Ja zu einem bedingungslosen Grundeinkommen

Die Diskussion an der AL-Vollversammlung war lang und kontrovers, am Ende setzte sich aber die Mehrheit für ein Ja zur Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen durch.

Judith Stofer, Kantonsrätin AL

«Egal, wie die Chancen für eine Annahme stehen, die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen ist ein wichtiger Anstoss für überfällige Diskussionen und für neue Lösungswege jener Probleme, die durch ökonomischen (Über-)Druck entstehen. Sie hat das Potenzial, jetzt noch gebundene, produktive menschliche Kräfte freizusetzen», brachte es AL-Kantonsrätin und Theaterregisseurin Laura Huonker auf den Punkt.

«Was würden Sie arbeiten?»

Es ist diese Frage, die mich an der Diskussion über das Grundeinkommen interessiert: Was würden wir arbeiten, wenn für das Einkommen gesorgt wäre? Es wäre garantiert nicht so, dass alle Menschen auf der faulen Haut liegen würden. Es wäre garantiert nicht so, dass die Frauen zuhause bleiben und sich den Kindern und dem Haushalt widmen würden. Diese meistgehörten Argumente gegen das Grundeinkommen sind an den Haaren herbeigezogen und entlarven im Grunde genommen einzig eine menschen- und frauenverachtende Haltung. Geld ist nicht der einzige Antrieb für Arbeit.
Ein Blick auf die Realität macht dies deutlich. Bereits heute wird mehr als die Hälfte der Arbeit unbezahlt geleistet. Allein schon die Pflege- und Beziehungsarbeit in den Familien, die immer noch hauptsächlich von Frauen geleistet wird. Oder die unbezahlte und freiwillige Vereinsarbeit in Sportclubs, Quartiervereinen und anderen Organisationen. Fragt man die unzähligen Freiwilligen, warum sie sich in der Freizeit ohne Lohn engagieren, lauten die Antworten fast unisono: weil es Freude mache, weil es sinnvoll sei, weil man sich gerne für die Gemeinschaft engagiere.

Freiheit vom Zwang zur Arbeit

Die meisten Menschen möchten etwas Sinnvolles arbeiten und einen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft leisten. Wer in jungen Jahren noch voller Elan ins Berufsleben startete, ist in späteren Jahren zum grössten Teil desillusioniert und unzufrieden. Es kommt vielleicht nicht von ungefähr, dass der Weiterbildungssektor heute so boomt. Wer es sich leisten kann, bildet sich weiter, um wieder einen Sinn in der Arbeit finden zu können. Doch nicht alle können sich dies in einem von Existenzängsten und Geld dominierten Arbeitsmarkt leisten. Die Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen sei eine fürchterliche Provokation, weil sie Ernst mit der bürgerlichen Freiheit mache, nämlich der Freiheit vom Zwang der Arbeit, schreibt der Journalist und Ökonom Daniel Binswanger in seinem lesenswerten Beitrag im Magazin des «Tages-Anzeigers» vom 21. Mai.
Ich arbeite gerne und viel und grösstenteils auch unbezahlt. Aus diesem Grund sage ich Ja zur Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen und möchte Sie bitten, diese Initiative ebenfalls zu unterstützen.

Eingesandt von Judith Stofer, Kantonsrätin AL, Kreis 10

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