«Tanz? Auf keinen Fall!»

Anutoshen M. Hüer arbeitet seit 22 Jahren als Techniker am Tanzhaus. Dieses Jahr wäre er pensioniert worden. Aber einmal «reingerutscht», käme man gar nicht mehr so leicht wieder los, sagt der Mann, der von Tanz eigentlich nie etwas wissen wollte.

Seit 22 Jahren am Tanzhaus: Techniker Anutoshen M. Hüer

Wie bist du ans Tanzhaus gekommen?

Ursprünglich bin ich Bibliothekar. Theatertechniker bin ich per Zufall geworden – für eine kleine Sprechtheatergruppe. Als diese zumachen musste, wurde ich arbeitslos. Zum Tanz hat mich das Schicksal genötigt.

Wie das?

Ich musste jeweils eine gewisse Anzahl Bewerbungen vorweisen beim Arbeitsamt, und eine Freundin machte mich auf ein Inserat einer Tanzcompagnie aufmerksam. Ich meldete mich mit einem flapsigen Dreizeiler. Tanz? Da wollte ich auf keinen Fall hin! Zu meiner Überraschung wurde ich zum Bewerbungsgespräch eingeladen und musste dann, weil mir das Amt im Nacken sass, ein Stück der Compagnie anschauen. Und das hat mich so berührt, dass ich am Schluss mit Tränen in den Augen dasass. Auch technisch war die Sache zwei Stufen über dem, was ich bis dahin gemacht hatte. Das nächste Vierteljahr ging ich mit der Gruppe unbezahlt auf Tournee, um alles zu lernen, und danach war ich zehn Jahre weltweit mit denen unterwegs.

Bevor du zum Tanzhaus gewechselt hast?

Das ist eine längere Geschichte. Aber zuerst wollte man mich da nicht. Ich wurde zwar zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, aber es hiess dann, man suche einen jüngeren. Ich war Ende dreissig.

Und jetzt bist du sowohl der älteste als auch der dienstälteste Mitarbeiter des Tanzhauses. Ironie des Schicksals!

(Lacht.) In jeder Hinsicht der älteste… Auf jeden Fall hat das nicht so geklappt mit dem jüngeren Kollegen aufgrund eines gelöschten Lichtprogramms und ein bisschen zu viel Rotwein, worauf man mich anrief und fragte, ob ich den Job noch wolle.

Und du wolltest.

Ja. Denn in so einem kleinen Laden, wie dem Tanzhaus damals, musst du nicht nur alles machen, du darfst auch alles machen. Die vielen Möglichkeiten – das war spannend. Auch wenn wir manchmal während den Vorstellungen von Hand irgendwelche Scheinwerfer umstecken mussten, weil wir nur eine Starkstromleitung hatten, an der jeder Kühlschrank, jeder Computer und jede Lampe hing.

Bis 2007 das Gebäude an der Wasserwerkstrasse 129 umgebaut wurde.

Das war ein Highlight, ja. Zum ersten Mal verfügten wir über einen Aufführungsraum, der Theaterähnlichkeit hatte von den Dimensionen her. Gleichzeitig kamen mit dem Umbau viele baurechtliche Fragen auf uns zu. Da ich diese Verantwortung nicht wollte, legte ich der Leitung nahe, jemanden mit den entsprechenden Qualifikationen einzustellen. Das wurde dann der erste Technische Leiter mit einem Pensum von zehn Prozent.

Ein Tiefschlag war sicher der Brand 2012.

Ja. Er zerstörte unsere Studiobühne und die beiden Probestudios. Aber das übelste war, dass die ganze Tanzszene zerfranste.

Hat sich das mit dem Ersatzneubau wieder zum Guten geändert?

Ich denke schon, denn der ganz grosse, unbestrittene Vorteil an dem sehr speziellen Neubau ist, dass er den Tanz wieder sichtbar macht, buchstäblich. Das Interesse ist viel grösser, die Leute sind neugierig und kommen gucken – und das sollen sie auch, denn so bin ich hier ja auch reingeraten.

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