Die Menschen zum Nachdenken anregen

Andrea Vetsch ist Tagesschau-Moderatorin aus Leidenschaft. Privat lebt sie mit ihrer Familie in Wipkingen und fühlt sich hier rundum wohl.

1
Andrea Vetsch lebt seit 10 Jahren in Wipkingen – und es gibt nichts, was sie hier vermisst.

Zum Gespräch traf sich Andrea Vetsch im November mit dem «Wipkinger» im «Café des Amis», nur wenige hundert Meter von ihrem Zuhause entfernt. Hier lebt sie bereits seit über zehn Jahren – und ist begeistert. «Ich habe damals diese Wohnung in Wipkingen besichtigt und mich direkt in sie verliebt», erinnert sich die 45jährige. Gemeinsam mit ihrem Partner bewarb sie sich um die Wohnung, erhielt aber zunächst keine Zusage. «Trotzdem ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf», so Vetsch. Sie schrieb deshalb dem Vermieter einen Brief, in dem sie erklärte, wie gerne sie hier wohnen würde. Das funktionierte. Kurz darauf erhielt sie von ihm eine Antwort, dass im selben Haus eine identische Wohnung freigeworden sei. Sie ergriffen die Chance und sind seither hier zu Hause. 2013 wurde ihre Tochter geboren. «Die Hausgemeinschaft ist toll, hier wohnen mehrere Familien mit Kinder im ähnlichen Alter wie unsere Tochter. Gemeinsam pflegen und nutzen wir den grossen Garten rund um unser Haus.» Man kenne und schätze sich in der Nachbarschaft und verbringe so manch gemütliche Stunden miteinander. Das Leben in Wipkingen, so erklärt sie, sei für sie eine ideale Kombination aus der dörflichen Geborgenheit, wie sie sie aus ihrer Kindheit kenne, und gleichzeitig all den Vorzügen des Stadtlebens.

Unbeschwerte Kindheit

Aufgewachsen ist sie nämlich ziemlich weit ausserhalb der Stadt Zürich, in Bachenbülach. Die Nachbarn hatten einen Haflinger, Ziegen sowie einen Esel. Mit diesen Tieren verbrachte sie als Kind viel Zeit, lernte zunächst, im Stall auszuhelfen und später auch das Reiten. Die Kinder der Nachbarschaft spielten draussen zwischen den Häusern «Schiitliverbrännis» oder «Rote Zora», bauten Hütten und waren viel im Wald – eine typische Kindheit der Achtzigerjahre. Nach der Primarschule besuchte sie die «Kanti Bülach» – eine gute Schule, wie Vetsch findet. Etwas kompliziert sei nur gewesen, dass ihr Vater an derselben Schule Lehrer war, «das war für mich nicht immer ganz entspannt. Schwänzen konnte ich so beispielsweise eigentlich nie – wenn ich irgendeinen Blödsinn gemacht habe, wurde das immer gleich an meinen Vater weitergetragen», schmunzelt sie.

Willkommen in der Realität

Nach der Schule sammelte sie erst einmal Berufserfahrung und verdiente sich ihr eigenes Geld – als Serviceangestellte im «Palavrion». Ein Jahr lang bediente sie hier die Gäste und «lernte eine ganz andere Realität kennen als die behütete Welt der Kantischüler», wie sie erklärt. Sehr anstrengend sei der Job gewesen, doch mit dem ersparten Geld konnte sie sich einen Traum erfüllen und eine Reise nach Australien finanzieren. Hier absolvierte sie nicht nur die Prüfung zum «Advanced Certificate» in Englisch, sondern nahm sich auch die Zeit für eine Rundreise durchs Land, eine Erfahrung, die sie als sehr bereichernd und wichtig für die persönliche Entwicklung empfunden hat.

Kommunikation aus Leidenschaft

In welche Richtung es sie beruflich verschlagen würde, sei schon immer mehr oder weniger klar gewesen. Nicht, dass sie von Anfang an zum Fernsehen hatte gehen wollen, aber ein Beruf, der mit Sprachen zu tun hat, «etwas im Bereich der Kommunikation», das war ihr wichtig. «Schon als Kind habe ich sehr gerne gelesen und vor allem auch vorgelesen. Zu Hause habe ich mich und meine Familie damit unterhalten, dass ich alles laut vorgelesen habe, was mir begegnete – sogar die Texte die auf den Cornflakes-Packungen aufgedruckt waren», so Vetsch. Kurz überlegte sie, aus Vernunftgründen Jura zu studieren, doch ihre Eltern überzeugten sie davon, dass sie etwas studieren solle, das ihr auch wirklich Spass mache. Also wählte sie Germanistik mit Sozialpädagogik und Publizistik in den Nebenfächern.

 Seit 20 Jahren SRF

Noch während des Studiums begann sie mit einem Nebenjob beim Schweizer Fernsehen – als Produktionsassistentin der Nachrichtensendung «10 vor 10». Seither ist sie ihrem Arbeitgeber treu geblieben. «Eigentlich sage ich zwar immer mal wieder, dass auch mal Zeit wäre für etwas anderes, aber dann tut sich immer wieder eine neue Tür beim Fernsehen auf und ich bleibe doch», schmunzelt sie. Von der Produktionsassistentin bei «10 vor 10» über die Tagesschau-Redaktion und das Magazin «Schweizweit» auf 3Sat hat sie in den vergangenen Jahren schon so einige Stationen durchlaufen. Von 2014 bis Anfang 2020 war sie Moderatorin bei «10 vor 10», seit dem Frühling 2020 moderiert sie nun die Hauptausgabe der Tagesschau. Der Wechsel erfolgte nicht zuletzt wegen der Arbeitszeiten, die bei der Tagesschau etwas besser mit Familie zu vereinbaren sind als bei «10 vor 10». «Ich bin ehrlich gesagt nicht wirklich ein Nachtmensch, die Tage waren mir bei <10 vor 10> oft eigentlich zu lang», erläutert sie ihre Beweggründe.

Auftrag: Interesse wecken

Doch auch die Tatsache, dass die Tagesschau um 19.30 Uhr die meistgesehene Sendung des Schweizer Fernsehens ist, war für sie natürlich interessant. Vetsch arbeitet nun in einem 80-Prozent -Pensum bei der Tagesschau und ist von ihrer Tätigkeit nach wie vor begeistert:  «Der Job der Moderatorin ist extrem vielseitig», meint sie. Anders als früher, so berichtet sie, als die Moderator*innen die vorproduzierten Texte lediglich ablesen mussten, seien Moderator*innen heute selbst Journalist*innen und ihr Job umfasse auch die Recherche, das Zusammenstellen der Informationen, das Schreiben der eigenen Moderation sowie das Erstellen eigener Beiträge. «Als meine Aufgabe als Moderatorin verstehe ich es, das Interesse der Zuschauer*innen für ein bestimmtes Thema zu wecken, das Wesentliche dieses Themas zu erkennen und die Zuschauer*innen anzuregen, darüber nachzudenken», beschreibt sie die Faszination für ihre Tätigkeit.

Seriös informieren in der Krise

Gerade jetzt, in der Corona-Zeit, sei ihr Job ganz besonders herausfordernd, erzählt Vetsch. Die Einschaltquoten bei der Tagesschau sind seit Beginn der Pandemie deutlich gestiegen – für sie ein Beweis dafür, dass die Menschen das Bedürfnis hätten, sich in der Krise aus seriöser Quelle zu informieren. Das sei für sie als Teil des Nachrichtenteams sehr erfreulich, gleichzeitig aber auch verpflichtend: «Wir haben den Auftrag, die Menschen möglichst umfassend zu informieren. Dabei müssen wir stets entscheiden, in welcher Form wir die Nachrichten weitergeben, um einerseits Panikmache zu vermeiden, aber dennoch aufzeigen zu können, dass die Situation ernst ist – eine alltägliche Gratwanderung», so Vetsch.

Weltgeschichte miterleben – oder Blumen verkaufen?

Dieses Gefühl, so am Puls der Zeit zu sein und direkt miterleben zu können, was die Welt bewegt, das ist ein weiterer Punkt, den die Moderatorin an ihrem Job schätzt. «Historische Momente im Studio miterleben zu dürfen, das ist schon etwas ganz Besonderes», erklärt sie. «Manche Tage vergisst man einfach nicht mehr – die schönen, aber natürlich leider auch die schrecklichen», so Vetsch weiter.
Und was wird passieren, wenn sie dann doch irgendwann einmal genug hat von dem Stress und dem Trubel bei der Tagesschau? Dann, so Vetsch, wolle sie in Wipkingen eine Blumenhandlung eröffnen. Mit integriertem Café und Bibliothek.

1 Kommentare


Alex Häne

5. September 2023  —  10:06 Uhr

Liebe Frau Vetsch

Schade, wenn Sie das Fernsehen verlassen würden. Sie passen perfekt in dieses Medium.

Lieber Gruss
Alex Häne, ex Schulmeister

Themen entdecken