Legal Velofahren nur mit Mut empfohlen

Es ist wieder Sommer, die Zeit der Baustellen. Vielerorts werden Strassen aufgebrochen, Leitungen verlegt und Bundsteine versetzt. Es wird gebaut und geplant, aber trotzdem wird der Strassenraum kaum verändert und nur das Bestehende verwahrt. Wenig erstaunlich kann so auch keine substantielle Verbesserung des Velonetzes erreicht werden.

Rosengartenstrasse, nur für Mutige.
Bucheggplatz, nur für Geübte. (Foto: zvg)
Rosengartenstrasse – 4:0 für die Autos.
Der Wipkinger Manuel Frick hat die Jungpartei der Jungen Grünliberalen im Kanton Zürich aufgebaut und leitet sie seit zwei Jahren im Co-Präsidium.
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Auf der Hardbrücke wurde die Chance verpasst, die Verkehrsströme zu entflechten und zusätzliche Veloabstellplätze zu schaffen. Am Escher-Wyss-Platz entstand eine riesige Asphaltwüste, ohne dass die Velofahrenden sauber durch das Tramgleislabyrinth geführt würden. Der Bucheggplatz ist seit langem ein bekannter Schauplatz, der auch immer wieder zu schweren Unfällen führt. An kaum einem dieser Orte ist es für Velofahrer möglich, ohne Übertretung der Verkehrsregeln sicher voranzukommen.
Die Zürcher Verkehrspolitik ist ein Flickwerk, das aus vielen Kompromissen entstanden ist. In der Innenstadt versucht der Parkplatzkompromiss eine Verkehrsplanung aus dem letzten Jahrtausend am Leben zu erhalten. Der Masterplan Velo ist ein Kompromiss, der zwar niemandem weh tut, aber die zusammenhängenden, sicheren Velorouten weiterhin vermissen lässt. In den Knotenbereichen – da wo der Platz eng und die Sicherheit am prekärsten ist – hat das Velo das Nachsehen. So entsteht ein Puzzle an unvollständigen Velorouten, das den Begriff «Netz» nicht verdient.

Gesucht: Umdenken in den Köpfen

Heute werden unsere Strassen so gebaut, dass sie die Menge an Verkehr aufnehmen können, die in Zukunft erwartet wird. Es wird versucht, den Strassenraum so zu gestalten, dass alle Bedürfnisse ein wenig gestillt werden – aber keines richtig. Das Gleichgewicht dieser Kompromisspolitik muss zugunsten des Velos verschoben werden, denn ein durchgängiges Netz an Velowegen und die angestrebte Erhöhung des Veloverkehrsanteils wird ansonsten verunmöglicht.
Ein Wechsel in den verkehrsplanerischen Dogmen ist also notwendig, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Velostrassen, die nur von Anwohnern und Zulieferern motorisiert befahren werden, gehören dazu. Aber auch eigentrassierte, breite Velowege sollen zur Norm werden. An Kreuzungsbereichen sind die Verkehrsmittel zu entflechten, so dass sich diese nicht in die Quere kommen.
Die Digitalisierung kann dabei auch ihren Teil ohne übermässigem Einsatz von Beton beitragen. Mit Apps und Detektoren können automatisch grüne Wellen für Velos ausgelöst werden, was zum Beispiel im Juni durch unseren Gemeinderat Sven Sobernheim bei der Stadt angeregt wurde. Mit Veloampeln kann man die Grünphase spezifisch auf Velofahrende abstimmen. Das Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende wird auf Bundesebene legalisiert und soll auch in der Stadt schnellstmöglich umgesetzt werden. Auch die Sharing-Economy bringt bereits heute Leute auf das Velo, welche dieses bisher lieber gemieden haben.

Der Stadt fehlt der Mut

All dies zu erreichen braucht Mut. Mut bei den Planern, mit den veralteten Grundsätzen zu brechen. Mut, das Auto auch mal links liegen zu lassen. Mut bei den Politikern, vorhandene Dogmen zu brechen. Aber auch Mut bei der Bevölkerung, einer Neuausrichtung des Verkehrs offen gegenüber zu treten. Dieser Mut wäre gut investiert: Wir bekämen eine Stadt, die auch in Zukunft eine Lebensqualität der Spitzenklasse bietet.

Velorouteninitiative Stadt Zürich

Gemäss einer 2017 eingereichten Initiative sollen in der Stadt Zürich 50 km Veloschnellstrassen errichtet werden. Das hiesse, autofreie Verkehrsadern für den Veloverkehr. Die glp, zusammen mit SP, Grünen und AL machten anfangs April nochmals Druck und zeigten konkrete Routenvorschläge auf. Vorbilder gibt es in Europa. So konnten beispielsweise Kopenhagen oder Amsterdam dank konsequenter Politik den Veloanteil im Verkehr markant steigern. Velofahren ist europäischer Trend.

Begriff Langsamverkehr

Neulich an einem Workshop der Stadt Zürich, an dem notabene auch die Förderung des Verkehrs diskutiert wurde, machte ein Teilnehmer mit Vehemenz darauf aufmerksam, dass man doch bitte nicht immer den despektierlichen Begriff «Langsamverkehr» verwenden solle. Vielmehr sollte man zum Beispiel von «Muskelverkehr» sprechen. Velofahren ist gesund, macht weder Lärm noch Gestank und ist meistens klar schneller als Autofahren in der Stadt.

Manuel Frick, Co-Präsident jglp, glp Kreis 10

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