Rückblick auf meine Zeit im Kantonsrat

Während fünf Jahren sass ich für die Grünliberalen im Kantonsrat. Im Hinblick auf meinen Rücktritt möchte ich einige der bemerkenswerteren Entwicklungen im Rat schildern.

Daniel Häuptli, Kantonsrat Kreis 6&10, GLP

Noch relativ frisch, aber doch schon prägend für meine Zeit als Kantonsrat, ist sicherlich die ökologische Welle, welche mit dem Klimastreik begann. Die «Fridays for Future»-Bewegung war auch für mich als Grünliberaler Kantonsrat sehr motivierend und mündete bekanntlich darin, dass die ökologisch affinen Kantonsrät*innen seit den Wahlen neuerdings in der Mehrheit sind. Für die Grünliberalen ist das eine riesige Chance im Umweltbereich, die aber auch zu Fortschritten verpflichtet. Denn ganz ohne Risiken ist die neue ökologische Mehrheit nicht. Grüne Politik ist – auch aufgrund der Dringlichkeit des Klimawandels – einfacher mit Regulierung, Beschränkung, Vorschriften oder gar Bevormundung umzusetzen. Sah die «alte Tante» mit der Verbindung von Grün und Liberal in 2017 noch viele Widersprüche, schreibt Gerhard Schwarz im 2019, dass Liberalismus und die Sorge zur Umwelt kein Widerspruch sind, sondern im Gegenteil: «In einer Gesellschaftsordnung, die wesentlich auf dem Privateigentum basiert, haben externe Effekte, also die Belastung anderer mit den Umweltkosten, die man verursacht, keinen Platz. Das hätte die FDP schon früher erkennen und umsetzen sollen.» (NZZ, 6.7.19) Entsprechend sieht man in 2019 auch die ersten Kantonsrät*innen von FDP und SVP mit ökologischen Vorstössen. Ganz im liberalen Sinne ist Wettbewerb hervorragend, um eingefahrene Denkmuster zu offenbaren und Neues, Besseres zu entdecken. Den aktuell grossen Konsens über die Änderung des Energiegesetzes hätte man sich vor der «Fridays for Future»–Bewegung nie erträumt: Öl- und Gasheizungen sollen im Kanton Zürich aus Gebäuden verschwinden und Photovoltaikanlagen sowie Wärmepumpen viel stärker zur Anwendung kommen. Welch eine Chance auch für die Wirtschaft! Man denke an die zahlreichen spannenden neuen Arbeitsplätze und die Millionenbeträge, die in die hiesige Wirtschaft fliessen anstatt in die Förderländer von Erdöl und Erdgas.

ZKB: Glücklicherweise arbeiten die Mitarbeiter weit besser als der Kantonsrat und der Bankrat

Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hat eine Staatsgarantie des Kantons Zürich. Falls die Bank in finanzielle Schieflage geriete, müsste der Kanton für alle Verbindlichkeiten aufkommen – ein Risiko mit kleiner Eintrittswahrscheinlichkeit, aber äusserst grossem Schadenausmass. Bern, Genf und Österreich haben die schmerzliche Erfahrung bereits gemacht. Aus fachlicher Sicht ist es unbestritten, dass die Staatsgarantie abgeschafft werden sollte. Aber wer glaubt in der Politik geht es nur um die Sache, wird überrascht werden von den Nebensachen. In zwei Anläufen hat es der Kantonsrat geschafft, das Entschädigungsreglement, welche die Abgeltung der Staatsgarantie regelt, zu verabschieden. Stundenlang wurde debattiert – nur um das Entschädigungsreglement einige Monate später einstimmig wieder aufzulösen. Erst spät hat der Kantonsrat gemerkt, dass der Kanton als alleiniger Eigentümer der Bank sich selber eine Abgeltung zahlt – quasi von der linken in die rechte Hosentasche. Die NZZ würdigte das Entschädigungsreglement als «ökonomische Nullnummer» (22.3.19). Nichtsdestotrotz biss ich auf Granit, als ich mit einem Vorstoss versuchte, in Analogie zum Vorgehen im Kanton Bern die Staatsgarantie abzuschaffen. Glücklicherweise arbeiten die Mitarbeiter*innen der ZKB weit besser als der Kantonsrat und der Bankrat und schaffen es, das Bankgeschäft erfolgreich und solide zu entwickeln.

Als Mittepartei den Konsens fördern: kurzzeitig sind alle Gewinner bei der umstrittenen Prämienverbilligung

Bei der Revision des Gesetzes über die individuelle Prämienverbilligung (IPV), welches für rund 30 Prozent der Bevölkerung finanzielle Unterstützung zur Linderung des Anstiegs der Krankenkassenprämien bezweckt, konnte die GLP ihre Mitteposition zur Konsensförderung nutzen. Anfänglich setzten sich die rechten Parteien für eine Kürzung der Mittel für die Prämienverbilligung ein, die linken Parteien forderten die Übernahme der gesamten Krankenkassenprämien für einen grossen Teil der Bevölkerung mit erheblichen Mehrkosten für den Kanton. Wir konnten unsere Rolle als Mehrheitsbeschafferin wahrnehmen und das System der Prämienverbilligung fairer gestalten. Mehr finanzielle Unterstützung für die IPV-Anspruchsberechtigten und das ohne Mehrkosten für den Staat: Keine Prämienverbilligung mehr erhalten sollten z.B. Einkommensstarke, die aufgrund von hohen Steuerabzügen, zum Beispiel wegen Eigenheimsanierung, früher in den Genuss von Prämienverbilligungen kamen. Auch Studierende mit einkommensstarken Eltern erhalten keine Prämienverbilligung mehr. Damit wurde vorläufig eine Verbesserung erreicht, wobei uns die steigenden Krankenkassenprämien nach wie vor beschäftigen werden.  

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