Das Feierabend-Parlament stösst an seine Grenzen

Die Ratsarbeit im Stadtzürcher Parlament nimmt kontinuierlich zu. Die Ratssitzungen ziehen sich in die Länge. Die Geschäfte stauen sich, finden dann aber keinen Abschluss, sondern werden zurückgewiesen. Austritte von Ratsmitgliedern häufen sich. Stösst das Feierabendparlament an seine Grenzen? Ein Gastbeitrag der EVP.

Im Saal der Bullingerkirche. (Foto: Parlamentsdienste)

Die EVP steht hinter dem Milizsystem. Es ist Ausdruck unseres Demokratieverständnisses und des Mitspracherechts der Bürgerinnen und Bürger. Es ist deshalb logisch, dass Mitglieder des Parlaments keine Verwaltungsfachkräfte im engeren Sinne sind. Sie müssen die Ratsgeschäfte prüfen und die Aufsicht über den Stadtrat und die Verwaltung wahrnehmen. Zunehmend versteht sich das Parlament aber, vor allem die linke Ratsseite, die notabene die überwiegende Mehrheit im Stadtrat stellt, als operative Leitung. So häufen sich Ablehnungen von Baugeschäften, einzig, weil sie den Maximalforderungen der linken Ratshälfte bei energetischen Vorgaben oder bei der Anzahl preisgünstiger Wohnungen nicht entsprechen.

Für viele Unternehmer und Investoren sind das keine ermutigenden Signale, um weiterhin in die Stadt Zürich zu investieren. Nicht die Gesetze sind daran schuld, sondern die Beliebigkeit der Ratsmehrheit im Gemeinderat. Ohne Planbarkeit und langfristige Verlässlichkeit wird es in Zukunft noch weniger Bauprojekte geben, was die so schon schwierige Lage auf dem Wohnungsmarkt zusätzlich erschweren wird. Dass sich Ratsmitglieder darum bemühen sollen, mit Fragen, Anregungen und Vorstössen Lösungen zu finden für Probleme, wie zum Beispiel die hohen Mietkosten, ist ein wichtiger Teil der Ratsarbeit. Es fehlt zurzeit jedoch das Fairplay und das richtige Mass. Es ist nicht fair, während des Spiels die Spielregeln zu ändern. Und es ist auch nicht die Aufgabe des Parlaments, operativ Einfluss auf die Arbeit des Stadtrats und der Verwaltung zu nehmen.

Natürlich kann und soll sich das Parlament zur Beurteilung eines Geschäftes fachspezifisches Wissen einholen, um seine Aufsichtspflicht wahrnehmen zu können. Seit den Erkenntnissen der PUK ERZ (Entsorgung + Recycling Zürich) ist das nun vermehrt möglich. Die operative Umsetzung ist jedoch Sache der Exekutive. Aufgrund der vielen Vorstösse kommt der Rat an seine Grenzen. Immer häufiger ziehen sich die Ratssitzungen in die Länge, oft bis nach 22 Uhr. Für jene, die im Berufsleben voll engagiert sind, ist diese hohe Sitzungskadenz nebst den Kommissionssitzungen und der politischen Basisarbeit in den Quartieren fast nicht mehr leistbar.

Da die Flut an Vorstössen nicht zu stoppen scheint, muss sich der Rat darüber Gedanken machen, wie er auch in Zukunft für die Parlamentsarbeit attraktiv bleiben und die Vereinbarkeit mit Beruf und Familie wahren kann.

Eingesandt von Claudia Rabelbauer, Gemeinderätin EVP

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