«Ding Dong» – Grüss Gott, wir sind die Neuen

Nach einer längeren Phase der Veränderung präsentiert sich das Seelsorgeteam der Pfarrei Guthirt in einer neuen Zusammensetzung. Die Übergangszeit ist damit endlich vorbei.

Marcel von Holzen, Petra Mühlhäuser und Cornelia Luntzer werden bald auch in einer Bar im Glockenturm anzutreffen sein.

Mit dem Weggang von Pfarrer Beat Häfliger und weiteren Angestellten ging im Herbst 2021 eine Ära zu Ende. Damit stand eine umfangreiche Neubesetzung an. In einer Zeit von Mangel an Priestern und kirchlichen Mitarbeitenden keine leichte Aufgabe. Doch der Zufall half bei der Suche mit. Das neue Seelsorgeteam Marcel von Holzen, Cornelia Luntzer und Petra Mühlhäuser im Interview.

Herr von Holzen, Sie waren bis vor Kurzem Pfarrer der Katholischen Kirche Höngg. Fiel Ihnen der Wechsel von Heilig Geist nach Guthirt schwer?

Marcel von Holzen: Ja und nein. Einerseits trennen gerade mal zwei Kilometer unsere Kirchen. So gesehen war es kein grosser Schritt. Anderseits unterscheiden sich das grosse Dorf Höngg und das quirlig-städtische Wipkingen voneinander, sodass ich mich in einer neuen Umgebung zurechtfinden muss. Da ich mit einem 20-Prozent-Pensum in Höngg angestellt bleibe, fasziniert mich gerade dieser Mix. Für viele Höngger Pfarreimitglieder war meine Verlagerung nach Guthirt jedoch nicht erfreulich – gefühlsmässig mussten sie den Pfarrer hergeben. Dafür haben sie nun einen Gemeindeleiter, den langjährigen Seelsorger Matthias Braun. Und die Möglichkeit der engeren Kooperation zwischen beiden Kirchen sehe ich als Zukunftschance.

Als Pfarrer verkörpern Sie für viele das «traditionelle Kirchenbild». Sind Sie ein Bewahrer oder Neuerer?

Ich bin ein «Seiender» (lacht). Das heisst, ich bringe mich als Mensch ein, so wie ich bin. Ich schätze und pflege den Reichtum der Traditionen, sehe mich aber auch als Freigeist, der einen Dialog mit allen anstrebt. Anders gesagt: In der Pfarrei Guthirt soll ganz Unterschiedliches Platz haben: klassische Gottesdienste wie alternative Feiern, Lebensfragen und LGBTQ-Anliegen, Gesellschafts- und Umweltthemen, Kulturelles und Künstlerisches. Ein lebendiger Begegnungsort.

Frau Luntzer, Sie sind ebenfalls aus der Nähe, aus dem Kreis 4, nach Wipkingen gekommen. Was sind Ihre Beweggründe, in einer Zeit von Mitgliederschwund für die Kirche zu arbeiten?

Cornelia Luntzer: Ich arbeite gerne mit Menschen von Jung bis Alt zusammen. Natürlich beschäftigt es mich, wenn Menschen aus den Kirchen austreten. Ich verstehe und teile Kritik zu Themen wie beispielsweise Missbrauch, Gleichberechtigung und Reformstau. Für mich umfasst Kirche aber noch viel mehr. Sie entsteht, wo sich Menschen gemeinsam an Jesus erinnern und miteinander seine Vision einer erneuerten Welt teilen und zu leben versuchen. Ich möchte alle motivieren, sich aktiv einzubringen und damit ein Miteinander zu fördern, das in unserer Gesellschaft etwas bewirken kann. Individualismus ist okay, aber wenn es um fundamentale Werte wie Gerechtigkeit, Freiheit, Würde geht, dann braucht es nicht nur subjektive Einzelmeinungen, sondern auch verbindliche Positionen, die gemeinsam vertreten werden. Der helle und grosse Innenraum unserer Kirche ist für mich ein Symbol für dieses Miteinander. Da kann ich nur sagen: Kommt vorbei und bringt euch ein!

Frau Mühlhäuser, Sie haben 20 Jahre in St. Gallen gelebt und dort als Journalistin, Stadtführerin und Seelsorgerin gewirkt. Was lockt Sie von der schönen Ostschweiz an die Limmat?

Petra Mühlhäuser: An der Limmat gefällt es mir auch! Neben dem Reiz, in einer pulsierenden Stadt wie Zürich arbeiten zu können, haben mich auch persönliche Gründe hierhergezogen: Ich möchte meiner Familie im Aargau sowie Freundinnen und Freunden wieder etwas näher sein. Und natürlich lockt mich das Quartier Wipkingen, wo es einiges zu entdecken gibt. Zum Beispiel die «Ding Dong»-Bar im Glockenturm der Pfarrei Guthirt, die in Betrieb genommen wird, sobald alle Behördenauflagen erfüllt sind. Ich freue mich schon darauf, zwischen Theke und Turmuhr mit möglichst vielen Menschen anzustossen – oder ihnen an anderen Orten zu begegnen. Denn Kirche muss für mich offen sein für viele, gerade auch für Kirchenkritische und Zweifelnde. Ich möchte für Menschen in allen Lebenslagen da sein. Denn ich habe den schönsten Beruf der Welt, weil die ganze bunte Vielfalt des Lebens darin vorkommt!  

 

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