Das Wohnhaus Arche muss umziehen

In Wipkingen betreibt die Arche Zürich seit rund zwanzig Jahren ein Wohnhaus für Menschen mit Suchtproblemen und psychischen Erkrankungen. Doch demnächst müssen die Bewohnenden umziehen. Das fällt vielen nicht leicht.

Peter Vögelin ist seit 15 Jahren im Wohnhaus der Arche Zürich zu Hause. (Foto: das)

Das gemeinsame Mittagessen ist gerade vorbei, der Duft von Riz Casimir hängt noch in der Luft. In der Küche sind zwei Mitbewohnerinnen mit dem Abwasch beschäftigt. Im Gemeinschaftsraum wird geraucht und Kaffee getrunken, es herrscht eine behagliche Atmosphäre an diesem regnerischen Novembernachmittag.

Philipp Schneider, der Teamleiter des Wohnhauses, empfängt den «Wipkinger» und erklärt, wie das betreute Wohnen hier an der Waidstrasse organisiert ist: «Das Ziel unserer Einrichtung», erklärt Schneider, «ist es, Wohnraum zu schaffen, der Menschen in schwierigen Lebenssituationen Stabilität und Sicherheit bietet.»

Dabei ist das Wohnhaus, das zur sozialen Institution der Arche Zürich gehört, keine therapeutische Einrichtung, es geht nicht primär um das Heilen von Erkrankungen. Auch Abstinenz ist keine Bedingung für den Aufenthalt. Vielmehr decke das Angebot die Grundbedürfnisse ab und verhindere, dass Betroffene in die Obdachlosigkeit geraten: «Mit dem betreuten Wohnen schaffen wir zunächst einmal die notwendigen Rahmenbedingungen, damit die Betroffenen überhaupt die Möglichkeit und Energie haben, über einen Entzug nachzudenken.»

Individuelle Betreuung

15 Menschen leben hier gemeinsam, jeweils zu zweit oder zu dritt, in einer kleinen Wohnung, verteilt auf drei Stockwerke. Ein fünfköpfiges Betreuungsteam ist während der Woche tagsüber vor Ort und unterstützt die Bewohnenden. Auch nachts und am
Wochenende ist das Team in Notfällen jederzeit telefonisch erreichbar. Mittags wird für alle gekocht, wer möchte, kann am Essen teilnehmen.

Ansonsten leben alle selbstständig, haben komplett eingerichtete Wohnungen. «Wir bieten hier eine Mischung aus Betreuung und Selbstständigkeit an», so Schneider. Was für Hilfe gebraucht wird, ist sehr unterschiedlich. Für manche der Bewohnenden ist es wichtig, dass ihre Medikamente verwaltet werden, andere wünschen Begleitung bei Arztbesuchen oder nehmen Unterstützung bei der Reinigung ihrer Räume in Anspruch. Auch für Gespräche oder Beratungen sind die Mitarbeitenden jederzeit da.

Wollishofen statt Wipkingen

Doch nun stehen gravierende Veränderungen bevor. Anfang 2026 muss das Wohnhaus umziehen. Ein grosser Einschnitt für das Team und insbesondere die Bewohnenden, der zudem völlig unerwartet eintraf. Glücklicherweise konnte mittlerweile in Wollishofen ein Haus zur Miete gefunden werden, in dem alle Platz finden.

«Mit diesem Wohnhaus», freut sich Schneider, «hatten wir wirklich Glück im Unglück. Doch eigentlich wäre es aus unserer Sicht wünschenswert, ein Objekt zu finden, das zum Verkauf steht, das wir nach unseren Bedürfnissen einrichten könnten. So würden wir nicht Gefahr laufen, wieder nach ein paar Jahren umziehen zu müssen. Bis jetzt hat sich eine solche Möglichkeit noch nicht geboten.»

In Wipkingen zu Hause

Einer der langjährigen Bewohner der Arche ist Peter Vögelin. Er ist hier seit 15 Jahren zu Hause. Vögelin kam damals zufällig vorbei und begegnete Connie, die bereits da lebte. Es war «Liebe auf den ersten Blick», erinnert er sich. Einige Zeit später konnte er gemeinsam mit Connie eine Wohnung im Haus beziehen.

Im Quartier ist er mittlerweile stark verwurzelt: «Wipkingen ist meine Heimat, mein ganzes Leben spielt sich hier ab. Connie und ich haben gute Kontakte zur Nachbarschaft und unsere kleine Hündin Sari hat geholfen, Freundschaften zu anderen «Hündelern» in Wipkingen zu schliessen», erklärt er.

Doch diesen Sommer hat sich sein Leben auf dramatische Weise verändert: Aufgrund einer Infektion verstarb Connie an einem Multiorganversagen. Ihr Tod hat Vögelin schwer getroffen: «Connie war für mich eine grosse Stütze, sie hat mir sehr viel über das Leben beigebracht und fehlt mir unendlich.

Momentan bin ich mit allem ziemlich überfordert, das Räumen ihres Zimmers, die Tatsache, dass ich nun ganz alleine auf mich gestellt bin, die Sorge für unseren Hund, das sind alles grosse Belastungen.» Und demnächst droht nun noch der Umzug: «Ich habe das Gefühl, mein Leben bröckelt gerade so dahin», beschreibt er seine Emotionen.

Alles in Wipkingen aufzugeben, das vertraute Umfeld zu verlassen, die Kontakte hinter sich zu lassen und am neuen Wohnort von vorne zu beginnen, das fällt ihm sehr schwer. Doch eine Alternative bietet sich ihm nicht wirklich: «Wenn es ginge, würde ich mir liebend gern eine eigene Wohnung suchen – aber das ist auf dem heutigen Wohnungsmarkt, mit meiner nicht ganz einfachen Lebensgeschichte wahrscheinlich sehr schwierig».

Stabilität wäre wichtig

So wie Vögelin geht es vielen der Bewohnenden. «Wechsel und Umzüge sind für sie schwierig», erklärt Schneider. «Wenn es darum geht, feste Strukturen und Kontinuität in ein bewegtes Leben zu bringen, sind solche Herausforderungen nur schwer zu bewältigen.» Was den Betroffenen bleibt, ist die Hoffnung auf Stabilität am neuen Ort. Oder die Möglichkeit, doch noch ein Haus zu finden, das käuflich erworben werden kann.

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