Christine Stokar: Die richtige für eine wichtige Wahl

Dreiundzwanzig Jahre lang war das Amt des Friedensrichters am Wipkingerplatz fest in der Hand von Robert Schönbächler. Nun tritt er zurück. Die SP schickt am 26. November Christine Stokar als Nachfolgerin ins Rennen. Zeit also, ihr vorher noch ein paar Fragen im «Wipkinger» zu stellen.

Christine Stokar, SP

Christine, du bist entschlossen, Friedensrichterin zu werden. Was für eine Friedensrichterin wirst du sein?

Vermutlich werde ich kein anderer Mensch sein als jetzt: wach, aufmerksam, gut zuhörend. Ich drücke mich klar und für die Rechtssuchenden verständlich aus und löse die sich mir stellenden Aufgaben engagiert. Ich werde also eine verantwortungsbewusste Friedensrichterin sein, die an einer einvernehmlichen Lösung interessiert ist. Und eine faire Arbeitgeberin, der das Wohl des kleinen Teams ein Anliegen ist.

Was kannst du besser als deine Mitbewerberin?

Wir sind beide fast gleich alt. Aber wir haben komplett verschiedene Berufs- und Lebenswege hinter uns: Ich machte eine Lehre und anschliessend Fortbildungen im sozialen und sozialtherapeutischen Bereich. Nebenberuflich absolvierte ich eine Handelsschule und war kaufmännisch tätig. Ich war Arbeitnehmerin, Selbstständigerwerbende mit eigener Praxis, Geschäftsführerin und Arbeitgeberin. Seit 1995 bin ich politisch aktiv. Ich war Mitglied der Sozialbehörde, war im Gemeinderat – wo ich der Geschäftsprüfungskommission angehörte – und heute bin ich Bezirksrätin. Ich bin Mutter einer erwachsenen Tochter.
In Höngg aufgewachsen, lebte und arbeitete ich rund dreissig Jahre lang in den Kreisen 6 oder 10.

Du bist Sozialdemokratin. Kannst du deine sozialdemokratische Haltung weiterhin aufrechterhalten, wenn du in einem Streit schlichten willst, bei dem du mit der einen Partei das Heu überhaupt nicht auf der gleichen Bühne hast?

Eine Friedensrichterin muss neutral sein, losgelöst ihrer politischen Sichtweise. Mein sozialdemokratisches Welt- und Menschenbild ist jedoch Teil von mir. Es zeigt sich darin, wie ich Menschen gegenübertrete, nämlich offen, interessiert und mit grossem Respekt. Früher in der GPK und jetzt im Bezirksrat bin ich Teil von Gremien mit sehr verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Haltungen, Meinungen und Zielen. Einen gemeinsamen Nenner mit Andersdenkenden zu suchen, ist für mich alltäglich und eine spannende Herausforderung zugleich. In meiner bisherigen Arbeit konnte ich ein gutes Sensorium dafür entwickeln, was machbar und umsetzbar ist. Friedensrichterliche Arbeit hat ein anderes Ziel als die politische. Für die Friedensrichterin stehen die Involvierten im Vordergrund – nicht meine Person mit meinen politischen Visionen, Wünschen und Vorstellungen. Als Friedensrichterin biete ich vielmehr den Streitparteien meine Werkzeuge an, mit dem Ziel, den Streit möglichst auf dieser Ebene beizulegen.

Müsste eine Friedensrichterin nicht Jus studiert haben?

Einen Streit im Rahmen des Schlichtungsverfahrens einvernehmlich beizulegen, erfordert juristische Kenntnisse, hohe Sozialkompetenz, reiche Berufs- und Lebenserfahrung und ein gutes Gespür für die Sorgen und Nöte der Rechtssuchenden. Rechtskenntnisse sind also wichtig – schliesslich gibt es auch mehrere Obergerichtsurteile, die Verfahrensmängel von Friedensrichtern rügen. Dank meiner Erfahrung als Geschäftsführerin, GPK-Mitglied und Bezirksrätin bringe ich die erforderlichen juristischen Kenntnisse mit. Doch juristisches Wissen alleine genügt noch nicht. Gerade wegen der Abschaffung des Laienrichtertums an den Gerichten ist es wichtig, dass im vorangehenden Sühneverfahren nicht nur eine rechtswissenschaftlich überzeugende, sondern vor allem auch bürgerfreundliche Lösung gefunden wird. Ich bin überzeugt, dass meine breite berufliche Erfahrung hier sehr wertvoll ist. Die Nachfolge von Robert Schönbächler wird fast sicher eine Frau sein. Ist es wichtig, dass jetzt eine Frau Friedensrichterin wird?
Derzeit gibt es in der Stadt vier Friedensrichter und zwei Friedensrichterinnen. Die SP stellt zwei Männer. Da schadet eine Frau sicher nicht.

Du bist noch nicht allzu lange Bezirksrätin. Ist es dir schon verleidet?

Ich überlegte mir den Schritt zur jetzigen Kandidatur sehr genau, denn das Amt der Bezirksrätin gefällt mir sehr. Es ist ein sehr spannendes Amt, welches in mir den Wunsch nach vermehrtem juristischen Arbeiten geweckt hat. Auch wenn ich bei einer erfolgreichen Friedensrichterinnenwahl als Bezirksrätin zurücktreten muss, ist es kein «Fort» vom Bezirksrat, sondern ein «Hin» zur Friedensrichterin. Mich reizt das Amt, der direkte Kontakt zu den Involvierten und den kleinen Betrieb selber zu organisieren. Jetzt, da meine erwachsene Tochter ausgezogen ist, habe ich den Freiraum, mich nochmals voll und ganz zu engagieren.

Die Fragen an Christine Stokar stellte Mathias Egloff, Gemeinderat SP10.

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