Guthirt im Herzen

Nach rund 10 Jahren verlässt der Pfarrer der katholischen Pfarrei Guthirt in Zürich Wipkingen, Beat Häfliger, die Pfarrei. In einem Interview blickt er zurück auf die seine Zeit im Zürcher Quartier und erzählt von seinen Eindrücken und Ansichten.

Pfarrer Beat Häfliger verabschiedet sich nach zehn Jahren von der Kir-che Guthirt und von Wipkingen.

Herr Häfliger, sind Sie im Zügelstress?

Danke, nein, noch nicht. Ich habe allerdings schon sehr viel gemacht und meinen Vorsatz umgesetzt, nur mit wenigen Kisten zu zügeln und alles zu entsorgen, was ich in den letzten zwei bis drei Jahren nicht mehr gebraucht habe. Im Moment bin ich aber noch voll und ganz in die Pfarreiarbeit eingespannt und werde bis zum letzten Tag sehr viel zu tun haben.

Sie sind gebürtiger ­Luzerner und waren vorher in der Obwaldner Pfarrei in Sachseln tätig. Sind die Zürcher*innen anders als die Innerschweizer*innen?

Sicher gibt es regionale Unterschiede, vom Dialekt bis zur kulturellen Prägung. Aber ich glaube, die Grundbedürfnisse der Obwaldner*innen und der Luzerner*innen sind dieselben wie diejenigen in Zürich. Das erlebe ich auch bei meinem Hin- und Herpendeln zwischen den Städten Zürich–Luzern – ich bin nach wie vor in der Luzerner Guggenmusik Chatzemusig aktiv. Die Leute dort haben dieselben Fragen, Anliegen, Wünsche an den Glauben und die Kirche wie die Wipkinger*innen.

Wie war es für Sie, im Quartier Wipkingen zu arbeiten und zu leben?

Ich habe mich enorm schnell wohl- und daheim gefühlt in diesem sehr angenehmen, zentralen Quartier. Sowohl bei der Arbeit als auch privat. Das Quartier ist ja ursprünglich ein Arbeiterquartier, ich bin in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen. Es hat für mich absolut gepasst. Den Charme des Quartiers mit den vielen persönlichen Kontakten und doch dem städtischen Flair hat mich enorm begeistert. Sehr geschätzt habe ich die Zusammenarbeit mit Beni Weder, dem Quartiervereinspräsidenten, der meiner Meinung nach sehr gute Arbeit leistet mit seiner Crew. Mit den Nachbarschaftstag-Apéros und Spielfesten auf dem Röschibachplatz, der Pfarreifasnacht und dem Herbstbazar sowie dem Prominentenfussballspiel mit dem Altstar Andy Egli auf der Waidhalden habe ich mit den Pfarreiangehörigen immer wieder versucht, unseren Beitrag zu einem guten Miteinander im Quartier zu leisten.

Was bleibt Ihnen am besten in Erinnerung beziehungsweise was werden Sie vermissen?

Die Menschen! In Wipkingen und im Speziellen in der Pfarrei Guthirt habe ich absolut tolle Menschen kennengerlernt, mit einem grossen Herzen, mit einer herrlichen Fröhlichkeit und einer Gemeinschaft, die wirklich auch trägt. Ich habe alle diese Menschen mega gerne und sie bleiben bei mir als grosser Schatz im Herzen! Und all die wunderschönen Gottesdienste, der gelebte Glauben, die gemeinsamen Feste wie die Pfarreifasnacht und der Herbstbazar, die Reisen und Ausflüge, das inzwischen abgeschlossene Schulprojekt in Bangla­desch und meine Reise dorthin, der Kontakt zu den Eritreern und die entstandenen Freundschaften und meine Reise nach Eritrea, die gelungene Kirchenrenovation und so weiter.

Was war schwierig?

Es gab auch schwierige Momente. Zum Beispiel der Unfalltod unseres Hauswartes Jürg Sperandio, die Beerdigungen all der Menschen, die ich tief im Herzen hatte, Abschiede von Mitarbeitenden, zuletzt die Pandemie mit ihren Herausforderungen und anderes.

Wohin gehen Sie nun? Beginnen Sie in einer anderen Pfarrei in einer neuen Region?

Mein Herz ist noch so gefüllt mit all dem, was ich hier erlebt habe, sodass ich bewusst ein Sabbatical einlege, um dann danach wieder an einem neuen Ort zu beginnen.

Kurze Stichworte zu Ihren Ansichten: Bischof Joseph Bonnemain

Ich finde, er macht es sehr gut, geht mit einer grossen Offenheit und Freude an seine Aufgaben und ist bei allem Zuhören auch konsequent. Er ist für das zerstrittene Bistum ein Geschenk.

Frauenpriestertum?

Für mich persönlich ist das sicher richtig, denkbar und möglich. Es braucht jedoch einen Prozess des Austausches in der ganzen Welt. Es wird wohl aber noch Zeit brauchen für einen Entscheid.

Segnungen von homosexuellen Paaren

Wenn das ein Paar wünscht, werde ich ganz sicher immer Wege finden, etwas für sie zu tun, ohne mediale Präsenz, aber ganz für die konkreten Menschen offen. Meine Leitschnur ist der Gute Hirte.

Duales System? Ja, oder nein?

Ganz klar ja. Das System ist eine Herausforderung für alle Beteiligten, das ist schon so, aber ich finde es grundsätzlich absolut wichtig.

Sr. Ariane und die Menschen auf der Strasse

Für mich ist es zentral, als Priester andere Menschen zu unterstützen, zu helfen, dass Menschen wieder selbstbestimmt leben können. Mir ist dieser Fokus auf die Benachteiligten sehr wichtig und ich hinterlasse auch ein Wohnprojekt, welches weitergeführt wird.

Konservativ oder progressiv

Ich sehe mich weder so noch so. Ich finde Traditionen wichtig, aber ebenso Neues. Es braucht in einer Pfarrei beide Ansätze: Traditionen bewahren und gestalten und immer wieder auch Neues ausprobieren.

Projekt der Kirche 2030

Die Zusammenarbeit der Pfarreien in einzelnen Bereichen macht sicherlich Sinn. Für mich ist immer der Schwerpunkt der Mensch vor Ort. Die Menschen suchen in einer Welt der Globalisierung und Fusionen gerade in den Pfarreien Heimat. Zusammenarbeit der Pfarreien darf meiner Meinung nach nicht auf Kosten dessen gehen, was vor Ort lebt.

GCZ oder FCZ

Ich habe grossen Respekt vor der Fankultur in dieser Stadt und den beiden Klubs. Aber da bin ich neutral. Als Fussballfan entscheidet man sich irgendwann für einen Verein und den wechselt man nicht einfach so. Für mich ist der Klub meines Herzens der FC Luzern und bleibt dies auch.

Herr Häfliger, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen alles Gute!

Beat Häfliger verabschiedet sich mit einem Abschiedsgottesdienst am Sonntag, 26. September, um 10 Uhr, von der Pfarrei Guthirt und den Menschen in Wipkingen. Mitgestaltet wird die Feier durch eine Pfarreiband und festliche Trompetenmusik.

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