«Den schwierigen Alltag unterbrechen»

Ein «ALZ-Gipfeltreffen» für Demenz-Betroffene sowie ein Chor für Menschen mit und ohne Demenz: In Wipkingen entstehen zwei neue Angebote in der Trägerschaft von Alzheimer Zürich.

Demenz kann einsam machen: Betroffene ziehen sich oft zurück. (Foto: Pfarrei Guthirt)

«Viele Demenz-Betroffene und ihre Angehörigen ziehen sich zurück», weiss Ärztin Irene Bopp-Kistler. Sie versuchen Situationen zu vermeiden, in denen ihre Vergesslichkeit zum Vorschein kommt. Zwei neue Angebote sollen diesem Rückzug entgegenwirken: ein wöchentliches «ALZ-Gipfeltreffen» (ALZ steht für Alzheimer) und ein Chor für Menschen mit und ohne Demenz. Beide finden wöchentlich im Pfarreizentrum Guthirt statt, beide werden von Fachpersonen initiiert und – teils ehrenamtlich – geleitet. Zudem haben beide in «Alzheimer Zürich» eine fachkundige Trägerschaft gefunden. Auch Irene Bopp-Kistler engagiert sich für das Projekt. Sie ist Ärztin mit Schwerpunkt Geriatrie, hat die Memory-Klinik im Stadtspital Waid mitgegründet und über Jahrzehnte geleitet. Nach ihrer Pensionierung engagiert sie sich beruflich wie auch freiwillig für Menschen mit Demenz – in ihrer Praxistätigkeit wie auch als Impulsgeberin des «ALZ-Gipfeltreffens» in Wipkingen.

Ein halber Tag miteinander

Im «ALZ-Gipfeltreffen» treffen sich Gleichgesinnte wöchentlich zu einem Mittagessen in einem Wipkinger Restaurant und verbringen anschliessend unter fachkundiger Leitung einen Nachmittag mit Diskussionen, Austausch, Philosophieren, Spielen, Rätseln, Sich erinnern, Bewegung in der Natur oder kreativer Tätigkeit. Damit kann die Erhaltung der Fähigkeiten gezielt unterstützt, das Selbstvertrauen gestärkt und das Wohlbefinden gefördert werden.
«Alzheimer Zürich» bietet im Kanton Zürich bereits mehrere «ALZ-Gipfeltreffen» an, aber bisher keines auf Stadtgebiet. Jenes in Wipkingen wird von Irena Cavelti (pensionierte Sozialarbeiterin) und Barbara Otth (Pflegefachfrau) geleitet sowie von Freiwilligen unterstützt. Das Angebot richtet sich an leicht und mittelschwer Demenzbetroffene. Die Gipfeltreffen finden ab März jeden Montag von 11.30 bis 16.30 Uhr im Pfarreizentrum Guthirt statt.

Chor für Menschen mit und ohne Demenz

Nicht nur das Gipfeltreffen soll Betroffene unterstützen, sondern auch Musik. Peter Baumann ist pensionierter Kirchenmusiker von der Pfarrei Guthirt. Er hat fast ein halbes Jahrhundert Chorerfahrung auf verschiedenen Stufen und ist Initiant eines neuen Chors für Menschen mit und ohne Demenz. «Es geht darum, den schwierigen Alltag dieser Menschen einmal in der Woche zu unterbrechen und über das Musizieren in Gemeinschaft Lebenssinn und Lebensfreude zu wecken», sagt er. Mit Musik können sich oft selbst Menschen mit Sprachstörungen ausdrücken. Wer täglich mit zunehmenden Defiziten umgehen muss, für den ist dies ein Erfolgserlebnis. Irene Bopp-Kistler unterstützt das Projekt: «Das musikalische Gedächtnis bleibt bei Demenzerkrankten bewahrt, die Musik stimuliert weitere Hirnfunktionen. Deswegen ist Singen Balsam für Seele und Geist.»
Gesungen werden bekannte Lieder verschiedener Stilrichtungen, vom Volkslied bis zum Schlager. Sie werden bei Bedarf auch mal in geeignetem Rahmen aufgeführt. Aber: Das Vergnügen am gemeinsamen Musizieren steht im Vordergrund. Es soll Betroffenen Ausdrucksmöglichkeiten und Perspektiven eröffnen. «Dadurch, dass auch nicht demente Personen mitsingen, leistet das Chorprojekt zudem einen Beitrag zur Inklusion», sagt Peter Baumann. Pausen werden ausreichend eingeplant und Betroffene sollen bei Bedarf von einer Begleitperson betreut werden. Weitere Interessierte, ob als Sängerinnen und Sänger oder als Freiwillige im Kaffee-Service, sind ebenfalls herzlich willkommen! Die Chorproben finden ab 26. Januar jeweils donnerstags um 14 Uhr im Pfarreizentrum Guthirt statt.

«Alzheimer Zürich», ein starker Partner

Beiden Projekten stellt die Katholische Kirchgemeinde Guthirt wöchentlich Räumlichkeiten im Pfarreizentrum zur Verfügung. Und beide Initiativen haben in «Alzheimer Zürich» einen kompetenten Partner gefunden, der sich um die Administration kümmert, die Angebote fachlich unterstützt und für Werbung und Finanzierung besorgt ist. Für Beatrice Gfeller, Mitglied der Geschäftsleitung von «Alzheimer Zürich», ist es wichtig, dass Demenz-Betroffene am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Und das nicht nur als Geduldete: «Demenzbetroffene sollen sich eingeladen fühlen und so teilnehmen können, dass ihre Defizite nicht im Vordergrund stehen.»

Info-Abend für beide Angebote
Wer mehr wissen will über die beiden Projekte oder über Demenz allgemein, wird fündig an einem Start-Anlass am Mittwoch, 18. Januar, um 19 Uhr, im Pfarreizentrum Guthirt. Mit Regula Bockstaller wird eine erfahrene Fachperson über die «Gipfeltreffen» informieren, Peter Baumann stellt das Chorprojekt vor. «Alzheimer Zürich» gibt Auskunft zum Thema. Kontakt: irene.bopp-kistler@bluewin.ch.

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