Aus der Höngger Zeitung
Ein gefährliches Pflaster
Haus- und Wildtiere werden immer wieder Opfer des Strassenverkehrs. Auch in Höngg sind Unfälle mit Tieren keine Seltenheit. Nicht immer melden die daran beteiligten Autofahrer*innen den Vorfall – obwohl sie dazu verpflichtet wären.
7. März 2024 — Dagmar Schräder
Katzenbesitzer*innen kennen sie, diese bangen Stunden, in denen man auf die Rückkehr der freilaufenden Katze wartet. Normalerweise sollte sie morgens zum Frühstück zu Hause eintreffen, doch sie lässt auf sich warten. Zum Glück hat sich der Stubentiger in der Regel nur etwas verspätet.
Doch manchmal bewahrheiten sich die schlimmsten Befürchtungen: Das geliebte Haustier kommt nicht mehr zurück. Freilaufende Katzen sind draussen einer grossen Anzahl Risiken ausgesetzt. Eines davon ist der Strassenverkehr.
Zwischen 10’000 und 20’000 Haustieren verschwinden jährlich nach Angaben der Schweizer Tiermeldezentrale in der Schweiz, 80 Prozent davon sind Katzen. Die meisten werden Opfer eines Verkehrsunfalls.
Unterlassung einer Meldung ist strafbar
Oft werden diese nur zufällig am Strassenrand gefunden oder von unbeteiligten Verkehrsteilnehmerinnen zu einem Tierarzt gebracht. In vielen Fällen unterlässt es jedoch die am Unfall beteiligte Person, den Vorfall zu melden.
Das hat zum Beispiel Tamara Anderes aus Höngg bereits zweimal erlebt – und dazu beide Male an annähernd derselben Stelle: an der Frankentalerstrasse in Höhe des Schulhauses Rütihof. Ihr erster Kater kam eines Tages einfach nicht mehr nach Hause. Selbst wochenlanges Suchen brachte keine Ergebnisse, bis er schliesslich in der Nähe der Strasse tot aufgefunden wurde. Für die ganze Familie eine emotional belastende Situation, wie Anderes berichtet.
Die zweite Katze wurde nur wenige Monate später ebenfalls angefahren. In diesem Fall bemerkte eine verantwortungsbewusste Velofahrerin das verletzte Tier und rief die Polizei. Zum Glück, denn der Katze konnte geholfen werden.
Von den beteiligten Autofahrerinnen war jedoch in beiden Fällen keine Spur. Dass diese den Zusammenprall nicht bemerkt haben könnten, glaubt Anderes nicht: «Ich kann mir kaum vorstellen, dass man eine Kollision mit einer Katze nicht bemerkt. Und auf einer Strasse wie der Frankentalerstrasse sollte es eigentlich auch möglich sein, nach einem Unfall anzuhalten und nachzuschauen, was passiert ist.»
Eine Straftat
Dabei verhält sich, wer sich bewusst vom Unfallort entfernt, nicht nur ethisch fragwürdig, sondern begeht auch eine Straftat: Wer in einen Unfall mit einem Tier verwickelt ist, hat die Pflicht, dies unverzüglich zu melden. Wenn möglich, ist der Eigentümer des Tieres zu benachrichtigen, ist dies nicht machbar, ist die Polizei zu informieren.
«Wer es unterlässt, den oder die Tierbesitzerin bzw. die Polizei oder Jagdaufsicht sofort über den Unfall und den Zustand des Tieres zu informieren, macht sich wegen pflichtwidrigem Verhalten nach einem Verkehrsunfall strafbar», schreibt der Zürcher Tierschutz in seinem Merkblatt zu Verkehrsunfällen mit Tieren.
Auch ein Verfahren wegen Tierquälerei durch Unterlassen ist eine mögliche Konsequenz, falls das Tier verletzt ist und aufgrund des Versäumnisses des Autofahrers, den Vorfall zu melden, unnötig leiden musste.
Wer trägt die Kosten einer Behandlung?
Zu der emotionalen Belastung für die Tierhalterinnen und den tierschutzrechtlichen Aspekt kommt noch ein weiterer Sachverhalt hinzu: die finanzielle Komponente. Denn die Behandlungen verletzter Tiere sind in vielen Fällen äusserst kostenintensiv.
Die Rechtslage, wer nach einem Autounfall für die Behebung der Kosten aufkommen muss, ist einigermassen komplex. Laut Strassenverkehrsgesetz haften Autofahrerinnen bei einem Unfall verschuldensunabhängig, es gilt die «Betriebsgefahr». Das bedeutet, dass Autofahrerinnen auf jeden Fall zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn durch den Betrieb ein Mensch getötet oder verletzt wurde oder Sachschaden verursacht wurde.
Der gesundheitliche Schaden der Katze fällt unter die Rubrik «Sachschaden», die Katze gilt rechtlich gesehen als das Eigentum ihres Besitzers. Gleichzeitig gilt für Haustierhalterinnen im Grunde das gleiche Prinzip für die von ihren Tieren verursachten Schäden: Halter*innen haften für Schäden, die ihre Haustiere verursacht haben – allerdings nur, wenn sie ihr Tier nicht ausreichend beaufsichtigt haben, was bei freilaufenden Katzen relativ schwierig ist.
In der Praxis sei es demzufolge Usus, die anfallenden Tierarztkosten sowie etwaige Schäden am Auto aufzuteilen, sofern niemanden ein konkretes Verschulden trifft, informiert etwa die Advokatur Lemann, Walz und Partner auf ihrer Website: In der Regel würden der Haftpflichtversicherung des Autofahrers zwei Drittel und der tierhaltenden Person ein Drittel der Tierarztkosten auferlegt.
Auch Wildtiere sind Opfer
Doch nicht nur Haustiere, auch Wildtiere werden oft Opfer des zunehmenden Verkehrs: 21 000 grössere Wildtiere sterben in der Schweiz jährlich im Strassenverkehr, darunter über 8000 Rehe. In der Stadt Zürich seien es pro Jahr fast 2500 Wildtiere, die auf der Strasse verendeten, meldete der «Tages-Anzeiger» im vergangenen Jahr.
Auch hier gilt, analog zu den Haustieren, die Meldepflicht. Für alle Tiere, die gemäss Jagdgesetz zu den jagdbaren oder geschützten Tieren gehören, ist nach einer Kollision eine Meldung bei der Polizei unerlässlich. Darunter fallen Vögel, Raubtiere, Paarhufer, Hasenartige, Biber, Murmeltiere und Eichhörnchen.
Gemeldet werden muss der Vorfall auch dann, wenn sich das angefahrene Tier verkrochen hat und nicht mehr auffindbar ist. Die Polizei bietet anschliessend die Jagdaufsicht auf. Für kleinere Tiere wie Igel und Amphibien ist die Meldung nicht vorgeschrieben.
Doch auch hier gilt, unnötiges Tierleid zu verhindern. Im Falle von verletzten Tieren ist deshalb die Meldung beispielsweise beim Tierrettungsdienst angezeigt.
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