Die Kirche Letten hat (einen) Platz für vieles

Seit einem Jahr wohne ich nun neben der Kirche Letten und kann sie samt ihrer Umgebung noch einmal ganz anders wahrnehmen.

Neben den kirchlichen Veranstaltungen singen in ihrem Inneren Chöre und treffen sich Gruppen, und auf dem Vorplatz ist kaum weniger los – gerade weil er kein öffentlicher Parkplatz ist: Jogger erfrischen sich am Brunnen, Seniorinnen halten auf den Bänken einen Schwatz und Kinder drehen ihre Runden auf Laufrädern und Kickboards. Mich freut diese Vielfalt immer wieder, denn das verwebt die Kirche mit dem Quartier, bringt Leben in die Innen- und Aussenräume.

Gewiss: Covid-19 hat eine Zeit lang vieles gestoppt und fordert nun Anpassungen bei fast allem, was nun wieder in Gang kommt. Vorläufig können nur rund 40 Personen an den Gottesdiensten teilnehmen, gemeinsames Essen kann erst nach einigen Vorkehrungen wieder angeboten werden, und vielleicht wird eher mal draussen gesungen. Ein Blick auf die Homepage lohnt sich daher zusätzlich! Apropos: Für manche Sitzung oder Probe sind virtuelle Räume erschlossen worden, doch ist der reale Platz deswegen nicht weniger bevölkert, eher etwas mehr. Schön jedenfalls, wenn die Kirche als Lebensraum wahrgenommen wird!

Auch das Grün um die Lettenkirche gehört zu diesem Lebensraum: Die Brache für Pionierpflanzen an der Wasserwerkstrasse, entstanden aus dem Anliegen, der Natur Rückzugsgebiete in der Stadt zu gewähren, wo Vögel brüten, Schmetterlinge Nektar finden. Dies eingeordnet der Schöpfungsthematik, der jedes Jahr mindestens einmal im September in einem besonderen Gottesdienst gedacht wird. Dann ist da auch die Rosenhecke, die Menschen im Vorbeigehen ebenso erfreut wie die Glyzinien auf der Pergola. Oder die Rasenfläche mit dem kleinen Spielplatz und die Bepflanzung vor der Kirche. Ergänzt vielleicht schon bald ein kleiner biblischer Garten das Ensemble?

Als Kirchgemeinde Zürich und Kirchenkreis 6 setzen wir uns dafür ein, dass hier unterschiedliche Angebote für diverse Zielgruppen angesiedelt sind und diese wiederum untereinander vernetzt sind: Besonders regelmässig besuchen viele Seniorinnen und Senioren den Letten, sei es für einen Seniorennachmittag, einen Mittagstisch oder ein Treffen von Freiwilligen. Im Zusammenhang mit Unterricht, El-Ki-Singen und Kolibri sausen aber während der Woche und am Samstag auch immer wieder Kinder um das schlichte Backsteingebäude. Schön, dass im neuen Schuljahr bewährte Kräfte und frisches Personal voller Elan (siehe Porträts) diese Angebote begleiten! Sonntagsgottesdienste etwa alle zwei Wochen und das wöchentliche Friedensgebet jeden Mittwoch laden ein zur Besinnung. Vor allem aber ist die Kirche nicht nur zur Corona-Zeit Dienstag bis Donnerstag jeden Tag geöffnet für persönliche Einkehr, der Vorplatz mit dem Brunnen bietet sowieso eine Gelegenheit zum Ausruhen oder Plaudern.

Ganz wichtig bei all dem: Der Platz vor und in der Kirche ist auch Sinnbild für den Freiraum an diesem Ort. Für ein offenes Ohr bei Sorgen, für eine weite Diskussion von Fragen, für Offenheit gegenüber neuen Ideen, für den ökumenischen Dialog. Und natürlich schlicht und einfach für das Willkommen gegenüber allem, was Menschen hier mit Respekt gegenüber anderen und der Umgebung miteinander teilen: Begegnung, Spiel, Gespräch… Vielleicht treffen wir uns hier sogar einmal persönlich?
Autorin?

Es ist immer wieder spannend, Wipkingen auch in der Dimension der Zeit zu betrachten. Kurt Gammeter und Martin Bürlimann erforschen seit Jahren die Geschichte des Quartiers, dokumentieren sie vor allem auch mit seltenen und überraschenden Bildern aus früheren Zeiten, Fotos, Plänen, Ansichtskarten von damals. Noch vor Covid-19 als Seniorennachmittag geplant, halten sie am Donnerstag, 25. Juni 2020, um 14. 30 Uhr ihren Bildervortrag in der Kirche Letten. Wetten, dass Sie da etwas über Wipkingen erfahren, was Sie noch nicht gewusst haben?

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