Die Stadt mit einem teuren Loch flicken?

Am 9. Februar 2020 stimmen wir über das Rosengartenprojekt ab. Mathias Egloff hat mit zwei Frauen aus Wipkingen ein spontanes Gespräch geführt, die sich eindeutig zum Projekt äussern. Isolde Schaad ist Schriftstellerin und langjährige Bewohnerin der Genossenschaft Neuland an der Scheffelstrasse in Wipkingen. Simone Brander ist Gemeinderätin in Wipkingen und Umweltfachfrau.

Alles, was Wipkingen so attraktiv macht, ist durch den Rosengarten-Tunnel bedroht: Das beruhigte Quartier, der belebte Röschibachplatz und die lauschigen Gärten. Die Schriftstellerin Isolde Schaad, die an der Scheffelstrasse in einer selbst gegründeten Genossenschaft wohnt, findet es verwerflich, Wipkingen mit so einem Auto-Projekt zu zerstören.
Mit dem schönen neuen Röschibachplatz wäre für mindestens zehn Jahre Schluss, weil hier der Umleitungsverkehr während der Bauzeit durchgeschleust würde.
1/2

Isolde Schaad, wo und wie betrifft dich das Projekt Rosengarten?

Isolde Schaad: Es gibt zwei Riesenlöcher im Quartier, 30% des Irchelparks wird zerstört und mit ihm andere lauschige Gärten. Auch das Portal Bucheggplatz kostet Grün- und Freiraum. Das 21. Jahrhundert ist dazu da, die Natur zu reparieren. Jetzt nehmen wir das Projekt aus den 70er-Jahren und machen alles schlimmer. Ich empfinde es als Faustschlag ins Gesicht der Stimmbürger*innen, die der 2000 Watt Gesellschaft zugestimmt haben. Dass der rot-grüne Stadtrat dem Projekt nicht entgegentritt, ist verwerflich.

Wie meinst du das?

Die Infrastruktur für das Auto ist ja längstens erstellt, jetzt braucht es Rückbau und Reparatur. Es ist schon alles da. 57000 Autos fahren hier jeden Tag, davon 60 – 70% Regionalverkehr: daran wird sich ja gar nichts ändern – im Gegenteil.

Du sprichst hier bewusst als Mitglied in einer der vielen Genossenschaften in Wipkingen?

Vor 40 Jahren haben wir unsere Genossenschaft gegründet, denn hier wollen wir sein und selbstverwaltet alt werden und sterben. Dies ist unser Lebensraum, der uns nicht weggenommen werden kann – haben wir gedacht.
Aber jetzt mit 75 wird er mir doch weggenommen durch den Umleitungsverkehr, der während der Bauzeit von zehn Jahren oder mehr durchs Quartier geleitet wird. Ich konnte den Beruf als Schriftstellerin ausüben, weil wir selbstverwaltet wohnen und insgesamt die Mieten günstig halten konnten. Früher war Autofahren ein emanzipatorischer Akt. Jetzt brauchen wir in diesem Jahrhundert eine andere Werthaltung.

Der Kanton sagt, mit dem Tunnel wird alles besser.

Es ist ein Betrug an der Jugend, ihnen diesen Tunnelmoloch aufzubürden, mit dem sie schon in zehn Jahren nichts mehr anfangen können. Jetzt, da sie sich engagieren, stösst man sie vor den Kopf.

Simone Brander, warum lehnst du trotzdem das Rosengartenprojekt ab, wo doch die Bevölkerung in Wipkingen heute stark unter dem Autoverkehr leidet?

Simone Brander: Ich wohne selbst in Wipkingen und stimme deshalb am 9. Februar 2020 überzeugt «Nein» zum Rosengarten-Projekt». Laut einer Umfrage des Quartiervereins Wipkingen lehnt die Bevölkerung das Projekt ab. Die horrenden Kosten von 1,1 Milliarden Franken oder mehr, lassen doch viele leer schlucken. Das Bundesamt für Raumentwicklung hat den Nutzen des Projekts im Verhältnis zu den Kosten als «ungenügend» bezeichnet. Denn nach einer jahrelangen, gigantischen Baustelle mit Umleitungsverkehr über den Röschibachplatz fährt kein einziges Auto weniger durchs Quartier. Für mich als Umweltnaturwissenschafterin ist klar, dass wir heute in eine klimafreundliche Zukunft investieren müssen, statt Geld in ein Betonprojekt aus den 1970er-Jahren zu verlochen. Für ein Wipkingen mit weniger Autos, weniger Lärm, weniger Abgasen.

www.Rosengarten-nein.ch

0 Kommentare


Themen entdecken