Musik stärkt – Musik diskriminiert

Im Rahmen der Kampagne «Zürich schaut hin» hat die OJA Kreis 6 & Wipkingen mit Jugendlichen über Inhalte von Songtexten gesprochen. Zwei Konzertabende wurden ebenfalls durchgeführt.

«Lani & Friends» live im Jugendraum Wipkingen.

Musik zu hören oder Musik selbst zu machen hat im Leben von Jugendlichen oft einen hohen Stellenwert. Wichtig für sie sind oft die Persönlichkeit der Interpret*innen. Manchmal sind Musikstücke mit besonderen Erlebnissen im Leben, wie beispielsweise mit der ersten Liebe, verbunden. Auch im Erwachsenenalter kann ein bestimmtes Musikstück aus vergangen Tagen, Gefühle und Ereignisse in Erinnerung rufen. Musik kann für junge Menschen eng verbunden sein mit ihrer Identitätsfindung und ihrem persönlichen Ausdruck, unabhängig davon, ob sie Musik hören oder ihre eigene Musik machen.
Die Offene Jugendarbeit Kreis 6 & Wipkingen (OJA) hat gemeinsam mit musikinteressierten Jugendlichen die Tatsache thematisiert, dass in vielen Musiksparten viel weniger Frauen auf der Bühne stehen als Männer. Daraus ist ein Konzertabend entstanden, den zwei junge Frauen im Jugendraum Wipkingen organisiert haben. Ihnen war es wichtig, dass vor allem Mädchen und junge Frauen die Möglichkeit bekommen, ihre Musik zu präsentieren. Eine Regenbogenfahne wurde aufgehängt, und es standen mehrheitlich Mädchen und Künstlerinnen auf der Bühne, die ihre meist selbst geschriebenen und komponierten Musikstücke unterschiedlicher Stilrichtungen dem Publikum vortrugen.

Jugendliche auf der Bühne

Am 3. September fand im Jugendkulturhaus Dynamo ein weiterer Konzertabend mit dem Titel «Züri los zue» statt. Organisiert wurde er vom Jugendkulturhaus selbst und der OJA Kreis 5 und «Planet5». Ziel dieses Events war es, ein Zeichen für Respekt und Vielfalt, gegen Sexismus und sexuelle Gewalt in der Musik zu setzen. Dieser Konzertabend bot Jugendlichen aus allen Stadtteilen die Möglichkeit, mit ihren selbstgeschriebenen Songs neben schweizweit bekannten Künstler*innen wie Soukey, Didi, Ivorrie und Nativ aufzutreten und die Botschaft des Abends zu unterstützen. Zusätzlich bekamen sie die Chance auf einer grossen Bühne vor zahlreichem Publikum aufzutreten. Vier junge Künstler*innen mit Bezug zur OJA Kreis 6 & Wipkingen nutzten diese Gelegenheit und begeisterten zusammen mit anderen Jugendlichen das Publikum.

Fragwürdige Wörter

Sanaba, eine junge Rapperin aus dem Kreis 6, ist an beiden erwähnten Konzertabenden aufgetreten und hat das Konzert in Wipkingen mitorganisiert. Wir wollten von ihr und anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen wissen, was sie von diskriminierenden, homophoben und transfeindlichen Texten im Hip-Hop denken. Sanaba meint, dass es ein sehr komplexes Thema sei, das man nicht von heute auf morgen so einfach verändern könne. Sie sei aber sehr froh, dass es immer mehr thematisiert werde. Wie zum Beispiel in der Sendung «Bounce Cypher» des Radiosenders SRF Virus. «Der Moderator sagte, dass er gewisse Wörter nicht hören will», so Sanaba. Ein bis zwei solcher Wörter seien trotzdem gefallen. Jedoch sei nachher darüber aufmerksam gemacht worden.
Nova hat ebenfalls das Konzert in Wipkingen mitorganisiert. Sie ist grundsätzlich kritisch gegenüber fragwürdigenden Textpassagen im Hip-Hop eingestellt. «Ich höre es manchmal trotzdem, weil es eben ein paar Textteile gibt, mit denen ich mich extrem identifizieren kann.» Sie sei der Meinung, Musik sei Musik und könne den Künstler*innen überlassen werden. «Aber es gibt einfach gewisse Grenzen, so kann ich es einfach nicht vertreten.» Sie fände es cool, wenn harte Hip-Hop-Songs auch ohne frauenfeindlichem Inhalt geschrieben werden.

Das finden wir nicht okay

Von den befragten Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren haben alle über das Dilemma gesprochen, dass ihnen die Musik von Künstler*innen gut gefalle und sie die Texte meist sehr anspreche, aber gewisse Sequenzen diskriminierende und herabwürdigende Aussagen enthalten. Es ist davon auszugehen, dass sich in diesem Zwiespalt auch ältere Musikkonsument*innen befinden. Alle Interviewten konnten sehr differenziert beschreiben, welche Textpassagen für sie okay sind und welche nicht. Viele der Interviewten stellten es grundsätzlich in Frage, wie ernst es die Rapper*innen mit ihren Aussagen meinen. Es sei einfach in einem Lied etwas zu sagen, zu rappen, in der Realität sähe es aber anders aus.
Mit Musik können Menschen beleidigt und diskriminiert werden. Eine Sensibilisierung darüber scheint stattzufinden, und es ist zu hoffen, dass diese Auseinandersetzung etwas bewirkt. Musik kann aber auch ein Sprachrohr sein und Menschen stärken. Dazu sagt Nova: «Meiner Meinung nach sollte es langsam Zeit werden, dass wir aufwachen und dass wir checken, dass Musik etwas für alle ist, etwas, das auch unendlich viele verschiedene Leute verbindet.»

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