuden, die wir haben, wenn wir viereinhalb Stunden unbeweglich mit den Nadeln im Arm daliegen müssen».

Eingesandt von Katja Rauch

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