Starthilfe für die Mauersegler von Wipkingen

Der Mauersegler findet immer weniger Plätze zum Nisten. Um dem entgegenzuwirken, initiierte eine fünfte Klasse des Schulhauses Letten die Installation von Nisthilfen auf dem Areal der Lettenwiese.

Er wirkt klein und niedlich, doch wenn der Mauersegler seine Flügel ausbreitet, hat er eine Spannweite von einem knappen halben Meter.

Er ist äusserst typisch für die Stadt: der Mauersegler. In der ganzen Schweiz gibt es 50 000 bis 75 000 Paare, gleichzeitig ist seine Art sehr stark auf Schutz und Förderung angewiesen. Denn der Mauersegler findet immer seltener Plätze zum Brüten und Nisten. Dies, weil immer mehr alte Häuser, unter deren Dächern die Vögel ideale Nistbedingungen finden, saniert oder ganz abgerissen werden und weil überall verdichtet wird.
Dieses Problem ist Bettina Baader schon seit langem bekannt. Die Lehrerin unterrichtete im letzten Jahr ihre fünfte Klasse im provisorischen Schulgebäude auf der Lettenwiese und beobachtete, dass ab Mai sehr viele Mauersegler über der Wiese kreisten, und wie sie Gebäude in der Nachbarschaft nach möglichen Nisthilfen erkundeten. «Mir fiel auf, dass im Umkreis nirgendwo Nisthilfen hingen, und ich dachte mir, dass unser Turnhaus von der Lage und Exposition her die perfekten Bedingungen dafür bieten würde», so die Klassenlehrerin, die auch studierte Umweltwissenschaftlerin ist.

Ein Projekt im Rahmen der «Stadtidee»

Zusammen mit ihrer Schulklasse reichte sie deshalb im vergangenen Sommer ihre Idee, Nisthilfen am Turnhaus auf der Lettenwiese zu installieren, bei der «Stadtidee» ein, einem Projekt der Stadtentwicklung Zürich, bei dem im letzten Jahr ein stadtweites partizipatives Budget getestet wurde. Das Projekt wurde von der Stadt auf seine Machbarkeit geprüft, schaffte es in die Endauswahl und gewann bei der Abstimmung der Bevölkerung im Stadtgebiet der Kreise 5, 9 und 10; 5000 Franken wurden damit für die Finanzierung bereitgestellt.

Für Biodiversität sensibilisieren

Bei dem Projekt sollte es allerdings nicht nur um die Installation und Montage der Nisthilfen gehen, sondern auch um den pädagogischen Aspekt: Das Thema Mauersegler wurde von den Klassenlehrerinnen Bettina Baader und Co Streiff in das Fach «Mensch, Natur, Gesellschaft» integriert. «Wir wollten die Lebensweise von Mauerseglern im Speziellen und von Zugvögeln im Allgemeinen thematisieren und die Kinder gleichzeitig für Biodiversität und Natur in der Stadt sensibilisieren», erläutert Bettina Baader.

Motivierte Recherche

Während einiger Wochen vertiefte jedes Kind im Unterricht ein Unterthema zum Mauersegler und gestaltete eine Doppelseite mit Bild und Text. So entstand ein buntes Buch mit allem, was man über den Mauersegler wissen muss. «Ich habe Antworten zu den häufigsten Fragen zum Mauersegler zusammengetragen», berichtet der elfjährige Jakob stolz. Andere recherchierten zu Nahrung, Vorkommen, Aussehen, Körperbau oder wie man einen Nistkasten konstruiert. «Das Buch zu machen, hat mir grossen Spass gemacht, und ich fand es spannend herauszufinden, wie der Mauersegler lebt», resümiert die elfjährige Saioa stellvertretend für viele ihrer Klassengspänli.
Zum Abschluss präsentierten die Kinder ihr Thema vor der Klasse und durften alle das besagte Buch mit nach Hause nehmen. So können sie ihr Wissen weitergeben und ihre Familien auf die Herausforderungen der Mauersegler aufmerksam machen. «Ich werde meine Grosseltern fragen, sie haben ein Haus mit Ziegeln und einen Garten, da können wir vielleicht auch solche Nistkästen bauen», geht Moritz mit gutem Beispiel voran. «Unser Projekt trägt neben dem umweltbildenden Aspekt auch einen kleinen Teil dazu bei, die Biodiversität im Herzen von Wipkingen zu fördern», betont Bettina Baader.

Die Nisthilfen hängen

Am letzten Tag vor den Sommerferien war es dann endlich so weit: Eine Schreinerfirma wurde gefunden und zwei Handwerker montierten die vorgefertigten Nisthilfen am Turnhaus an. Die Kinder verfolgten die Arbeiten gespannt und waren begeistert vom Endergebnis: «Ich finde es sehr cool, dass die Mauersegler nun einen Platz haben», freut sich beispielsweise die Fünftklässlerin Luisa. Und ihr Schulkollege Moritz ergänzt: «Es dauert wohl noch ein Jahr, bis die Mauersegler wieder kommen, aber ich freue mich jetzt schon darauf, sie dann zu beobachten.»

 

Der Mauersegler unter Druck

Der Mauersegler brütete ursprünglich in Felsennischen und
Bruthöhlen. In Städten nistet er heute gerne auch in Hohlräumen
von Gebäuden, unter Dächern und Dachziegeln. Mit der Sanierung
alter Häuser und der zunehmenden Verdichtung verschwinden diese Brut- und Nistmöglichkeiten. Darum ist es wichtig, dass
an möglichst vielen geeigneten Gebäuden und auch an Neubauten gezielt Nisthilfen aufgehängt werden und bei Umbauten darauf geachtet wird, bestehende Plätze zu erhalten oder zu ersetzen.
Wer etwas für die Mauersegler in der Stadt Zürich tun möchte und Brutplätze am eigenen Gebäude melden oder sich fachlich beraten lassen will, kann sich an Grün Stadt Zürich wenden.

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