Die Lichtkläuse gingen um

Was den Appenzellern ihre Silvesterkläuse, sind den Wipkingern die Lichtkläuse. Zumindest beinahe. Jeweils um den St. Nikolaus Tag bringen sie auf ihrem Umzug durchs Quartier Licht ins Dunkle.

Hale Bopp, Weihnachtsbaum und Lichtkläuse: Der Röschibachplatz im Lichterglanz.
Der Schmutzli wird genau beobachtet: Was zieht er wohl aus dem Sack?
Mit etwas mehr Sicht als nur durch die früheren Augenschlitze findet sich der Weg besser.
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Lange bevor das Auge etwas erkennen kann, dringt das Bimmeln, Tröten und Hornen durch die Dunkelheit. Es sind die Lichtkläuse. Angeführt vom Samichlaus, marschieren sicher 40 weiss verhüllte Gestalten vom Pflegezentrum Käferberg den Waidfussweg hinunter zur Trottenstrasse und über die Rosengartenbrücke. Sie tragen hohe Hüte mit eingeritzten, farbig hinterlegten Ornamenten, durch die das Licht schimmert. Schliesslich biegt der Umzug, unter Beobachtung der Anwohner, die vom ungewohnten Lärm auf die Balkone und an die Fenster gelockt worden sind, in die Landenbergstrasse ein. Auf dem Röschibachplatz wird Halt gemacht, hier warten bereits einige Eltern mit ihren Kindern. Eine Schar von Kindern umringt neugierig den Schmutzli und lässt ihn nicht aus den Augen. Was er wohl aus seinem Jutesack hervorholen wird?

Die bösen Geister vertreiben

Der Gebrauch des Wortes «Lärm» ist übrigens nicht despektierlich gemeint: In vielen Winterbräuchen spielt er eine zentrale Rolle, denn er soll dabei helfen, die bösen Geister zu vertreiben. Hier in Wipkingen bringen die Kläuse jeweils um den St. Nikolaus Tag herum den Menschen ihr Licht, so will es der Brauch. Während die hohen Lichthüte eine Referenz des christlichen Glaubens und der bischöflichen Mitra nachgebildet sind, haben die Hörner und Glocken einen heidnischen Ursprung. Vor genau 90 Jahren hatte der Jugendschriftsteller und Pädagoge Fritz Brunnen den Wipkinger Lichtklausumzug ins Leben gerufen. Damals waren es die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe Milchbuck, die mit verzierten Lichthüten und Glocken durch das Quartier zogen. Seit 1992 sind das Pflegezentrum Käferberg und das Schulungszentrum der Stadt Zürich um den Erhalt dieser Tradition bemüht. Neben den Mitgliedern verschiedener Vereine und Organisationen laufen deshalb auch viele Mitarbeitende des Pflegezentrums am Umzug mit. Sie sind es auch, die sich um die Restaurierung und die Pflege der aufwendig fabrizierten Hüte kümmern. Wer sich anmeldet, kriegt jeweils Hemd und Hut zur Verfügung gestellt. In den letzten Jahren engagierte sich der Quartierverein Wipkingen ebenfalls für die Lichtkläuse und konnte so vermehrt Quartierbewohner zur Teilnahme animieren.

Raclette zum Dank

Bereits kommt wieder Bewegung in die Truppe: Die letzte und anstrengendste Etappe steht bevor: Der Marsch zurück auf den Käferberg. Eine Verbesserung an den Masken wurde vor einiger Zeit umgesetzt, als man die Schlitze für Augen und Mund durch ein grosses Loch für das ganze Gesicht ersetzte. Das erleichterte schon vieles, doch auch wenn die Hüte nicht schwer sind, drückt hier eine Kante auf die Nase, ritzt dort eine Ecke die von der Kälte empfindliche Haut. Als die tapferen Klausfrauen und -Männer nach einer Stunde in der Kälte, mit Tinnitus und steifem Nacken, ihre stolzen Hüte wieder ablegen, ist das feine Raclette hoch verdient, das das Pflegezentrum Käferberg allen Teilnehmenden offeriert. Auch das hat Tradition.

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