Der Lehrbeginn ist eine Herausforderung

Ende August haben viele Jugendliche ihre Lehre angetreten. Die Erwartungen des Lehrbetriebs, die Verantwortung des Berufsalltags sowie die schulischen Anforderungen sind hoch. Die Integrationsleistung der Lehrbetriebe ist enorm, bringt diese aber teils an ihre Grenzen. Ein Gastbeitrag der EVP Stadt Zürich.

Beim Berufseinstieg werden Jugendliche oft «über Nacht» erwachsen. (Foto: Pixabay)

Von Claudia Rabelbauer, Gemeinderätin EVP Stadt Zürich

Junge Menschen in ihren ersten Berufsschritten zu begleiten ist eine grosse und erfüllende Aufgabe. Schwierig wird es, wenn die Jugendlichen so grosse private Probleme haben, dass diese sich unweigerlich auf ihre Arbeitshaltung und Leistung im Betrieb auswirken. Krankheitsabsenzen häufen sich, zu spätes Erscheinen am Arbeitsplatz wird zur Gewohnheit und Lehraufträge werden nur teilweise oder gar nicht erledigt.

In vielen Fällen liegen die Ursachen im privaten und familiären Umfeld, das seinerseits mit der Situation überfordert ist. Eltern sind teils mit ihrem eigenen Leben und Alltag so gefordert, dass sie wenig bis keine Kraft und Zeit für ihre Schützlinge haben. Beim Berufseinstieg müssen sich die Jugendlichen über Nacht in junge Erwachsene verwandeln und mit ihrem Berufsalltag nun selber klarkommen. Bei Familien mit Migrationshintergrund kommen noch Sprach- und Kulturverständnisprobleme hinzu.

Die Lehrbetriebe haben ihrerseits wenig Kapazität, Jugendliche mit privaten und familiären Problemen zu unterstützen, sehen es zuweilen auch gar nicht als ihre Aufgabe an. Soll doch im professionellen Berufsalltag das Private und Berufliche getrennt werden. Wachsen die Probleme jedoch über den Kopf hinaus, gibt es oft keinen anderen Ausweg als das Auflösen des Lehrverhältnisses, was für beide Seiten schwierig ist.

Für den Lehrbetrieb und die Berufsschule ist es mit Umtrieben, für die Berufseinsteiger mit grossen Sorgen, Versagens- und Verlustängsten verbunden. Wen wundert es, wenn Jugendliche psychisch angeschlagen sind und mit dem Leben nicht klarkommen.

Niederschwellige Angebote

Die EVP hat deshalb im Gemeinderat einen Vorstoss der Mitte unterstützt, der die Schaffung von mehr Therapieplätzen für Jugendliche fordert. Das ist wichtig, doch ob dies genügt, ist fraglich. Die Lehrbetriebe haben eine enorm wichtige Integrationskraft und müssten für diese Aufgabe von der Politik unterstützt werden. Es braucht niederschwellige Angebote für Coachings und Begleitung der Jugendlichen, die Probleme haben und eine engere Betreuung brauchen, welche die Lehrbetriebe teils aus zeitlichen oder fachlichen Gründen nicht bieten können.

In der Schule haben sich Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen heute etabliert. Vielleicht müssten nun auch Stellen für Lehrbetriebe geschaffen werden, sogenannte Lehrbetriebssozialarbeitende, auf die Lehrbetriebe niederschwellig und nach Bedarf zugreifen könnten.

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