Hals- und Beinbruch vom guten Rutsch?

Bald wünschen sich wieder viele einen guten Rutsch, und natürlich: Trotz gelegentlich vereister Strassen in diesen Tagen ist kein Ausgleiten in der Kälte gemeint. Was haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, wohl für ein inneres Bild, wenn Sie den Wunsch aussprechen oder hören? Wie auf einer Rutschbahn vergnügt ins neue Jahr sausen? Bei allfälligem Ausrutschen doch weder Hals noch Bein brechen? Beide Redewendungen sind Ableitungen aus dem Hebräischen und damit auch ein leiser Hinweis auf die Verbindung zur jüdischen Kultur, das Zusammengehören als Gesellschaft. Jedenfalls wurde das hebräische Rosch Ha Schana für Jahresanfang hier als Rutsch verstanden und floss so ein in unsere Tradition, einander um Silvester herum das Beste zu wünschen. Und ähnlich ist es mit «Hals- und Beinbruch», das vermutlich vom Jiddischen «hatslokhe und brokhe» abstammt, abgeleitet aus den hebräischen Worten für Gelingen und Segen. Wenn die Glocken zum Jahreswechsel läuten, ist das ja doch für viele ein Moment des Innehaltens: Was war im vergangenen Jahr, was kommt auf mich zu, auf uns? Was davon stimmt mich freudig und zuversichtlich, was bedrückt mich? Was kann ich beeinflussen, was kommt schicksalshaft? Wie von selbst komme ich dabei jeweils in Kontakt mit den tieferen Schichten des Daseins, wo ich zuletzt gerade darum froh bin, dass ich auf «beruchah», auf Segen vertrauen darf. Und ich bin dankbar, dass wir einander in solch dünnhäutigen Momenten offen oder verhüllt im «Beinbruch » Segen zusprechen können. In diesem Zusammenhang empfinde ich es auch als tröstlich und ermutigend, dass das Kirchenjahr bereits mit dem 1. Advent gewechselt hat und noch vor Silvester sozusagen ein Vorwort der Erneuerung geschrieben ist mit Weihnachten: Gott ist den Menschen nahegekommen als Licht für jedes Dunkel, zu den Menschen gekommen als Licht ins Dunkel.  Ich wünsche Ihnen frohe Festtage und ein gesegnetes 2022! Erfolg und Segen!

Pfarrer Samuel Zahn

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