Offene Jugendarbeit: wichtig und vielschichtig

Welche Möglichkeiten bestehen für Jugendliche bei der offenen Jugendarbeit? Die OJA Kreis 6 & Wipkingen | Planet5 stellt sich vor.

OJA-Räumlichkeiten an der Langmauerstrasse im Kreis 6.
Jugendkulturlokal Planet5 am Sihlquai.
Jugendbüro Wipkingen im Bahnhof Wipkingen.
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Seit den 1980er Jahren existieren in Zürich verschiedene Jugendtreffs. Die meisten wurden zu Beginn privat und ehrenamtlich geführt. Verschiedene Jugendtreffs der Stadt Zürich entschieden sich im Jahr 1999 für einen Zusammenschluss und dafür, einen Trägerverein zu gründen. 2001 war es dann so weit. Der private, politisch und konfessionell neutrale Verein «OJA Offene Jugendarbeit Zürich» wurde ins Leben gerufen. Heute besteht der Verein aus neun Einrichtungen, welche in verschiedenen Stadtteilen der Stadt Zürich aktiv sind.
Eine dieser Einrichtungen ist die OJA Kreis 6 & Wipkingen | Planet5. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, die Jugendlichen in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen zu begleiten und zu unterstützen. Das Team der OJA Kreis 6 & Wipkingen | Planet5 begleitet und berät Jugendliche und hat ein offenes Ohr für die unterschiedlichsten Lebensfragen der jungen Menschen. An den Standorten in Wipkingen und im Kreis 6 stehen Räumlichkeiten zur Verfügung, in denen sie sich treffen und in Kontakt mit einer Jugendarbeiterin oder einem Jugendarbeiter kommen können. Das OJA-Team unterstützt die Jugendlichen auch darin, ihre Ideen umzusetzen, wie zum Beispiel eine Veranstaltung zu organisieren.

Aus dem Treffalltag

Es ist ein Mittwoch im Februar als es um 10 Uhr an der Türe des OJA-Büros klopft. Nina*, Laura und Jerome sind gekommen. In der Schule ist der Turnunterricht ausgefallen und die drei möchten ihre Zwischenstunde im Partykeller verbringen. Bis 12.15 Uhr hören die anwesenden zwei Jugendarbeitenden ausser den Bässen, welche aus dem Keller dröhnen, nicht mehr viel von den Jugendlichen. Dann kommt zusätzlich Leben in die Räumlichkeiten der offenen Jugendarbeit. Viktor, Angelica, Avret, Bisrat und Rahua aus der Aufnahmeklasse kommen, um den Mittag im Atelier im Erdgeschoss zu verbringen. Ausserdem sind Aaron, Paula, Maia und Ron zu der Gruppe im Keller gestossen. Bis um 14 Uhr befinden sich bereits zwanzig Jugendliche in den Jugendräumen an der Langmauerstrasse. Die ursprünglichen Gruppen haben sich vermischt, es herrscht reges Kommen und Gehen. Aaron und Maia gehen mit Angelica und Rahua in die Migros, um sich einen Zvieri zu besorgen. Avret, Bisrat und Viktor haben sich der Partytruppe angeschlossen und tanzen im Keller mit, während das Atelier unterdessen von einer Gruppe von Sechstklässlerinnen besetzt wird, die mit Pinsel und Farbe grosse Papierflächen bemalen.
Im Büro ist Meret dabei, mit der einen Jugendarbeiterin eine Bewerbung zu schreiben, und in der Küche muss deren Kollege mit Ron und Laura ausdiskutieren, wer die Unordnung nach dem Pizzabacken wieder in Ordnung bringt. Kaum ist die Küchenfrage geklärt, steht auch schon Zoé im Büro und braucht Hilfe bei der Sponsoren-Suche für das diesjährige Bounce Bounce Open Air. Das Bounce Bounce Open Air ist das einzige Zürcher Open Air von Jugendlichen für Jugendliche. Es wurde von der OJA Kreis 6 & Wipkingen | Planet5 zusammen mit den Jugendlichen aus dem Einzugsgebiet vor sechs Jahren ins Leben gerufen.
Da Zoé bislang mit der anwesenden Jugendarbeiterin zusammengearbeitet hat, übernimmt deren Kollege die Bewerbung mit Meret und nach einer weiteren halben Stunde sind die beiden jungen Frauen in der Lage, selbstständig weiter zu arbeiten. Nun können sich die Jugendarbeiterin und der Jugendarbeiter um die letzten Details für den anstehenden Sprayworkshop kümmern, die Getränkebestellungen für den Open-Mic-Event im Planet5 tätigen und einen Sitzungstermin mit der Eventgruppe abmachen. Kurz vor 18 Uhr schaut Aaron noch ins Büro. Er ist um die zwanzig Jahre alt und besucht regelmässig seit der sechsten Klasse die OJA. Im Moment läuft es nicht so gut bei ihm. Er findet keine Arbeit und hat mit der Familie oft Streit deswegen. Hier in der OJA kann er einfach mal wieder Aaron sein. Er weiss aber auch, dass er hier jederzeit Unterstützung holen kann. Heute möchte er aber nur, dass ihm jemand zuhört. Auch dafür sind die OJA-Mitarbeitenden da. Da das Gespräch bis um 18.45 Uhr andauert, schliesst auch der Treff heute etwas später, was natürlich alle Anwesenden freut.

Nicht «nur» Freizeitangebot

Was auf den ersten Blick wie ein grosszügiges und vielfältiges Freizeitangebot aussieht, bietet bei genauerem Hinschauen zusätzlich viele kleine, aber wertvolle Lernmöglichkeiten für die Jugendlichen: Sie müssen miteinander aushandeln, wer welchen Raum benutzen kann, ob und welche Musik gehört wird, wer beim Kochen hilft und anschliessend den Abwasch macht. Wenn eine Unterstützung oder eine Vermittlung angebracht ist, stehen ihnen Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter zur Seite. So erweitern die Jugendlichen ganz ungezwungen ihre Sozialkompetenzen.
Die Jugendlichen haben die Möglichkeit, in der OJA Fragen zu Liebe, Sex, Drogen, Rollen- oder Zukunftsvorstellungen in einem offenen Rahmen mit Erwachsenen zu diskutieren, ohne dabei fürchten zu müssen, für ihre Ideen und Ansichten verurteilt zu werden. Das heisst nicht, dass die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter mit den Jugendlichen einer Meinung sein müssen. Solche Gespräche machen einen wichtigen Teil der alltäglichen Jugendarbeit aus. Viele Jugendliche haben nur wenige Möglichkeiten, mit Erwachsenen persönliche Themen zu diskutieren. Den Jugendlichen soll ermöglicht werden, sich als vollwertige Persönlichkeiten in alltäglichen Situationen einbringen zu können. Das Team der OJA Kreis 6 ist bestrebt, für die Jugendlichen diese Erfahrungen zu ermöglichen. Die Jugendlichen sind hier weder zu jung noch zu unreif, sondern genau richtig − so wie sie sind.

*Die Namen aller Jugendlichen in diesem Text wurden geändert.

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